Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870.Was wollten Sie denn mit derselben machen? fragte ich. O, es muß doch ein Glück sein, so frei wie Sie kommen und gehen zu können, wie man Lust hat! -- Nehmen Sie Sich doch die Freiheit, Ihr Mann wird Sie nicht daran hindern! versetzte ich. -- Sie zuckte die Schultern. Man kann das doch nicht. Allein reisen, ohne Bedienung, ohne Begleitung, wenn mein Mann mich auch gehen ließe, ich bin das nicht gewohnt! -- Sehen Sie wohl, bedeutete ich, Ihre Gewohnheiten sind mächtiger in Ihnen als Ihr Freiheitsbedürfniß; also bleiben Sie ruhig bei Ihren Gewohnheiten und gönnen Sie mir die Freiheit, die ich nothwendig haben muß, um ehrenvoll und nützlich durch die Welt zu kommen. -- Und dies sei auch allen den zahlreichen guten und besten Frauen zum Troste zugerufen, welche sich vor der Freiheit, die wir brauchen, scheuen, weil sie derselben nicht bedürfen. "Im Uebrigen," so schloß der alte Cato jede seiner Reden, "bin ich der Ansicht, daß Karthago zerstört werden muß!" -- "Im Uebrigen," so möchte ich jeden meiner Briefe schließen, "bin ich der Ansicht, daß wir zunächst Realschulen für die Frauen, und wenn diese reichlich besucht werden, dann auch Gymnasien für die Frauen haben müssen -- damit das Werk der Emancipation, wie jeder andere verständige Bau, auf einem soliden Fundamente aufgerichtet werde." Was wollten Sie denn mit derselben machen? fragte ich. O, es muß doch ein Glück sein, so frei wie Sie kommen und gehen zu können, wie man Lust hat! — Nehmen Sie Sich doch die Freiheit, Ihr Mann wird Sie nicht daran hindern! versetzte ich. — Sie zuckte die Schultern. Man kann das doch nicht. Allein reisen, ohne Bedienung, ohne Begleitung, wenn mein Mann mich auch gehen ließe, ich bin das nicht gewohnt! — Sehen Sie wohl, bedeutete ich, Ihre Gewohnheiten sind mächtiger in Ihnen als Ihr Freiheitsbedürfniß; also bleiben Sie ruhig bei Ihren Gewohnheiten und gönnen Sie mir die Freiheit, die ich nothwendig haben muß, um ehrenvoll und nützlich durch die Welt zu kommen. — Und dies sei auch allen den zahlreichen guten und besten Frauen zum Troste zugerufen, welche sich vor der Freiheit, die wir brauchen, scheuen, weil sie derselben nicht bedürfen. »Im Uebrigen,« so schloß der alte Cato jede seiner Reden, »bin ich der Ansicht, daß Karthago zerstört werden muß!« — »Im Uebrigen,« so möchte ich jeden meiner Briefe schließen, »bin ich der Ansicht, daß wir zunächst Realschulen für die Frauen, und wenn diese reichlich besucht werden, dann auch Gymnasien für die Frauen haben müssen — damit das Werk der Emancipation, wie jeder andere verständige Bau, auf einem soliden Fundamente aufgerichtet werde.« <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0128" n="118"/> Was wollten Sie denn mit derselben machen? fragte ich. O, es muß doch ein Glück sein, so frei wie Sie kommen und gehen zu können, wie man Lust hat! — Nehmen Sie Sich doch die Freiheit, Ihr Mann wird Sie nicht daran hindern! versetzte ich. — Sie zuckte die Schultern. Man kann das doch nicht. Allein reisen, ohne Bedienung, ohne Begleitung, wenn mein Mann mich auch gehen ließe, ich bin das nicht gewohnt! — Sehen Sie wohl, bedeutete ich, Ihre Gewohnheiten sind mächtiger in Ihnen als Ihr Freiheitsbedürfniß; also bleiben Sie ruhig bei Ihren Gewohnheiten und gönnen Sie mir die Freiheit, die ich nothwendig haben muß, um ehrenvoll und nützlich durch die Welt zu kommen. — Und dies sei auch allen den zahlreichen guten und besten Frauen zum Troste zugerufen, welche sich vor der Freiheit, die wir brauchen, scheuen, weil sie derselben nicht bedürfen.</p> <p>»Im Uebrigen,« so schloß der alte Cato jede seiner Reden, »bin ich der Ansicht, daß Karthago zerstört werden muß!« — »Im Uebrigen,« so möchte ich jeden meiner Briefe schließen, »bin ich der Ansicht, daß wir zunächst Realschulen für die Frauen, und wenn diese reichlich besucht werden, dann auch Gymnasien für die Frauen haben müssen — damit das Werk der Emancipation, wie jeder andere verständige Bau, auf einem soliden Fundamente aufgerichtet werde.«</p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [118/0128]
Was wollten Sie denn mit derselben machen? fragte ich. O, es muß doch ein Glück sein, so frei wie Sie kommen und gehen zu können, wie man Lust hat! — Nehmen Sie Sich doch die Freiheit, Ihr Mann wird Sie nicht daran hindern! versetzte ich. — Sie zuckte die Schultern. Man kann das doch nicht. Allein reisen, ohne Bedienung, ohne Begleitung, wenn mein Mann mich auch gehen ließe, ich bin das nicht gewohnt! — Sehen Sie wohl, bedeutete ich, Ihre Gewohnheiten sind mächtiger in Ihnen als Ihr Freiheitsbedürfniß; also bleiben Sie ruhig bei Ihren Gewohnheiten und gönnen Sie mir die Freiheit, die ich nothwendig haben muß, um ehrenvoll und nützlich durch die Welt zu kommen. — Und dies sei auch allen den zahlreichen guten und besten Frauen zum Troste zugerufen, welche sich vor der Freiheit, die wir brauchen, scheuen, weil sie derselben nicht bedürfen.
»Im Uebrigen,« so schloß der alte Cato jede seiner Reden, »bin ich der Ansicht, daß Karthago zerstört werden muß!« — »Im Uebrigen,« so möchte ich jeden meiner Briefe schließen, »bin ich der Ansicht, daß wir zunächst Realschulen für die Frauen, und wenn diese reichlich besucht werden, dann auch Gymnasien für die Frauen haben müssen — damit das Werk der Emancipation, wie jeder andere verständige Bau, auf einem soliden Fundamente aufgerichtet werde.«
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Zitationshilfe: | Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_frauen_1870/128>, abgerufen am 16.02.2025. |