Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870.sich mit einem Manne verbindet, so hat er eine ganz andere Bürgschaft für die freie Herzensneigung seiner Braut, als wenn er sich die Frage vorzulegen hat: welchen Antheil hat die Gewißheit, jetzt versorgt zu sein, an der Freude, mit der dies Mädchen mir sein Jawort giebt? -- Und mit der Liebe für die Kinder ist es ganz dasselbe. Man begrüßt die Ankunft eines neuen Kindes in den Familien, deren Mittel beschränkt sind, wie Jedermann weiß, nicht mit Freuden; und ich habe manches zärtliche Frauenauge von dem neugebornen Kinde angstvoll auf den bleichen, von Arbeit niedergedrückten Gatten blicken sehen, das anders geleuchtet haben würde, hätte die Frau sich sagen können: "nun! wir sind unserer Zwei, für unser Kind zu sorgen!" Man muß es erfahren haben, -- und ich darf sagen, daß ich dies erfahren habe und noch jeden Tag erfahre, -- welch ein Glück auch für eine Frau in einer wohlgebrauchten Selbständigkeit liegt, wie viel gewissenhafter die Freiheit macht, wie jede Empfindung durch sie an Reinheit und an Kraft gewinnt, um den Zweifel gegen die Emancipation der Frauen zur Arbeit als einen Frevel gegen die menschliche Natur zu betrachten. Gehen Sie also getrost mit Ihrem höchst verdienstlichen Unternehmen vorwärts. Das Gute, das Vernünftige bricht sich immer seine Bahn, besonders wenn ihm die Nothwendigkeit, die Noth zu Hilfe kommen. Sie haben auch sicherlich, als Sie mich um meine Meinung sich mit einem Manne verbindet, so hat er eine ganz andere Bürgschaft für die freie Herzensneigung seiner Braut, als wenn er sich die Frage vorzulegen hat: welchen Antheil hat die Gewißheit, jetzt versorgt zu sein, an der Freude, mit der dies Mädchen mir sein Jawort giebt? — Und mit der Liebe für die Kinder ist es ganz dasselbe. Man begrüßt die Ankunft eines neuen Kindes in den Familien, deren Mittel beschränkt sind, wie Jedermann weiß, nicht mit Freuden; und ich habe manches zärtliche Frauenauge von dem neugebornen Kinde angstvoll auf den bleichen, von Arbeit niedergedrückten Gatten blicken sehen, das anders geleuchtet haben würde, hätte die Frau sich sagen können: »nun! wir sind unserer Zwei, für unser Kind zu sorgen!« Man muß es erfahren haben, — und ich darf sagen, daß ich dies erfahren habe und noch jeden Tag erfahre, — welch ein Glück auch für eine Frau in einer wohlgebrauchten Selbständigkeit liegt, wie viel gewissenhafter die Freiheit macht, wie jede Empfindung durch sie an Reinheit und an Kraft gewinnt, um den Zweifel gegen die Emancipation der Frauen zur Arbeit als einen Frevel gegen die menschliche Natur zu betrachten. Gehen Sie also getrost mit Ihrem höchst verdienstlichen Unternehmen vorwärts. Das Gute, das Vernünftige bricht sich immer seine Bahn, besonders wenn ihm die Nothwendigkeit, die Noth zu Hilfe kommen. Sie haben auch sicherlich, als Sie mich um meine Meinung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0065" n="55"/> sich mit einem Manne verbindet, so hat er eine ganz andere Bürgschaft für die freie Herzensneigung seiner Braut, als wenn er sich die Frage vorzulegen hat: welchen Antheil hat die Gewißheit, jetzt versorgt zu sein, an der Freude, mit der dies Mädchen mir sein Jawort giebt? — Und mit der Liebe für die Kinder ist es ganz dasselbe. Man begrüßt die Ankunft eines neuen Kindes in den Familien, deren Mittel beschränkt sind, wie Jedermann weiß, nicht mit Freuden; und ich habe manches zärtliche Frauenauge von dem neugebornen Kinde angstvoll auf den bleichen, von Arbeit niedergedrückten Gatten blicken sehen, das anders geleuchtet haben würde, hätte die Frau sich sagen können: »nun! wir sind unserer Zwei, für unser Kind zu sorgen!«</p> <p>Man muß es erfahren haben, — und ich darf sagen, daß ich dies erfahren habe und noch jeden Tag erfahre, — welch ein Glück auch für eine Frau in einer wohlgebrauchten Selbständigkeit liegt, wie viel gewissenhafter die Freiheit macht, wie jede Empfindung durch sie an Reinheit und an Kraft gewinnt, um den Zweifel gegen die Emancipation der Frauen zur Arbeit als einen Frevel gegen die menschliche Natur zu betrachten.</p> <p>Gehen Sie also getrost mit Ihrem höchst verdienstlichen Unternehmen vorwärts. Das Gute, das Vernünftige bricht sich immer seine Bahn, besonders wenn ihm die Nothwendigkeit, die Noth zu Hilfe kommen. Sie haben auch sicherlich, als Sie mich um meine Meinung </p> </div> </body> </text> </TEI> [55/0065]
sich mit einem Manne verbindet, so hat er eine ganz andere Bürgschaft für die freie Herzensneigung seiner Braut, als wenn er sich die Frage vorzulegen hat: welchen Antheil hat die Gewißheit, jetzt versorgt zu sein, an der Freude, mit der dies Mädchen mir sein Jawort giebt? — Und mit der Liebe für die Kinder ist es ganz dasselbe. Man begrüßt die Ankunft eines neuen Kindes in den Familien, deren Mittel beschränkt sind, wie Jedermann weiß, nicht mit Freuden; und ich habe manches zärtliche Frauenauge von dem neugebornen Kinde angstvoll auf den bleichen, von Arbeit niedergedrückten Gatten blicken sehen, das anders geleuchtet haben würde, hätte die Frau sich sagen können: »nun! wir sind unserer Zwei, für unser Kind zu sorgen!«
Man muß es erfahren haben, — und ich darf sagen, daß ich dies erfahren habe und noch jeden Tag erfahre, — welch ein Glück auch für eine Frau in einer wohlgebrauchten Selbständigkeit liegt, wie viel gewissenhafter die Freiheit macht, wie jede Empfindung durch sie an Reinheit und an Kraft gewinnt, um den Zweifel gegen die Emancipation der Frauen zur Arbeit als einen Frevel gegen die menschliche Natur zu betrachten.
Gehen Sie also getrost mit Ihrem höchst verdienstlichen Unternehmen vorwärts. Das Gute, das Vernünftige bricht sich immer seine Bahn, besonders wenn ihm die Nothwendigkeit, die Noth zu Hilfe kommen. Sie haben auch sicherlich, als Sie mich um meine Meinung
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Zitationshilfe: | Lewald, Fanny: Für und wider die Frauen. Berlin, 1870, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_frauen_1870/65>, abgerufen am 26.06.2024. |