Bendemannschen bin ich bereit und will auch gern in irgend einem biblischen Tableau stehen, sonst aber ...
Während Jenny die ersten Worte sagte, gab Erlau Steinheim ein Zeichen, das Zimmer zu verlassen, warf sich, ehe sie ausgesprochen, ihr zu Füßen und rief mit komischem Pathos: "Aber kann denn ein Candidat der Theologie sich nur in einen Heiligen verwandeln? Wie, wenn es mir gelänge, ihn zum Orden der Templer zu bekehren?"
Jenny wollte entrüstet das Zimmer verlassen. Erlau, dessen Muthwillen man Vieles nachsah, hielt aber, darauf bauend, die Erzürnte an der Hand fest. "Sind Sie böse, Fräulein! weil mein kleiner Finger mir einmal die Wahrheit gesagt?" fragte er. "Sie sind nicht eigensinnig, ich kenne Sie; dahinter steckt die Meinung Ihres Lehrers und Meisters, dem ich sehr gram sein würde, wenn er nicht das hohe Glück hätte,
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Bendemannſchen bin ich bereit und will auch gern in irgend einem bibliſchen Tableau ſtehen, ſonſt aber ...
Während Jenny die erſten Worte ſagte, gab Erlau Steinheim ein Zeichen, das Zimmer zu verlaſſen, warf ſich, ehe ſie ausgeſprochen, ihr zu Füßen und rief mit komiſchem Pathos: „Aber kann denn ein Candidat der Theologie ſich nur in einen Heiligen verwandeln? Wie, wenn es mir gelänge, ihn zum Orden der Templer zu bekehren?“
Jenny wollte entrüſtet das Zimmer verlaſſen. Erlau, deſſen Muthwillen man Vieles nachſah, hielt aber, darauf bauend, die Erzürnte an der Hand feſt. „Sind Sie böſe, Fräulein! weil mein kleiner Finger mir einmal die Wahrheit geſagt?“ fragte er. „Sie ſind nicht eigenſinnig, ich kenne Sie; dahinter ſteckt die Meinung Ihres Lehrers und Meiſters, dem ich ſehr gram ſein würde, wenn er nicht das hohe Glück hätte,
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Bendemannſchen bin ich bereit und will auch
gern in irgend einem bibliſchen Tableau ſtehen,
ſonſt aber ...
Während Jenny die erſten Worte ſagte, gab
Erlau Steinheim ein Zeichen, das Zimmer zu
verlaſſen, warf ſich, ehe ſie ausgeſprochen, ihr
zu Füßen und rief mit komiſchem Pathos: „Aber
kann denn ein Candidat der Theologie ſich nur
in einen Heiligen verwandeln? Wie, wenn es
mir gelänge, ihn zum Orden der Templer zu
bekehren?“
Jenny wollte entrüſtet das Zimmer verlaſſen.
Erlau, deſſen Muthwillen man Vieles nachſah,
hielt aber, darauf bauend, die Erzürnte an der
Hand feſt. „Sind Sie böſe, Fräulein! weil
mein kleiner Finger mir einmal die Wahrheit
geſagt?“ fragte er. „Sie ſind nicht eigenſinnig,
ich kenne Sie; dahinter ſteckt die Meinung Ihres
Lehrers und Meiſters, dem ich ſehr gram ſein
würde, wenn er nicht das hohe Glück hätte,
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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/231>, abgerufen am 21.11.2024.
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