Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

haftes treuherziges Wesen behagte, und die gern
mit ihr zusammen waren, konnten von ihren
Eltern nicht die Erlaubniß erhalten, die Tochter
einer jüdischen Familie einzuladen oder zu be-
suchen. Zu diesen Letztern gehörte Clara Horn.
Ein Jahr älter als Jenny hatte sie dieselbe
unter ihre Vormundschaft genommn, ihr ge-
rathen und geholfen, wenn das verzogene Mäd-
chen sich in den strengen Schulzwang nicht zu
finden wußte, und dadurch ihr volles Ver-
trauen erworben. Ihr erzählte sie in den
Zwischenstunden von ihren Eltern, von ihrem
geliebten Eduard, von allen ihren Freuden, und
flößte damit ihrer Beschützerin eine Vorliebe
für die ganze Meiersche Familie ein. Wenn
nun Clara nach solcher Mittheilung ihre kleine
Freundin glücklich pries, und sie um die Ein-
tracht ihrer Eltern und die Liebe ihres Bru-
ders beneidete, da sie Beides entbehrte, wenn
Jenny sie dringend bat, zu ihr zu kommen

3**

haftes treuherziges Weſen behagte, und die gern
mit ihr zuſammen waren, konnten von ihren
Eltern nicht die Erlaubniß erhalten, die Tochter
einer jüdiſchen Familie einzuladen oder zu be-
ſuchen. Zu dieſen Letztern gehörte Clara Horn.
Ein Jahr älter als Jenny hatte ſie dieſelbe
unter ihre Vormundſchaft genommn, ihr ge-
rathen und geholfen, wenn das verzogene Mäd-
chen ſich in den ſtrengen Schulzwang nicht zu
finden wußte, und dadurch ihr volles Ver-
trauen erworben. Ihr erzählte ſie in den
Zwiſchenſtunden von ihren Eltern, von ihrem
geliebten Eduard, von allen ihren Freuden, und
flößte damit ihrer Beſchützerin eine Vorliebe
für die ganze Meierſche Familie ein. Wenn
nun Clara nach ſolcher Mittheilung ihre kleine
Freundin glücklich pries, und ſie um die Ein-
tracht ihrer Eltern und die Liebe ihres Bru-
ders beneidete, da ſie Beides entbehrte, wenn
Jenny ſie dringend bat, zu ihr zu kommen

3**
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0069" n="57"/>
haftes treuherziges We&#x017F;en behagte, und die gern<lb/>
mit ihr zu&#x017F;ammen waren, konnten von ihren<lb/>
Eltern nicht die Erlaubniß erhalten, die Tochter<lb/>
einer jüdi&#x017F;chen Familie einzuladen oder zu be-<lb/>
&#x017F;uchen. Zu die&#x017F;en Letztern gehörte Clara Horn.<lb/>
Ein Jahr älter als Jenny hatte &#x017F;ie die&#x017F;elbe<lb/>
unter ihre Vormund&#x017F;chaft genommn, ihr ge-<lb/>
rathen und geholfen, wenn das verzogene Mäd-<lb/>
chen &#x017F;ich in den &#x017F;trengen Schulzwang nicht zu<lb/>
finden wußte, und dadurch ihr volles Ver-<lb/>
trauen erworben. Ihr erzählte &#x017F;ie in den<lb/>
Zwi&#x017F;chen&#x017F;tunden von ihren Eltern, von ihrem<lb/>
geliebten Eduard, von allen ihren Freuden, und<lb/>
flößte damit ihrer Be&#x017F;chützerin eine Vorliebe<lb/>
für die ganze Meier&#x017F;che Familie ein. Wenn<lb/>
nun Clara nach &#x017F;olcher Mittheilung ihre kleine<lb/>
Freundin glücklich pries, und &#x017F;ie um die Ein-<lb/>
tracht ihrer Eltern und die Liebe ihres Bru-<lb/>
ders beneidete, da &#x017F;ie Beides entbehrte, wenn<lb/>
Jenny &#x017F;ie dringend bat, zu ihr zu kommen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">3**</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[57/0069] haftes treuherziges Weſen behagte, und die gern mit ihr zuſammen waren, konnten von ihren Eltern nicht die Erlaubniß erhalten, die Tochter einer jüdiſchen Familie einzuladen oder zu be- ſuchen. Zu dieſen Letztern gehörte Clara Horn. Ein Jahr älter als Jenny hatte ſie dieſelbe unter ihre Vormundſchaft genommn, ihr ge- rathen und geholfen, wenn das verzogene Mäd- chen ſich in den ſtrengen Schulzwang nicht zu finden wußte, und dadurch ihr volles Ver- trauen erworben. Ihr erzählte ſie in den Zwiſchenſtunden von ihren Eltern, von ihrem geliebten Eduard, von allen ihren Freuden, und flößte damit ihrer Beſchützerin eine Vorliebe für die ganze Meierſche Familie ein. Wenn nun Clara nach ſolcher Mittheilung ihre kleine Freundin glücklich pries, und ſie um die Ein- tracht ihrer Eltern und die Liebe ihres Bru- ders beneidete, da ſie Beides entbehrte, wenn Jenny ſie dringend bat, zu ihr zu kommen 3**

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/69
Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/69>, abgerufen am 24.11.2024.