weiter beachtete. Auch Joseph und Eduard hörten nicht darauf, sondern überlegten lange, ob man jetzt, nachdem Eduard's persönlicher Wunsch abschlägig beschieden worden, dieselbe Bitte für die Juden im Allgemeinen bei der Regierung wagen solle. Sie stritten hin und her und kamen endlich überein, daß Eduard sich nach Jenny's Hochzeit, die nicht allzu fern mehr war, selbst nach der Residenz begeben und versuchen möchte, was dort zu erreichen sein würde. Nach diesem Beschlusse verließ Steinheim die Andern und Eduard, der erst jetzt wieder auf seine Umgebung aufmerksam zu werden anfing, sagte zu Joseph: "Da wir Jenny's Hochzeit erwähnen, sage mir, Du, der Du das Mädchen nie aus den Augen ver- loren hast, was quält Jenny? liebt sie Rein- hard nicht? scheut sie sich vor dem Leben auf dem Lande? oder was geht sonst mit ihr vor? Ich finde sie geistig in einer Weise verändert,
weiter beachtete. Auch Joſeph und Eduard hörten nicht darauf, ſondern überlegten lange, ob man jetzt, nachdem Eduard's perſönlicher Wunſch abſchlägig beſchieden worden, dieſelbe Bitte für die Juden im Allgemeinen bei der Regierung wagen ſolle. Sie ſtritten hin und her und kamen endlich überein, daß Eduard ſich nach Jenny's Hochzeit, die nicht allzu fern mehr war, ſelbſt nach der Reſidenz begeben und verſuchen möchte, was dort zu erreichen ſein würde. Nach dieſem Beſchluſſe verließ Steinheim die Andern und Eduard, der erſt jetzt wieder auf ſeine Umgebung aufmerkſam zu werden anfing, ſagte zu Joſeph: „Da wir Jenny's Hochzeit erwähnen, ſage mir, Du, der Du das Mädchen nie aus den Augen ver- loren haſt, was quält Jenny? liebt ſie Rein- hard nicht? ſcheut ſie ſich vor dem Leben auf dem Lande? oder was geht ſonſt mit ihr vor? Ich finde ſie geiſtig in einer Weiſe verändert,
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weiter beachtete. Auch Joſeph und Eduard
hörten nicht darauf, ſondern überlegten lange,
ob man jetzt, nachdem Eduard's perſönlicher
Wunſch abſchlägig beſchieden worden, dieſelbe
Bitte für die Juden im Allgemeinen bei der
Regierung wagen ſolle. Sie ſtritten hin und
her und kamen endlich überein, daß Eduard
ſich nach Jenny's Hochzeit, die nicht allzu fern
mehr war, ſelbſt nach der Reſidenz begeben
und verſuchen möchte, was dort zu erreichen
ſein würde. Nach dieſem Beſchluſſe verließ
Steinheim die Andern und Eduard, der erſt
jetzt wieder auf ſeine Umgebung aufmerkſam zu
werden anfing, ſagte zu Joſeph: „Da wir
Jenny's Hochzeit erwähnen, ſage mir, Du, der
Du das Mädchen nie aus den Augen ver-
loren haſt, was quält Jenny? liebt ſie Rein-
hard nicht? ſcheut ſie ſich vor dem Leben auf
dem Lande? oder was geht ſonſt mit ihr vor?
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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/126>, abgerufen am 25.11.2024.
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