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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843.

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die Mutter das nicht sieht!" sagte er leise zu
Joseph, "daß sie nicht sieht, welch eine Zukunft
Jenny's harrt, wie froh der Vater in Jenny's
Glück sich fühlt! Wie würde sie Theil nehmen
auch an den Hoffnungen, die ich jetzt fester als
jemals in mir hege; die vielleicht bald zu schö-
ner Wahrheit werden!"

"Weißt Du, was noch bis dahin geschieht?"
entgegnete Joseph in seiner gewohnten Art.
"Den Todten ist am wohlsten, laß sie ruhn."

Unangenehm durch diese Worte in seiner
heitern Stimmung berührt, stand Eduard auf
und trat zu dem alten Grafen, der sich eben
zum Fortgehen anschickte und Walter auffor-
derte, jetzt mit ihm zu kommen. Herzlich nahm
dieser Abschied von seiner Braut; es war die
erste tagelange Trennung seit ihrer Verlobung,
und Jenny begleitete ihn bis in das Vorzim-
mer hinaus.

die Mutter das nicht ſieht!“ ſagte er leiſe zu
Joſeph, „daß ſie nicht ſieht, welch eine Zukunft
Jenny's harrt, wie froh der Vater in Jenny's
Glück ſich fühlt! Wie würde ſie Theil nehmen
auch an den Hoffnungen, die ich jetzt feſter als
jemals in mir hege; die vielleicht bald zu ſchö-
ner Wahrheit werden!“

„Weißt Du, was noch bis dahin geſchieht?“
entgegnete Joſeph in ſeiner gewohnten Art.
„Den Todten iſt am wohlſten, laß ſie ruhn.“

Unangenehm durch dieſe Worte in ſeiner
heitern Stimmung berührt, ſtand Eduard auf
und trat zu dem alten Grafen, der ſich eben
zum Fortgehen anſchickte und Walter auffor-
derte, jetzt mit ihm zu kommen. Herzlich nahm
dieſer Abſchied von ſeiner Braut; es war die
erſte tagelange Trennung ſeit ihrer Verlobung,
und Jenny begleitete ihn bis in das Vorzim-
mer hinaus.

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[295/0305] die Mutter das nicht ſieht!“ ſagte er leiſe zu Joſeph, „daß ſie nicht ſieht, welch eine Zukunft Jenny's harrt, wie froh der Vater in Jenny's Glück ſich fühlt! Wie würde ſie Theil nehmen auch an den Hoffnungen, die ich jetzt feſter als jemals in mir hege; die vielleicht bald zu ſchö- ner Wahrheit werden!“ „Weißt Du, was noch bis dahin geſchieht?“ entgegnete Joſeph in ſeiner gewohnten Art. „Den Todten iſt am wohlſten, laß ſie ruhn.“ Unangenehm durch dieſe Worte in ſeiner heitern Stimmung berührt, ſtand Eduard auf und trat zu dem alten Grafen, der ſich eben zum Fortgehen anſchickte und Walter auffor- derte, jetzt mit ihm zu kommen. Herzlich nahm dieſer Abſchied von ſeiner Braut; es war die erſte tagelange Trennung ſeit ihrer Verlobung, und Jenny begleitete ihn bis in das Vorzim- mer hinaus.

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Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/305>, abgerufen am 18.05.2024.