Pfarrerin sie deshalb zur Rede stellte und ihr bemerklich machte, wie diese Zurücksetzung für Therese höchst empfindlich sein müsse: "Es thäte ihr leid, aber sie könne sich nicht entschließen, es wäre ihr unmöglich, sie dazu aufzufordern." Diese entschiedene Aeußerung veranlaßte die Pfar- rerin, weiter in Jenny zu dringen, ohne daß sie eine nähere Erklärung von ihr erlangen konnte. Sie behauptete, sich in Therese geirrt zu haben, und eine Abneigung gegen sie zu füh- len, die fast an Haß grenze und die sie nicht überwinden könne. Als zufällig gerade in die- sem Augenblick Therese mit einer gleichgültigen Frage im Auftrag von Jenny's Mutter hinzu- kam und mit einer heftigen, kurzen Antwort von Jenny abgefertigt wurde, die gleich darauf das Zimmer verließ, benutzte die Pfarrerin die Gelegenheit, mit Theresen einmal darüber zu sprechen, ob sie vielleicht den Grund zu Jenny's gereizter, launenhafter Stimmung kenne?
Pfarrerin ſie deshalb zur Rede ſtellte und ihr bemerklich machte, wie dieſe Zurückſetzung für Thereſe höchſt empfindlich ſein müſſe: „Es thäte ihr leid, aber ſie könne ſich nicht entſchließen, es wäre ihr unmöglich, ſie dazu aufzufordern.“ Dieſe entſchiedene Aeußerung veranlaßte die Pfar- rerin, weiter in Jenny zu dringen, ohne daß ſie eine nähere Erklärung von ihr erlangen konnte. Sie behauptete, ſich in Thereſe geirrt zu haben, und eine Abneigung gegen ſie zu füh- len, die faſt an Haß grenze und die ſie nicht überwinden könne. Als zufällig gerade in die- ſem Augenblick Thereſe mit einer gleichgültigen Frage im Auftrag von Jenny's Mutter hinzu- kam und mit einer heftigen, kurzen Antwort von Jenny abgefertigt wurde, die gleich darauf das Zimmer verließ, benutzte die Pfarrerin die Gelegenheit, mit Thereſen einmal darüber zu ſprechen, ob ſie vielleicht den Grund zu Jenny's gereizter, launenhafter Stimmung kenne?
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Pfarrerin ſie deshalb zur Rede ſtellte und ihr
bemerklich machte, wie dieſe Zurückſetzung für
Thereſe höchſt empfindlich ſein müſſe: „Es thäte
ihr leid, aber ſie könne ſich nicht entſchließen,
es wäre ihr unmöglich, ſie dazu aufzufordern.“
Dieſe entſchiedene Aeußerung veranlaßte die Pfar-
rerin, weiter in Jenny zu dringen, ohne daß
ſie eine nähere Erklärung von ihr erlangen
konnte. Sie behauptete, ſich in Thereſe geirrt
zu haben, und eine Abneigung gegen ſie zu füh-
len, die faſt an Haß grenze und die ſie nicht
überwinden könne. Als zufällig gerade in die-
ſem Augenblick Thereſe mit einer gleichgültigen
Frage im Auftrag von Jenny's Mutter hinzu-
kam und mit einer heftigen, kurzen Antwort
von Jenny abgefertigt wurde, die gleich darauf
das Zimmer verließ, benutzte die Pfarrerin die
Gelegenheit, mit Thereſen einmal darüber zu
ſprechen, ob ſie vielleicht den Grund zu Jenny's
gereizter, launenhafter Stimmung kenne?
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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/44>, abgerufen am 03.12.2024.
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