Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Photorin, Conrad [i. e. Georg Christoph Lichtenberg]: Timorus, das ist, Vertheidigung zweyer Israeliten, die durch die Kräftigkeit der Lavaterischen Beweisgründe und der Göttingischen Mettwürste bewogen den wahren Glauben angenommen haben. Berlin, 1773.

Bild:
<< vorherige Seite

das ist alles, aber der andere, der nicht beständig auf seiner Hut ist, verabsäumt eine weit heiligere Pflicht, die Pflicht gegen sich selbst, von welcher heut zu Tage die Welt und unsere besten Systeme der Moral so gerade abhängen, daß es ausgemacht ist: sollten diese Pflichten nicht mehr beobachtet werden, so gienge nicht allein alles in der Welt zu Grunde, sondern alle unsere braven Philosophen hätten auch Unrecht. Ich für meine Person hielte es also gar nicht für ungereimt, wenn man ein Gesetz gäbe, vermöge dessen der Dieb zwar eine Strafe geben, z. E. 60 Procent des Gestohlenen in die Schatzkammer, aber der Bestohlene, ohne weiteren Proceß, aufgeknüpft werden müßte. Ich habe auch bereits vernommen, daß das Licht dieses Gesetzes schon in einigen Provinzen unsers deutschen Vaterlandes dämmern soll, wo nemlich der Staubbesen und Verlust des Vermögens demjenigen drohen, von dem es stadtkundig wird, daß er von einem bekannten angesehenen Manne ist bestohlen worden, und man hat Hofnung, dieses Gesetz

das ist alles, aber der andere, der nicht beständig auf seiner Hut ist, verabsäumt eine weit heiligere Pflicht, die Pflicht gegen sich selbst, von welcher heut zu Tage die Welt und unsere besten Systeme der Moral so gerade abhängen, daß es ausgemacht ist: sollten diese Pflichten nicht mehr beobachtet werden, so gienge nicht allein alles in der Welt zu Grunde, sondern alle unsere braven Philosophen hätten auch Unrecht. Ich für meine Person hielte es also gar nicht für ungereimt, wenn man ein Gesetz gäbe, vermöge dessen der Dieb zwar eine Strafe geben, z. E. 60 Procent des Gestohlenen in die Schatzkammer, aber der Bestohlene, ohne weiteren Proceß, aufgeknüpft werden müßte. Ich habe auch bereits vernommen, daß das Licht dieses Gesetzes schon in einigen Provinzen unsers deutschen Vaterlandes dämmern soll, wo nemlich der Staubbesen und Verlust des Vermögens demjenigen drohen, von dem es stadtkundig wird, daß er von einem bekannten angesehenen Manne ist bestohlen worden, und man hat Hofnung, dieses Gesetz

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0026" n="26"/>
das ist alles, aber der andere, der nicht beständig auf seiner Hut ist, verabsäumt eine weit heiligere Pflicht, die Pflicht gegen sich selbst, von welcher heut zu Tage die Welt und unsere besten Systeme der Moral so gerade abhängen, daß es ausgemacht ist: sollten diese Pflichten nicht mehr beobachtet werden, so gienge nicht allein alles in der Welt zu Grunde, sondern alle unsere braven Philosophen hätten auch Unrecht. Ich für meine Person hielte es also gar nicht für ungereimt, wenn man ein Gesetz gäbe, vermöge dessen der Dieb zwar eine Strafe geben, z. E. 60 Procent des Gestohlenen in die Schatzkammer, aber der Bestohlene, ohne weiteren Proceß, aufgeknüpft werden müßte. Ich habe auch bereits vernommen, daß das Licht dieses Gesetzes schon in einigen Provinzen unsers deutschen Vaterlandes dämmern soll, wo nemlich der Staubbesen und Verlust des Vermögens demjenigen drohen, von dem es stadtkundig wird, daß er von einem bekannten angesehenen Manne ist bestohlen worden, und man hat Hofnung, dieses Gesetz
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[26/0026] das ist alles, aber der andere, der nicht beständig auf seiner Hut ist, verabsäumt eine weit heiligere Pflicht, die Pflicht gegen sich selbst, von welcher heut zu Tage die Welt und unsere besten Systeme der Moral so gerade abhängen, daß es ausgemacht ist: sollten diese Pflichten nicht mehr beobachtet werden, so gienge nicht allein alles in der Welt zu Grunde, sondern alle unsere braven Philosophen hätten auch Unrecht. Ich für meine Person hielte es also gar nicht für ungereimt, wenn man ein Gesetz gäbe, vermöge dessen der Dieb zwar eine Strafe geben, z. E. 60 Procent des Gestohlenen in die Schatzkammer, aber der Bestohlene, ohne weiteren Proceß, aufgeknüpft werden müßte. Ich habe auch bereits vernommen, daß das Licht dieses Gesetzes schon in einigen Provinzen unsers deutschen Vaterlandes dämmern soll, wo nemlich der Staubbesen und Verlust des Vermögens demjenigen drohen, von dem es stadtkundig wird, daß er von einem bekannten angesehenen Manne ist bestohlen worden, und man hat Hofnung, dieses Gesetz

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2013-01-22T17:43:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-22T17:43:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-01-22T17:43:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lichtenberg_timorus_1773
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lichtenberg_timorus_1773/26
Zitationshilfe: Photorin, Conrad [i. e. Georg Christoph Lichtenberg]: Timorus, das ist, Vertheidigung zweyer Israeliten, die durch die Kräftigkeit der Lavaterischen Beweisgründe und der Göttingischen Mettwürste bewogen den wahren Glauben angenommen haben. Berlin, 1773, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lichtenberg_timorus_1773/26>, abgerufen am 03.12.2024.