Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite
Die anorganischen Bestandtheile der Vegetabilien.

In der Nähe von Heidelberg haben die Holzschläger die
Vergünstigung, nach dem Schlagen von Lohholz den Boden
zu ihrem Nutzen bebauen zu dürfen. Dem Einsäen des Lan-
des geht unter allen Umständen das Verbrennen der Zweige,
Wurzeln und Blätter voran, deren Asche dem darauf gepflanz-
ten Getreide zu Gute kommt. Der Boden selbst, auf welchem
die Eichen wachsen, ist in dieser Gegend Sandstein, und wenn
auch der Baum hinreichende Mengen von Alkalien und alkali-
schen Erden für sein eigenes Bestehen in dem Boden vorfindet,
so ist er dennoch unfruchtbar für Getreide in seinem gewöhn-
lichen Zustande.

Man hat in Bingen den entschiedensten Erfolg in Bezie-
hung auf Entwickelung und Fruchtbarkeit des Weinstocks bei
Anwendung des kräftigsten Düngers, von Hornspänen z. B.,
gesehen, aber der Ertrag, die Holz- und Blattbildung nahm
nach einigen Jahren zum großen Nachtheil des Besitzers in
einem so hohen Grade ab, daß er stets zu bereuen Ursache
hatte, von der dort gebräuchlichen und als die beste anerkannte
Düngungsmethode abgegangen zu sein. Der Weinstock wurde
bei seiner Art zu düngen in seiner Entwickelung übertrieben,
in zwei oder drei Jahren wurde alles Kali, was den künfti-
gen Ertrag gesichert hatte, zur Bildung der Frucht, der Blät-
ter, des Holzes verwendet, die ohne Ersatz den Weinbergen
genommen wurden, denn sein Dünger enthält kein Kali.

Man hat am Rhein Weinberge, deren Stöcke über ein
Jahrhundert alt sind, und dieses Alter erreichen sie nur bei
Anwendung des stickstoffärmsten aber kalireichsten Kuhdün-
gers
. Alles Kali, was die Nahrung der Kuh enthält, geht,
wie man weiß, in die Excremente über.

Eins der merkwürdigsten Beispiele von der Unfähigkeit eines
Bodens, Weizen und überhaupt Grasarten zu erzeugen, wenn

Die anorganiſchen Beſtandtheile der Vegetabilien.

In der Nähe von Heidelberg haben die Holzſchläger die
Vergünſtigung, nach dem Schlagen von Lohholz den Boden
zu ihrem Nutzen bebauen zu dürfen. Dem Einſäen des Lan-
des geht unter allen Umſtänden das Verbrennen der Zweige,
Wurzeln und Blätter voran, deren Aſche dem darauf gepflanz-
ten Getreide zu Gute kommt. Der Boden ſelbſt, auf welchem
die Eichen wachſen, iſt in dieſer Gegend Sandſtein, und wenn
auch der Baum hinreichende Mengen von Alkalien und alkali-
ſchen Erden für ſein eigenes Beſtehen in dem Boden vorfindet,
ſo iſt er dennoch unfruchtbar für Getreide in ſeinem gewöhn-
lichen Zuſtande.

Man hat in Bingen den entſchiedenſten Erfolg in Bezie-
hung auf Entwickelung und Fruchtbarkeit des Weinſtocks bei
Anwendung des kräftigſten Düngers, von Hornſpänen z. B.,
geſehen, aber der Ertrag, die Holz- und Blattbildung nahm
nach einigen Jahren zum großen Nachtheil des Beſitzers in
einem ſo hohen Grade ab, daß er ſtets zu bereuen Urſache
hatte, von der dort gebräuchlichen und als die beſte anerkannte
Düngungsmethode abgegangen zu ſein. Der Weinſtock wurde
bei ſeiner Art zu düngen in ſeiner Entwickelung übertrieben,
in zwei oder drei Jahren wurde alles Kali, was den künfti-
gen Ertrag geſichert hatte, zur Bildung der Frucht, der Blät-
ter, des Holzes verwendet, die ohne Erſatz den Weinbergen
genommen wurden, denn ſein Dünger enthält kein Kali.

Man hat am Rhein Weinberge, deren Stöcke über ein
Jahrhundert alt ſind, und dieſes Alter erreichen ſie nur bei
Anwendung des ſtickſtoffärmſten aber kalireichſten Kuhdün-
gers
. Alles Kali, was die Nahrung der Kuh enthält, geht,
wie man weiß, in die Excremente über.

Eins der merkwürdigſten Beiſpiele von der Unfähigkeit eines
Bodens, Weizen und überhaupt Grasarten zu erzeugen, wenn

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0116" n="98"/>
          <fw place="top" type="header">Die anorgani&#x017F;chen Be&#x017F;tandtheile der Vegetabilien.</fw><lb/>
          <p>In der Nähe von <hi rendition="#g">Heidelberg</hi> haben die Holz&#x017F;chläger die<lb/>
Vergün&#x017F;tigung, nach dem Schlagen von Lohholz den Boden<lb/>
zu ihrem Nutzen bebauen zu dürfen. Dem Ein&#x017F;äen des Lan-<lb/>
des geht unter allen Um&#x017F;tänden das Verbrennen der Zweige,<lb/>
Wurzeln und Blätter voran, deren A&#x017F;che dem darauf gepflanz-<lb/>
ten Getreide zu Gute kommt. Der Boden &#x017F;elb&#x017F;t, auf welchem<lb/>
die Eichen wach&#x017F;en, i&#x017F;t in die&#x017F;er Gegend Sand&#x017F;tein, und wenn<lb/>
auch der Baum hinreichende Mengen von Alkalien und alkali-<lb/>
&#x017F;chen Erden für &#x017F;ein eigenes Be&#x017F;tehen in dem Boden vorfindet,<lb/>
&#x017F;o i&#x017F;t er dennoch unfruchtbar für Getreide in &#x017F;einem gewöhn-<lb/>
lichen Zu&#x017F;tande.</p><lb/>
          <p>Man hat in <hi rendition="#g">Bingen</hi> den ent&#x017F;chieden&#x017F;ten Erfolg in Bezie-<lb/>
hung auf Entwickelung und Fruchtbarkeit des Wein&#x017F;tocks bei<lb/>
Anwendung des kräftig&#x017F;ten Düngers, von Horn&#x017F;pänen z. B.,<lb/>
ge&#x017F;ehen, aber der Ertrag, die Holz- und Blattbildung nahm<lb/>
nach einigen Jahren zum großen Nachtheil des Be&#x017F;itzers in<lb/>
einem &#x017F;o hohen Grade ab, daß er &#x017F;tets zu bereuen Ur&#x017F;ache<lb/>
hatte, von der dort gebräuchlichen und als die be&#x017F;te anerkannte<lb/>
Düngungsmethode abgegangen zu &#x017F;ein. Der Wein&#x017F;tock wurde<lb/>
bei &#x017F;einer Art zu düngen in &#x017F;einer Entwickelung übertrieben,<lb/>
in zwei oder drei Jahren wurde alles Kali, was den künfti-<lb/>
gen Ertrag ge&#x017F;ichert hatte, zur Bildung der Frucht, der Blät-<lb/>
ter, des Holzes verwendet, die ohne Er&#x017F;atz den Weinbergen<lb/>
genommen wurden, denn &#x017F;ein Dünger enthält kein Kali.</p><lb/>
          <p>Man hat am Rhein Weinberge, deren Stöcke über ein<lb/>
Jahrhundert alt &#x017F;ind, und die&#x017F;es Alter erreichen &#x017F;ie nur bei<lb/>
Anwendung des &#x017F;tick&#x017F;toffärm&#x017F;ten aber <hi rendition="#g">kalireich&#x017F;</hi>ten <hi rendition="#g">Kuhdün-<lb/>
gers</hi>. Alles Kali, was die Nahrung der Kuh enthält, geht,<lb/>
wie man weiß, in die Excremente über.</p><lb/>
          <p>Eins der merkwürdig&#x017F;ten Bei&#x017F;piele von der Unfähigkeit eines<lb/>
Bodens, Weizen und überhaupt Grasarten zu erzeugen, wenn<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[98/0116] Die anorganiſchen Beſtandtheile der Vegetabilien. In der Nähe von Heidelberg haben die Holzſchläger die Vergünſtigung, nach dem Schlagen von Lohholz den Boden zu ihrem Nutzen bebauen zu dürfen. Dem Einſäen des Lan- des geht unter allen Umſtänden das Verbrennen der Zweige, Wurzeln und Blätter voran, deren Aſche dem darauf gepflanz- ten Getreide zu Gute kommt. Der Boden ſelbſt, auf welchem die Eichen wachſen, iſt in dieſer Gegend Sandſtein, und wenn auch der Baum hinreichende Mengen von Alkalien und alkali- ſchen Erden für ſein eigenes Beſtehen in dem Boden vorfindet, ſo iſt er dennoch unfruchtbar für Getreide in ſeinem gewöhn- lichen Zuſtande. Man hat in Bingen den entſchiedenſten Erfolg in Bezie- hung auf Entwickelung und Fruchtbarkeit des Weinſtocks bei Anwendung des kräftigſten Düngers, von Hornſpänen z. B., geſehen, aber der Ertrag, die Holz- und Blattbildung nahm nach einigen Jahren zum großen Nachtheil des Beſitzers in einem ſo hohen Grade ab, daß er ſtets zu bereuen Urſache hatte, von der dort gebräuchlichen und als die beſte anerkannte Düngungsmethode abgegangen zu ſein. Der Weinſtock wurde bei ſeiner Art zu düngen in ſeiner Entwickelung übertrieben, in zwei oder drei Jahren wurde alles Kali, was den künfti- gen Ertrag geſichert hatte, zur Bildung der Frucht, der Blät- ter, des Holzes verwendet, die ohne Erſatz den Weinbergen genommen wurden, denn ſein Dünger enthält kein Kali. Man hat am Rhein Weinberge, deren Stöcke über ein Jahrhundert alt ſind, und dieſes Alter erreichen ſie nur bei Anwendung des ſtickſtoffärmſten aber kalireichſten Kuhdün- gers. Alles Kali, was die Nahrung der Kuh enthält, geht, wie man weiß, in die Excremente über. Eins der merkwürdigſten Beiſpiele von der Unfähigkeit eines Bodens, Weizen und überhaupt Grasarten zu erzeugen, wenn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/116
Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/116>, abgerufen am 21.11.2024.