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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

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Die Cultur.
in den Stamm gebohrt, mit Zucker gefüllt und wieder ver-
schlossen wird, daß derselbe in dem aufsteigenden Safte sich lö-
sen wird; es ist ferner möglich, daß dieser Zucker auf eine
ähnliche Weise wie der im Stamm gebildete verwendet werden
wird, jedenfalls bleibt es gewiß, das Hinzuführen dieses Zu-
ckers wird die Wirkung des Saftes auf das Amylon nicht hin-
dern, und da ein größeres Verhältniß davon vorhanden ist,
als das Blatt oder die Knospe verzehrt, so wird er auf der
Oberfläche der Blätter oder durch die Rinde wieder abgeschie-
den werden. Gewisse Krankheiten von Bäumen, der sogenannte
Honigthau, rühren offenbar von einem Mißverhältniß in der
Menge der zugeführten stickstofffreien und stickstoffhaltigen Nah-
rungsstoffe her.

In welcher Form man sich, wie man sieht, die Zuführung
von Stoffen auch denken mag, die durch die Pflanzen selbst
erzeugt werden, so erscheint sie in keinem einzigen Fall geeig-
net, der Pflanze zu ersetzen, was sie verloren hat, oder ihre
Masse zu vergrößern. Zucker, Gummi und Stärke, sind kein
Nahrungsmittel für Pflanzen, und eben so wenig kann die
Humussäure dafür angesehen werden, die in ihrer Zusammen-
setzung diesen Stoffen am nächsten steht.

Bei der Betrachtung der einzelnen Organe einer Pflanze
finden wir jede Faser, jedes Holztheilchen umgeben mit einem
Safte, welcher eine stickstoffhaltige Materie enthält, die Stärke-
körnchen, der Zucker findet sich in Zellen eingeschlossen, gebildet
von einer stickstoffhaltigen Substanz, überall in allen Säften
in den Früchten und Blüthen finden wir eine stickstofffreie Ma-
terie begleitet von einer stickstoffhaltigen.

In den Blättern kann das Holz des Stammes als Holz nicht
gebildet werden, sie müssen die Fähigkeit haben, eine Materie zu
erzeugen, die geeignet ist, in Holz überzugehen, und diese muß in

Die Cultur.
in den Stamm gebohrt, mit Zucker gefüllt und wieder ver-
ſchloſſen wird, daß derſelbe in dem aufſteigenden Safte ſich lö-
ſen wird; es iſt ferner möglich, daß dieſer Zucker auf eine
ähnliche Weiſe wie der im Stamm gebildete verwendet werden
wird, jedenfalls bleibt es gewiß, das Hinzuführen dieſes Zu-
ckers wird die Wirkung des Saftes auf das Amylon nicht hin-
dern, und da ein größeres Verhältniß davon vorhanden iſt,
als das Blatt oder die Knospe verzehrt, ſo wird er auf der
Oberfläche der Blätter oder durch die Rinde wieder abgeſchie-
den werden. Gewiſſe Krankheiten von Bäumen, der ſogenannte
Honigthau, rühren offenbar von einem Mißverhältniß in der
Menge der zugeführten ſtickſtofffreien und ſtickſtoffhaltigen Nah-
rungsſtoffe her.

In welcher Form man ſich, wie man ſieht, die Zuführung
von Stoffen auch denken mag, die durch die Pflanzen ſelbſt
erzeugt werden, ſo erſcheint ſie in keinem einzigen Fall geeig-
net, der Pflanze zu erſetzen, was ſie verloren hat, oder ihre
Maſſe zu vergrößern. Zucker, Gummi und Stärke, ſind kein
Nahrungsmittel für Pflanzen, und eben ſo wenig kann die
Humusſäure dafür angeſehen werden, die in ihrer Zuſammen-
ſetzung dieſen Stoffen am nächſten ſteht.

Bei der Betrachtung der einzelnen Organe einer Pflanze
finden wir jede Faſer, jedes Holztheilchen umgeben mit einem
Safte, welcher eine ſtickſtoffhaltige Materie enthält, die Stärke-
körnchen, der Zucker findet ſich in Zellen eingeſchloſſen, gebildet
von einer ſtickſtoffhaltigen Subſtanz, überall in allen Säften
in den Früchten und Blüthen finden wir eine ſtickſtofffreie Ma-
terie begleitet von einer ſtickſtoffhaltigen.

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[118/0136] Die Cultur. in den Stamm gebohrt, mit Zucker gefüllt und wieder ver- ſchloſſen wird, daß derſelbe in dem aufſteigenden Safte ſich lö- ſen wird; es iſt ferner möglich, daß dieſer Zucker auf eine ähnliche Weiſe wie der im Stamm gebildete verwendet werden wird, jedenfalls bleibt es gewiß, das Hinzuführen dieſes Zu- ckers wird die Wirkung des Saftes auf das Amylon nicht hin- dern, und da ein größeres Verhältniß davon vorhanden iſt, als das Blatt oder die Knospe verzehrt, ſo wird er auf der Oberfläche der Blätter oder durch die Rinde wieder abgeſchie- den werden. Gewiſſe Krankheiten von Bäumen, der ſogenannte Honigthau, rühren offenbar von einem Mißverhältniß in der Menge der zugeführten ſtickſtofffreien und ſtickſtoffhaltigen Nah- rungsſtoffe her. In welcher Form man ſich, wie man ſieht, die Zuführung von Stoffen auch denken mag, die durch die Pflanzen ſelbſt erzeugt werden, ſo erſcheint ſie in keinem einzigen Fall geeig- net, der Pflanze zu erſetzen, was ſie verloren hat, oder ihre Maſſe zu vergrößern. Zucker, Gummi und Stärke, ſind kein Nahrungsmittel für Pflanzen, und eben ſo wenig kann die Humusſäure dafür angeſehen werden, die in ihrer Zuſammen- ſetzung dieſen Stoffen am nächſten ſteht. Bei der Betrachtung der einzelnen Organe einer Pflanze finden wir jede Faſer, jedes Holztheilchen umgeben mit einem Safte, welcher eine ſtickſtoffhaltige Materie enthält, die Stärke- körnchen, der Zucker findet ſich in Zellen eingeſchloſſen, gebildet von einer ſtickſtoffhaltigen Subſtanz, überall in allen Säften in den Früchten und Blüthen finden wir eine ſtickſtofffreie Ma- terie begleitet von einer ſtickſtoffhaltigen. In den Blättern kann das Holz des Stammes als Holz nicht gebildet werden, ſie müſſen die Fähigkeit haben, eine Materie zu erzeugen, die geeignet iſt, in Holz überzugehen, und dieſe muß in

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/136>, abgerufen am 24.11.2024.