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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

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Die Cultur.
bedarf, die ihm der Humusboden nicht liefern kann, indem er
keins von beiden enthält, man erhält Kraut aber keine Frucht

Woher kommt es denn, daß Weizen nicht auf Sandboden
gedeiht, daß der Kalkboden, wenn er nicht eine beträchtliche
Menge Thon beigemischt enthält, unfruchtbar für diese Pflanze
ist? Es kommt daher, weil diese Bodenarten für dieses Ge-
wächs nicht hinreichend Alkali enthalten, es bleibt selbst davon
in seiner Entwickelung zurück, wenn ihm alles andere im Ueber-
fluß dargeboten wird.

Ist es denn nur Zufall, daß in den Karpathen, im Jura
auf Sandstein und Kalk nur Nadelholz gedeiht, daß wir auf
Gneuß, Glimmerschiefer, auf Granitboden in Baiern, daß wir
auf Klingstein in der Rhön, auf Basalt im Vogelsberge, auf
Thonschiefer am Rhein und in der Eifel, die schönsten Laub-
holzwaldungen finden, die auf Sandstein und Kalk, worauf
Fichten noch gedeihen, nicht mehr fortkommen. Es kommt
daher, weil die Blätter des Laubholzes, welche jährlich sich
erneuern, zu ihrer Entwickelung die 6 bis 10fache Menge Al-
kali erfordern. Sie finden auf kaliarmem Boden das Alkali
nicht vor, ohne welches sie nicht zur Ausbildung gelangen *).

Wenn auf Sandstein und Kalkboden Laubholz vorkommt,
wenn wir die Rothbuche, den Vogelbeerbaum, die wilde Süß-
kirsche, auf Kalk üppig gedeihen sehen, so kann man mit Ge-
wißheit darauf rechnen, daß in dem Boden eine Bedingung
ihres Lebens, nemlich die Alkalien, nicht fehlen.

Kann es auffallend sein, daß nach dem Abbrennen von Na-
delholzwaldungen in Amerika, durch welche der Boden das in

*) 1000 Theile trockener Eichenblätter geben 55 Theile Asche, worin sich
24 Theile lösliche Alkalien befinden, dieselbe Quantität Fichtenblätter
giebt nur 29 Theile Asche, welche 4, 6 Theile lösliche Salze ent-
hält (Saussure).

Die Cultur.
bedarf, die ihm der Humusboden nicht liefern kann, indem er
keins von beiden enthält, man erhält Kraut aber keine Frucht

Woher kommt es denn, daß Weizen nicht auf Sandboden
gedeiht, daß der Kalkboden, wenn er nicht eine beträchtliche
Menge Thon beigemiſcht enthält, unfruchtbar für dieſe Pflanze
iſt? Es kommt daher, weil dieſe Bodenarten für dieſes Ge-
wächs nicht hinreichend Alkali enthalten, es bleibt ſelbſt davon
in ſeiner Entwickelung zurück, wenn ihm alles andere im Ueber-
fluß dargeboten wird.

Iſt es denn nur Zufall, daß in den Karpathen, im Jura
auf Sandſtein und Kalk nur Nadelholz gedeiht, daß wir auf
Gneuß, Glimmerſchiefer, auf Granitboden in Baiern, daß wir
auf Klingſtein in der Rhön, auf Baſalt im Vogelsberge, auf
Thonſchiefer am Rhein und in der Eifel, die ſchönſten Laub-
holzwaldungen finden, die auf Sandſtein und Kalk, worauf
Fichten noch gedeihen, nicht mehr fortkommen. Es kommt
daher, weil die Blätter des Laubholzes, welche jährlich ſich
erneuern, zu ihrer Entwickelung die 6 bis 10fache Menge Al-
kali erfordern. Sie finden auf kaliarmem Boden das Alkali
nicht vor, ohne welches ſie nicht zur Ausbildung gelangen *).

Wenn auf Sandſtein und Kalkboden Laubholz vorkommt,
wenn wir die Rothbuche, den Vogelbeerbaum, die wilde Süß-
kirſche, auf Kalk üppig gedeihen ſehen, ſo kann man mit Ge-
wißheit darauf rechnen, daß in dem Boden eine Bedingung
ihres Lebens, nemlich die Alkalien, nicht fehlen.

Kann es auffallend ſein, daß nach dem Abbrennen von Na-
delholzwaldungen in Amerika, durch welche der Boden das in

*) 1000 Theile trockener Eichenblätter geben 55 Theile Aſche, worin ſich
24 Theile lösliche Alkalien befinden, dieſelbe Quantität Fichtenblätter
giebt nur 29 Theile Aſche, welche 4, 6 Theile lösliche Salze ent-
hält (Sauſſure).
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[136/0154] Die Cultur. bedarf, die ihm der Humusboden nicht liefern kann, indem er keins von beiden enthält, man erhält Kraut aber keine Frucht Woher kommt es denn, daß Weizen nicht auf Sandboden gedeiht, daß der Kalkboden, wenn er nicht eine beträchtliche Menge Thon beigemiſcht enthält, unfruchtbar für dieſe Pflanze iſt? Es kommt daher, weil dieſe Bodenarten für dieſes Ge- wächs nicht hinreichend Alkali enthalten, es bleibt ſelbſt davon in ſeiner Entwickelung zurück, wenn ihm alles andere im Ueber- fluß dargeboten wird. Iſt es denn nur Zufall, daß in den Karpathen, im Jura auf Sandſtein und Kalk nur Nadelholz gedeiht, daß wir auf Gneuß, Glimmerſchiefer, auf Granitboden in Baiern, daß wir auf Klingſtein in der Rhön, auf Baſalt im Vogelsberge, auf Thonſchiefer am Rhein und in der Eifel, die ſchönſten Laub- holzwaldungen finden, die auf Sandſtein und Kalk, worauf Fichten noch gedeihen, nicht mehr fortkommen. Es kommt daher, weil die Blätter des Laubholzes, welche jährlich ſich erneuern, zu ihrer Entwickelung die 6 bis 10fache Menge Al- kali erfordern. Sie finden auf kaliarmem Boden das Alkali nicht vor, ohne welches ſie nicht zur Ausbildung gelangen *). Wenn auf Sandſtein und Kalkboden Laubholz vorkommt, wenn wir die Rothbuche, den Vogelbeerbaum, die wilde Süß- kirſche, auf Kalk üppig gedeihen ſehen, ſo kann man mit Ge- wißheit darauf rechnen, daß in dem Boden eine Bedingung ihres Lebens, nemlich die Alkalien, nicht fehlen. Kann es auffallend ſein, daß nach dem Abbrennen von Na- delholzwaldungen in Amerika, durch welche der Boden das in *) 1000 Theile trockener Eichenblätter geben 55 Theile Aſche, worin ſich 24 Theile lösliche Alkalien befinden, dieſelbe Quantität Fichtenblätter giebt nur 29 Theile Aſche, welche 4, 6 Theile lösliche Salze ent- hält (Sauſſure).

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/154>, abgerufen am 22.11.2024.