den bestimmten Begriff in sich ein, daß in der Zersetzung ei- ner organischen Verbindung keines ihrer Elemente einzeln in Freiheit gesetzt wird. Die Veränderungen, welche in der or- ganischen Natur mit Gährung, Fäulniß und Verwe- sung bezeichnet werden, sind chemische Metamorphosen, welche bewirkt werden durch eine bis jetzt unbeachtet gebliebene Ur- sache, deren Existenz in dem Folgenden dargelegt werden soll.
Die Ursache, wodurch Gährung, Fäulniß und Verwesung bewirkt werden.
Man ist erst in der letzten Zeit darauf aufmerksam gewor- den, daß ein Körper, der sich im Zustande der Verbindung oder Zersetzung befindet, auf das Verhalten eines andern ihn berührenden Körpers nicht ohne Einfluß ist. Platin z. B. zer- legt nicht die Salpetersäure; selbst in dem Zustande der außer- ordentlichen Zertheilung, wo seine kleinsten Theile nicht mehr das Licht zurückwerfen, als Platinschwarz, wird es, mit dieser Säure gekocht, nicht oxidirt. Eine Legirung von Platin mit Silber lös't sich hingegen leicht in Salpetersäure. Die Oxida- tion, welche das Silber erfährt, überträgt sich mithin dem Platin, es erhält in Berührung damit die Fähigkeit, die Sal- petersäure zu zersetzen.
Kupfer zerlegt das Wasser nicht beim Sieden mit verdünn- ter Schwefelsäure, eine Legirung von Kupfer, Zink und Nickel lös't sich leicht unter Wasserstoffgasentwickelung in wasserhalti- ger Schwefelsäure.
Urſache der Gährung, Fäulniß und Verweſung.
den beſtimmten Begriff in ſich ein, daß in der Zerſetzung ei- ner organiſchen Verbindung keines ihrer Elemente einzeln in Freiheit geſetzt wird. Die Veränderungen, welche in der or- ganiſchen Natur mit Gährung, Fäulniß und Verwe- ſung bezeichnet werden, ſind chemiſche Metamorphoſen, welche bewirkt werden durch eine bis jetzt unbeachtet gebliebene Ur- ſache, deren Exiſtenz in dem Folgenden dargelegt werden ſoll.
Die Urſache, wodurch Gährung, Fäulniß und Verweſung bewirkt werden.
Man iſt erſt in der letzten Zeit darauf aufmerkſam gewor- den, daß ein Körper, der ſich im Zuſtande der Verbindung oder Zerſetzung befindet, auf das Verhalten eines andern ihn berührenden Körpers nicht ohne Einfluß iſt. Platin z. B. zer- legt nicht die Salpeterſäure; ſelbſt in dem Zuſtande der außer- ordentlichen Zertheilung, wo ſeine kleinſten Theile nicht mehr das Licht zurückwerfen, als Platinſchwarz, wird es, mit dieſer Säure gekocht, nicht oxidirt. Eine Legirung von Platin mit Silber löſ’t ſich hingegen leicht in Salpeterſäure. Die Oxida- tion, welche das Silber erfährt, überträgt ſich mithin dem Platin, es erhält in Berührung damit die Fähigkeit, die Sal- peterſäure zu zerſetzen.
Kupfer zerlegt das Waſſer nicht beim Sieden mit verdünn- ter Schwefelſäure, eine Legirung von Kupfer, Zink und Nickel löſ’t ſich leicht unter Waſſerſtoffgasentwickelung in waſſerhalti- ger Schwefelſäure.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0220"n="202"/><fwplace="top"type="header">Urſache der Gährung, Fäulniß und Verweſung.</fw><lb/>
den beſtimmten Begriff in ſich ein, daß in der Zerſetzung ei-<lb/>
ner organiſchen Verbindung keines ihrer Elemente einzeln in<lb/>
Freiheit geſetzt wird. Die Veränderungen, welche in der or-<lb/>
ganiſchen Natur mit <hirendition="#g">Gährung, Fäulniß</hi> und <hirendition="#g">Verwe-<lb/>ſung</hi> bezeichnet werden, ſind chemiſche Metamorphoſen, welche<lb/>
bewirkt werden durch eine bis jetzt unbeachtet gebliebene Ur-<lb/>ſache, deren Exiſtenz in dem Folgenden dargelegt werden ſoll.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><head><hirendition="#b">Die Urſache, wodurch Gährung, Fäulniß und<lb/>
Verweſung bewirkt werden.</hi></head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Man iſt erſt in der letzten Zeit darauf aufmerkſam gewor-<lb/>
den, daß ein Körper, der ſich im Zuſtande der Verbindung<lb/>
oder Zerſetzung befindet, auf das Verhalten eines andern ihn<lb/>
berührenden Körpers nicht ohne Einfluß iſt. Platin z. B. zer-<lb/>
legt nicht die Salpeterſäure; ſelbſt in dem Zuſtande der außer-<lb/>
ordentlichen Zertheilung, wo ſeine kleinſten Theile nicht mehr<lb/>
das Licht zurückwerfen, als Platinſchwarz, wird es, mit dieſer<lb/>
Säure gekocht, nicht oxidirt. Eine Legirung von Platin mit<lb/>
Silber löſ’t ſich hingegen leicht in Salpeterſäure. Die Oxida-<lb/>
tion, welche das Silber erfährt, überträgt ſich mithin dem<lb/>
Platin, es erhält in Berührung damit die Fähigkeit, die Sal-<lb/>
peterſäure zu zerſetzen.</p><lb/><p>Kupfer zerlegt das Waſſer nicht beim Sieden mit verdünn-<lb/>
ter Schwefelſäure, eine Legirung von Kupfer, Zink und Nickel<lb/>
löſ’t ſich leicht unter Waſſerſtoffgasentwickelung in waſſerhalti-<lb/>
ger Schwefelſäure.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[202/0220]
Urſache der Gährung, Fäulniß und Verweſung.
den beſtimmten Begriff in ſich ein, daß in der Zerſetzung ei-
ner organiſchen Verbindung keines ihrer Elemente einzeln in
Freiheit geſetzt wird. Die Veränderungen, welche in der or-
ganiſchen Natur mit Gährung, Fäulniß und Verwe-
ſung bezeichnet werden, ſind chemiſche Metamorphoſen, welche
bewirkt werden durch eine bis jetzt unbeachtet gebliebene Ur-
ſache, deren Exiſtenz in dem Folgenden dargelegt werden ſoll.
Die Urſache, wodurch Gährung, Fäulniß und
Verweſung bewirkt werden.
Man iſt erſt in der letzten Zeit darauf aufmerkſam gewor-
den, daß ein Körper, der ſich im Zuſtande der Verbindung
oder Zerſetzung befindet, auf das Verhalten eines andern ihn
berührenden Körpers nicht ohne Einfluß iſt. Platin z. B. zer-
legt nicht die Salpeterſäure; ſelbſt in dem Zuſtande der außer-
ordentlichen Zertheilung, wo ſeine kleinſten Theile nicht mehr
das Licht zurückwerfen, als Platinſchwarz, wird es, mit dieſer
Säure gekocht, nicht oxidirt. Eine Legirung von Platin mit
Silber löſ’t ſich hingegen leicht in Salpeterſäure. Die Oxida-
tion, welche das Silber erfährt, überträgt ſich mithin dem
Platin, es erhält in Berührung damit die Fähigkeit, die Sal-
peterſäure zu zerſetzen.
Kupfer zerlegt das Waſſer nicht beim Sieden mit verdünn-
ter Schwefelſäure, eine Legirung von Kupfer, Zink und Nickel
löſ’t ſich leicht unter Waſſerſtoffgasentwickelung in waſſerhalti-
ger Schwefelſäure.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/220>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.