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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

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Verwesung stickstofffreier Körper. Essigbildung.
sind, so bedarf es stets einer Störung in dem Zustande des
Gleichgewichts, in dem sich ihre Elemente befinden, und die
allgemeinste Veranlassung zu dergleichen Störungen, die ver-
breitetste Ursache ist unstreitig die Atmosphäre, welche alle
Körper umgiebt.

Der am leichtesten veränderliche Pflanzensaft in der Frucht
oder dem Pflanzentheil, vor der unmittelbaren Berührung mit
dem Sauerstoff der Luft geschützt, behält so lange seine Eigen-
schaften unverändert bei, als die Materie der Zelle oder des
Organs dieser Einwirkung widersteht; erst nach erfolgter Be-
rührung mit der Luft, erst nach Absorbtion einer gewissen
Menge Sauerstoff zerlegen sich die in der Flüssigkeit gelös'ten
Materien.

Die schönen Versuche Gay Lussac's über die Gährung
des Traubensaftes, sowie die überaus wichtigen Anwendungen,
zu denen sie geführt haben, sind die besten Belege für den An-
theil, den die Atmosphäre an den Veränderungen organischer
Substanzen nimmt.

Der Saft von Weintrauben, welcher durch Auspressen
unter einer mit Quecksilber gefüllten Glocke bei Abschluß aller
Luft erhalten worden war, kam nicht in Gährung.

Die kleinste Menge hinzutretender Luft brachte, unter Ab-
sorbtion einer gewissen Menge Sauerstoffgas, augenblicklich die
Gährung hervor.

Wurde der Traubensaft bei Zutritt der Luft ausgepreßt,
durch die Berührung also mit Sauerstoff die Bedingung gege-
ben, in Gährung überzugehen, so trat dennoch keine Gährung ein,
wenn der Saft in verschlossenen Gefäßen bis zum Siedepunkte
des Wassers erhitzt worden war; er ließ sich in diesem Zustande
vor der Luft geschützt Jahre lang aufbewahren, ohne seine
Fähigkeit, in Gährung überzugehen, verloren zu haben. Diese

Verweſung ſtickſtofffreier Körper. Eſſigbildung.
ſind, ſo bedarf es ſtets einer Störung in dem Zuſtande des
Gleichgewichts, in dem ſich ihre Elemente befinden, und die
allgemeinſte Veranlaſſung zu dergleichen Störungen, die ver-
breitetſte Urſache iſt unſtreitig die Atmoſphäre, welche alle
Körper umgiebt.

Der am leichteſten veränderliche Pflanzenſaft in der Frucht
oder dem Pflanzentheil, vor der unmittelbaren Berührung mit
dem Sauerſtoff der Luft geſchützt, behält ſo lange ſeine Eigen-
ſchaften unverändert bei, als die Materie der Zelle oder des
Organs dieſer Einwirkung widerſteht; erſt nach erfolgter Be-
rührung mit der Luft, erſt nach Abſorbtion einer gewiſſen
Menge Sauerſtoff zerlegen ſich die in der Flüſſigkeit gelöſ’ten
Materien.

Die ſchönen Verſuche Gay Luſſac’s über die Gährung
des Traubenſaftes, ſowie die überaus wichtigen Anwendungen,
zu denen ſie geführt haben, ſind die beſten Belege für den An-
theil, den die Atmoſphäre an den Veränderungen organiſcher
Subſtanzen nimmt.

Der Saft von Weintrauben, welcher durch Auspreſſen
unter einer mit Queckſilber gefüllten Glocke bei Abſchluß aller
Luft erhalten worden war, kam nicht in Gährung.

Die kleinſte Menge hinzutretender Luft brachte, unter Ab-
ſorbtion einer gewiſſen Menge Sauerſtoffgas, augenblicklich die
Gährung hervor.

Wurde der Traubenſaft bei Zutritt der Luft ausgepreßt,
durch die Berührung alſo mit Sauerſtoff die Bedingung gege-
ben, in Gährung überzugehen, ſo trat dennoch keine Gährung ein,
wenn der Saft in verſchloſſenen Gefäßen bis zum Siedepunkte
des Waſſers erhitzt worden war; er ließ ſich in dieſem Zuſtande
vor der Luft geſchützt Jahre lang aufbewahren, ohne ſeine
Fähigkeit, in Gährung überzugehen, verloren zu haben. Dieſe

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[248/0266] Verweſung ſtickſtofffreier Körper. Eſſigbildung. ſind, ſo bedarf es ſtets einer Störung in dem Zuſtande des Gleichgewichts, in dem ſich ihre Elemente befinden, und die allgemeinſte Veranlaſſung zu dergleichen Störungen, die ver- breitetſte Urſache iſt unſtreitig die Atmoſphäre, welche alle Körper umgiebt. Der am leichteſten veränderliche Pflanzenſaft in der Frucht oder dem Pflanzentheil, vor der unmittelbaren Berührung mit dem Sauerſtoff der Luft geſchützt, behält ſo lange ſeine Eigen- ſchaften unverändert bei, als die Materie der Zelle oder des Organs dieſer Einwirkung widerſteht; erſt nach erfolgter Be- rührung mit der Luft, erſt nach Abſorbtion einer gewiſſen Menge Sauerſtoff zerlegen ſich die in der Flüſſigkeit gelöſ’ten Materien. Die ſchönen Verſuche Gay Luſſac’s über die Gährung des Traubenſaftes, ſowie die überaus wichtigen Anwendungen, zu denen ſie geführt haben, ſind die beſten Belege für den An- theil, den die Atmoſphäre an den Veränderungen organiſcher Subſtanzen nimmt. Der Saft von Weintrauben, welcher durch Auspreſſen unter einer mit Queckſilber gefüllten Glocke bei Abſchluß aller Luft erhalten worden war, kam nicht in Gährung. Die kleinſte Menge hinzutretender Luft brachte, unter Ab- ſorbtion einer gewiſſen Menge Sauerſtoffgas, augenblicklich die Gährung hervor. Wurde der Traubenſaft bei Zutritt der Luft ausgepreßt, durch die Berührung alſo mit Sauerſtoff die Bedingung gege- ben, in Gährung überzugehen, ſo trat dennoch keine Gährung ein, wenn der Saft in verſchloſſenen Gefäßen bis zum Siedepunkte des Waſſers erhitzt worden war; er ließ ſich in dieſem Zuſtande vor der Luft geſchützt Jahre lang aufbewahren, ohne ſeine Fähigkeit, in Gährung überzugehen, verloren zu haben. Dieſe

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/266>, abgerufen am 24.11.2024.