Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite
Vermoderung. Papier, Braun- und Steinkohle.

Daß übrigens die Luft in den oberen Lagen der Braun-
kohlenschichten unaufhörlich eine fortschreitende Veränderung,
nämlich eine Verwesung bewirkt, durch welche ihr Wasserstoff
wie beim Holze hinweggenommen wird, giebt das Verhalten
derselben beim Verbrennen und die fortschreitende Bildung von
Kohlensäure in den Gruben zu erkennen.

Die Gase, welche die Arbeit in Braunkohlenwerken gefähr-
lich machen, sind nicht wie in anderen Gruben entzündlich und
brennbar, sondern sie bestehen gewöhnlich aus kohlensaurem
Gas, was nur selten eine Beimischung von brennbarem Gas
enthält.

Die Braunkohlen aus der mittleren Schicht des Lagers bei
Ringkuhl geben in der Analyse 65,40--64,01 Kohlenstoff auf
4,75--4,76 *) Wasserstoff, also auf dasselbe Verhältniß von
Kohlenstoff bei weitem weniger Wasserstoff, als die aus grö-
ßerer Tiefe genommenen.

Die Braunkohlen und Steinkohlen sind begleitet von Schwe-
felkies oder Schwefelzink, die sich aus schwefelsauren Salzen
bei Gegenwart von Eisen und Zink bei allen Fäulnißprocessen
vegetabilischer Stoffe noch heute bilden; es ist denkbar, daß
der Sauerstoff der schwefelsauren Salze in dem Innern der
Braunkohlenlager es ist, durch welchen die Hinwegnahme des
Wasserstoffs, den sie weniger als das Holz enthalten, bewirkt
wird.

Nach den Analysen von Richardson und Regnault
wird die Zusammensetzung der brennbaren Materien der Splint-
kohle von Newcastle und der Cannelkohle von Lancashire durch

*) Die angeführten Analysen der Ringkuhle Braunkohle sind von Herrn
Kühnert aus Kassel, sowie alle in diesem Werke überhaupt erwähn-
ten, in dem hiesigen Laboratorium ausgeführt worden
Vermoderung. Papier, Braun- und Steinkohle.

Daß übrigens die Luft in den oberen Lagen der Braun-
kohlenſchichten unaufhörlich eine fortſchreitende Veränderung,
nämlich eine Verweſung bewirkt, durch welche ihr Waſſerſtoff
wie beim Holze hinweggenommen wird, giebt das Verhalten
derſelben beim Verbrennen und die fortſchreitende Bildung von
Kohlenſäure in den Gruben zu erkennen.

Die Gaſe, welche die Arbeit in Braunkohlenwerken gefähr-
lich machen, ſind nicht wie in anderen Gruben entzündlich und
brennbar, ſondern ſie beſtehen gewöhnlich aus kohlenſaurem
Gas, was nur ſelten eine Beimiſchung von brennbarem Gas
enthält.

Die Braunkohlen aus der mittleren Schicht des Lagers bei
Ringkuhl geben in der Analyſe 65,40—64,01 Kohlenſtoff auf
4,75—4,76 *) Waſſerſtoff, alſo auf daſſelbe Verhältniß von
Kohlenſtoff bei weitem weniger Waſſerſtoff, als die aus grö-
ßerer Tiefe genommenen.

Die Braunkohlen und Steinkohlen ſind begleitet von Schwe-
felkies oder Schwefelzink, die ſich aus ſchwefelſauren Salzen
bei Gegenwart von Eiſen und Zink bei allen Fäulnißproceſſen
vegetabiliſcher Stoffe noch heute bilden; es iſt denkbar, daß
der Sauerſtoff der ſchwefelſauren Salze in dem Innern der
Braunkohlenlager es iſt, durch welchen die Hinwegnahme des
Waſſerſtoffs, den ſie weniger als das Holz enthalten, bewirkt
wird.

Nach den Analyſen von Richardſon und Regnault
wird die Zuſammenſetzung der brennbaren Materien der Splint-
kohle von Newcaſtle und der Cannelkohle von Lancaſhire durch

*) Die angeführten Analyſen der Ringkuhle Braunkohle ſind von Herrn
Kühnert aus Kaſſel, ſowie alle in dieſem Werke überhaupt erwähn-
ten, in dem hieſigen Laboratorium ausgeführt worden
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0314" n="296"/>
          <fw place="top" type="header">Vermoderung. Papier, Braun- und Steinkohle.</fw><lb/>
          <p>Daß übrigens die Luft in den oberen Lagen der Braun-<lb/>
kohlen&#x017F;chichten unaufhörlich eine fort&#x017F;chreitende Veränderung,<lb/>
nämlich eine Verwe&#x017F;ung bewirkt, durch welche ihr Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;toff<lb/>
wie beim Holze hinweggenommen wird, giebt das Verhalten<lb/>
der&#x017F;elben beim Verbrennen und die fort&#x017F;chreitende Bildung von<lb/>
Kohlen&#x017F;äure in den Gruben zu erkennen.</p><lb/>
          <p>Die Ga&#x017F;e, welche die Arbeit in Braunkohlenwerken gefähr-<lb/>
lich machen, &#x017F;ind nicht wie in anderen Gruben entzündlich und<lb/>
brennbar, &#x017F;ondern &#x017F;ie be&#x017F;tehen gewöhnlich aus kohlen&#x017F;aurem<lb/>
Gas, was nur &#x017F;elten eine Beimi&#x017F;chung von brennbarem Gas<lb/>
enthält.</p><lb/>
          <p>Die Braunkohlen aus der mittleren Schicht des Lagers bei<lb/>
Ringkuhl geben in der Analy&#x017F;e 65,40&#x2014;64,01 Kohlen&#x017F;toff auf<lb/>
4,75&#x2014;4,76 <note place="foot" n="*)">Die angeführten Analy&#x017F;en der Ringkuhle Braunkohle &#x017F;ind von Herrn<lb/><hi rendition="#g">Kühnert</hi> aus Ka&#x017F;&#x017F;el, &#x017F;owie alle in die&#x017F;em Werke überhaupt erwähn-<lb/>
ten, in dem hie&#x017F;igen Laboratorium ausgeführt worden</note> Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;toff, al&#x017F;o auf da&#x017F;&#x017F;elbe Verhältniß von<lb/>
Kohlen&#x017F;toff bei weitem weniger Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;toff, als die aus grö-<lb/>
ßerer Tiefe genommenen.</p><lb/>
          <p>Die Braunkohlen und Steinkohlen &#x017F;ind begleitet von Schwe-<lb/>
felkies oder Schwefelzink, die &#x017F;ich aus &#x017F;chwefel&#x017F;auren Salzen<lb/>
bei Gegenwart von Ei&#x017F;en und Zink bei allen Fäulnißproce&#x017F;&#x017F;en<lb/>
vegetabili&#x017F;cher Stoffe noch heute bilden; es i&#x017F;t denkbar, daß<lb/>
der Sauer&#x017F;toff der &#x017F;chwefel&#x017F;auren Salze in dem Innern der<lb/>
Braunkohlenlager es i&#x017F;t, durch welchen die Hinwegnahme des<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;toffs, den &#x017F;ie weniger als das Holz enthalten, bewirkt<lb/>
wird.</p><lb/>
          <p>Nach den Analy&#x017F;en von <hi rendition="#g">Richard&#x017F;on</hi> und <hi rendition="#g">Regnault</hi><lb/>
wird die Zu&#x017F;ammen&#x017F;etzung der brennbaren Materien der Splint-<lb/>
kohle von Newca&#x017F;tle und der Cannelkohle von Lanca&#x017F;hire durch<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[296/0314] Vermoderung. Papier, Braun- und Steinkohle. Daß übrigens die Luft in den oberen Lagen der Braun- kohlenſchichten unaufhörlich eine fortſchreitende Veränderung, nämlich eine Verweſung bewirkt, durch welche ihr Waſſerſtoff wie beim Holze hinweggenommen wird, giebt das Verhalten derſelben beim Verbrennen und die fortſchreitende Bildung von Kohlenſäure in den Gruben zu erkennen. Die Gaſe, welche die Arbeit in Braunkohlenwerken gefähr- lich machen, ſind nicht wie in anderen Gruben entzündlich und brennbar, ſondern ſie beſtehen gewöhnlich aus kohlenſaurem Gas, was nur ſelten eine Beimiſchung von brennbarem Gas enthält. Die Braunkohlen aus der mittleren Schicht des Lagers bei Ringkuhl geben in der Analyſe 65,40—64,01 Kohlenſtoff auf 4,75—4,76 *) Waſſerſtoff, alſo auf daſſelbe Verhältniß von Kohlenſtoff bei weitem weniger Waſſerſtoff, als die aus grö- ßerer Tiefe genommenen. Die Braunkohlen und Steinkohlen ſind begleitet von Schwe- felkies oder Schwefelzink, die ſich aus ſchwefelſauren Salzen bei Gegenwart von Eiſen und Zink bei allen Fäulnißproceſſen vegetabiliſcher Stoffe noch heute bilden; es iſt denkbar, daß der Sauerſtoff der ſchwefelſauren Salze in dem Innern der Braunkohlenlager es iſt, durch welchen die Hinwegnahme des Waſſerſtoffs, den ſie weniger als das Holz enthalten, bewirkt wird. Nach den Analyſen von Richardſon und Regnault wird die Zuſammenſetzung der brennbaren Materien der Splint- kohle von Newcaſtle und der Cannelkohle von Lancaſhire durch *) Die angeführten Analyſen der Ringkuhle Braunkohle ſind von Herrn Kühnert aus Kaſſel, ſowie alle in dieſem Werke überhaupt erwähn- ten, in dem hieſigen Laboratorium ausgeführt worden

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/314
Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/314>, abgerufen am 24.11.2024.