Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.Gift, Contagien, Miasmen. Ausnahme ein unaufhörliches mehr oder weniger starkes Stre-ben, Verbindungen einzugehen (die Oxalsäure z. B. ist die einfachste, die Talgsäure eine der zusammengesetztesten organi- schen Säuren; die erste ist die stärkste, die andere eine der schwächsten in Beziehung auf chemischen Character); durch diese Thätigkeit üben sie überall, wo sich kein Widerstand entgegen- setzt, eine Veränderung aus; sie gehen Verbindungen ein und veranlassen Zersetzung. Es ist die Lebenskraft, welche der unaufhörlichen Einwir- Das größte Wunder im lebenden Organismus ist es Bringen wir in den Magen oder einen andern Theil des Die chemische Action der Substanz hat, wie sich von selbst 21*
Gift, Contagien, Miasmen. Ausnahme ein unaufhörliches mehr oder weniger ſtarkes Stre-ben, Verbindungen einzugehen (die Oxalſäure z. B. iſt die einfachſte, die Talgſäure eine der zuſammengeſetzteſten organi- ſchen Säuren; die erſte iſt die ſtärkſte, die andere eine der ſchwächſten in Beziehung auf chemiſchen Character); durch dieſe Thätigkeit üben ſie überall, wo ſich kein Widerſtand entgegen- ſetzt, eine Veränderung aus; ſie gehen Verbindungen ein und veranlaſſen Zerſetzung. Es iſt die Lebenskraft, welche der unaufhörlichen Einwir- Das größte Wunder im lebenden Organismus iſt es Bringen wir in den Magen oder einen andern Theil des Die chemiſche Action der Subſtanz hat, wie ſich von ſelbſt 21*
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Gift, Contagien, Miasmen.
Ausnahme ein unaufhörliches mehr oder weniger ſtarkes Stre-
ben, Verbindungen einzugehen (die Oxalſäure z. B. iſt die
einfachſte, die Talgſäure eine der zuſammengeſetzteſten organi-
ſchen Säuren; die erſte iſt die ſtärkſte, die andere eine der
ſchwächſten in Beziehung auf chemiſchen Character); durch dieſe
Thätigkeit üben ſie überall, wo ſich kein Widerſtand entgegen-
ſetzt, eine Veränderung aus; ſie gehen Verbindungen ein und
veranlaſſen Zerſetzung.
Es iſt die Lebenskraft, welche der unaufhörlichen Einwir-
kung der Atmoſphäre, der Feuchtigkeit, der Temperatur auf den
Organismus einen, bis zu einem gewiſſen Grade, unüberwind-
lichen Widerſtand entgegenſetzt; es iſt die unaufhörliche Aus-
gleichung, es iſt die ſtete Erneuerung dieſer Thätigkeiten, welche
Bewegung, welche Leben erhält.
Das größte Wunder im lebenden Organismus iſt es
gerade, daß eine unergründliche Weisheit in die Urſache einer
unaufhörlichen Zerſtörung, in die Unterhaltung des Reſpira-
tionsproceſſes, die Quelle der Erneuerung des Organismus,
das Mittel gelegt hat, um allen übrigen atmoſphäriſchen Ein-
flüſſen dem Wechſel der Temperaturen, der Feuchtigkeit zu wi-
derſtehen.
Bringen wir in den Magen oder einen andern Theil des
Organismus eine chemiſche Verbindung von einfacher Zuſam-
menſetzung, die alſo das Vermögen und Streben beſitzt, neue
Verbindungen einzugehen oder Veränderungen zu bewirken, ſo
iſt klar, daß ſie auf alle Materien, die mit ihr in Berührung
kommen, eine chemiſche Action ausüben muß; ſie wird eine
Verbindung einzugehen oder zu verändern ſtreben.
Die chemiſche Action der Subſtanz hat, wie ſich von ſelbſt
verſteht, die Lebenskraft zu überwinden; die letztere ſetzt ihr
einen Widerſtand entgegen, es entſteht je nach der Stärke der
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