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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

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Gift, Contagien, Miasmen.
wältigt, er verbreitet sich demnach entweder durch alle Theile
des Körpers, oder er beschränkt sich lediglich auf gewisse Or-
gane; die Krankheit ergreift je nach der Schwäche oder der
Intensität des Widerstandes alle Organe, oder nur einzelne
Organe.

In der abstract chemischen Bedeutung setzt die Wiedererzeu-
gung eines Contagiums eine Materie voraus, welche gänzlich
zersetzt wird, und eine zweite, welche durch den Act der Meta-
morphose der ersten in Zersetzung übergeht. Diese im Zustande
der Zersetzung begriffene zweite Materie ist das regenerirte
Contagium.

Die zweite Materie ist unter allen Umständen ursprünglich
ein Bestandtheil des Blutes gewesen, die erste kann ein zufäl-
liger oder ein zum Leben ebenfalls nothwendiger sein.

Sind beide Bestandtheile zur Unterhaltung der Lebensfunc-
tionen gewisser Hauptorgane unentbehrlich, so endigt sich die
Metamorphose mit dem Tode.

Wird hingegen durch die Abwesenheit des zerstörten einen
Bestandtheiles des Blutes den Functionen der wichtigsten Or-
gane keine unmittelbare Grenze gesetzt, dauern sie fort, wenn
auch in anormalem Zustande, so erfolgt Reconvaleszenz; die
noch vorhandenen Producte der Metamorphose des Blutes
werden in diesem Falle zur Assimilation selbst verwendet, es
entstehen in diesem Zeitpunkte Secretionen von besonderer Be-
schaffenheit.

Ist der zerstörte Bestandtheil des Blutes ein Product einer
anormalen Lebensweise, gehört seine Erzeugung nur einem ge-
wissen Alter an, so hört mit seinem Verschwinden die Em-
pfänglichkeit für Ansteckung auf.

Die Wirkungsweise der Kuhpocken-Materie beweis't, daß
ein zufälliger Bestandtheil des Blutes in einem besonderen

Gift, Contagien, Miasmen.
wältigt, er verbreitet ſich demnach entweder durch alle Theile
des Körpers, oder er beſchränkt ſich lediglich auf gewiſſe Or-
gane; die Krankheit ergreift je nach der Schwäche oder der
Intenſität des Widerſtandes alle Organe, oder nur einzelne
Organe.

In der abſtract chemiſchen Bedeutung ſetzt die Wiedererzeu-
gung eines Contagiums eine Materie voraus, welche gänzlich
zerſetzt wird, und eine zweite, welche durch den Act der Meta-
morphoſe der erſten in Zerſetzung übergeht. Dieſe im Zuſtande
der Zerſetzung begriffene zweite Materie iſt das regenerirte
Contagium.

Die zweite Materie iſt unter allen Umſtänden urſprünglich
ein Beſtandtheil des Blutes geweſen, die erſte kann ein zufäl-
liger oder ein zum Leben ebenfalls nothwendiger ſein.

Sind beide Beſtandtheile zur Unterhaltung der Lebensfunc-
tionen gewiſſer Hauptorgane unentbehrlich, ſo endigt ſich die
Metamorphoſe mit dem Tode.

Wird hingegen durch die Abweſenheit des zerſtörten einen
Beſtandtheiles des Blutes den Functionen der wichtigſten Or-
gane keine unmittelbare Grenze geſetzt, dauern ſie fort, wenn
auch in anormalem Zuſtande, ſo erfolgt Reconvaleszenz; die
noch vorhandenen Producte der Metamorphoſe des Blutes
werden in dieſem Falle zur Aſſimilation ſelbſt verwendet, es
entſtehen in dieſem Zeitpunkte Secretionen von beſonderer Be-
ſchaffenheit.

Iſt der zerſtörte Beſtandtheil des Blutes ein Product einer
anormalen Lebensweiſe, gehört ſeine Erzeugung nur einem ge-
wiſſen Alter an, ſo hört mit ſeinem Verſchwinden die Em-
pfänglichkeit für Anſteckung auf.

Die Wirkungsweiſe der Kuhpocken-Materie beweiſ’t, daß
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[334/0352] Gift, Contagien, Miasmen. wältigt, er verbreitet ſich demnach entweder durch alle Theile des Körpers, oder er beſchränkt ſich lediglich auf gewiſſe Or- gane; die Krankheit ergreift je nach der Schwäche oder der Intenſität des Widerſtandes alle Organe, oder nur einzelne Organe. In der abſtract chemiſchen Bedeutung ſetzt die Wiedererzeu- gung eines Contagiums eine Materie voraus, welche gänzlich zerſetzt wird, und eine zweite, welche durch den Act der Meta- morphoſe der erſten in Zerſetzung übergeht. Dieſe im Zuſtande der Zerſetzung begriffene zweite Materie iſt das regenerirte Contagium. Die zweite Materie iſt unter allen Umſtänden urſprünglich ein Beſtandtheil des Blutes geweſen, die erſte kann ein zufäl- liger oder ein zum Leben ebenfalls nothwendiger ſein. Sind beide Beſtandtheile zur Unterhaltung der Lebensfunc- tionen gewiſſer Hauptorgane unentbehrlich, ſo endigt ſich die Metamorphoſe mit dem Tode. Wird hingegen durch die Abweſenheit des zerſtörten einen Beſtandtheiles des Blutes den Functionen der wichtigſten Or- gane keine unmittelbare Grenze geſetzt, dauern ſie fort, wenn auch in anormalem Zuſtande, ſo erfolgt Reconvaleszenz; die noch vorhandenen Producte der Metamorphoſe des Blutes werden in dieſem Falle zur Aſſimilation ſelbſt verwendet, es entſtehen in dieſem Zeitpunkte Secretionen von beſonderer Be- ſchaffenheit. Iſt der zerſtörte Beſtandtheil des Blutes ein Product einer anormalen Lebensweiſe, gehört ſeine Erzeugung nur einem ge- wiſſen Alter an, ſo hört mit ſeinem Verſchwinden die Em- pfänglichkeit für Anſteckung auf. Die Wirkungsweiſe der Kuhpocken-Materie beweiſ’t, daß ein zufälliger Beſtandtheil des Blutes in einem beſonderen

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/352>, abgerufen am 27.11.2024.