Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Ursprung und Verhalten des Humus.
der Holzfaser. Der Moder macht den Hauptbestandtheil aller
Braunkohlenlager und des Torfes aus.

In einem Boden, welcher der Luft zugänglich ist, verhält
sich der Humus genau wie an der Luft selbst; er ist eine lang-
same äußerst andauernde Quelle von Kohlensäure.

Um jedes kleinste Theilchen des verwesenden Humus ent-
steht, auf Kosten des Sauerstoffs der Luft, eine Atmosphäre von
Kohlensäure.

In der Cultur wird durch Bearbeitung und Auflockerung
der Erde, der Luft ein möglichst ungehinderter und freier Zu-
tritt verschafft.

Ein so vorbereiteter und feuchter Boden enthält also eine
Atmosphäre von Kohlensäure, und damit die erste und wich-
tigste Nahrung für die junge Pflanze, welche sich darauf ent-
wickeln soll.

Im Frühlinge, wo die Organe fehlen, welche die Natur
bestimmt hat, die Nahrung aus der Atmosphäre aufzunehmen,
wo diese Organe erst gebildet werden, sind es die Bestand-
theile des Saamens, welche zuerst und ausschließlich zur Bil-
dung der Wurzeln verwendet werden; mit jeder Wurzelfaser
erhält die Pflanze einen Mund, eine Lunge, einen Magen.

Von dem Augenblicke an, wo sich die ersten Wurzelfasern
gebildet haben, sind sie es, welche die Functionen der Blätter
übernehmen, sie führen aus der Atmosphäre, in der sie sich
befinden, aus dem Boden nemlich, Nahrung zu; von dem Hu-
mus stammt die Kohlensäure her.

Durch Auflockerung des Bodens um die junge Pflanze, er-
neuern und vervielfältigen wir den Zutritt der Luft, wir be-
günstigen damit die Bildung der Kohlensäure; die Quantität
der erzeugten Nahrung würde sich vermindern mit jeder Schwie-
rigkeit, die sich im Boden dieser Lufterneuerung entgegenstellt;

Urſprung und Verhalten des Humus.
der Holzfaſer. Der Moder macht den Hauptbeſtandtheil aller
Braunkohlenlager und des Torfes aus.

In einem Boden, welcher der Luft zugänglich iſt, verhält
ſich der Humus genau wie an der Luft ſelbſt; er iſt eine lang-
ſame äußerſt andauernde Quelle von Kohlenſäure.

Um jedes kleinſte Theilchen des verweſenden Humus ent-
ſteht, auf Koſten des Sauerſtoffs der Luft, eine Atmoſphäre von
Kohlenſäure.

In der Cultur wird durch Bearbeitung und Auflockerung
der Erde, der Luft ein möglichſt ungehinderter und freier Zu-
tritt verſchafft.

Ein ſo vorbereiteter und feuchter Boden enthält alſo eine
Atmoſphäre von Kohlenſäure, und damit die erſte und wich-
tigſte Nahrung für die junge Pflanze, welche ſich darauf ent-
wickeln ſoll.

Im Frühlinge, wo die Organe fehlen, welche die Natur
beſtimmt hat, die Nahrung aus der Atmoſphäre aufzunehmen,
wo dieſe Organe erſt gebildet werden, ſind es die Beſtand-
theile des Saamens, welche zuerſt und ausſchließlich zur Bil-
dung der Wurzeln verwendet werden; mit jeder Wurzelfaſer
erhält die Pflanze einen Mund, eine Lunge, einen Magen.

Von dem Augenblicke an, wo ſich die erſten Wurzelfaſern
gebildet haben, ſind ſie es, welche die Functionen der Blätter
übernehmen, ſie führen aus der Atmoſphäre, in der ſie ſich
befinden, aus dem Boden nemlich, Nahrung zu; von dem Hu-
mus ſtammt die Kohlenſäure her.

Durch Auflockerung des Bodens um die junge Pflanze, er-
neuern und vervielfältigen wir den Zutritt der Luft, wir be-
günſtigen damit die Bildung der Kohlenſäure; die Quantität
der erzeugten Nahrung würde ſich vermindern mit jeder Schwie-
rigkeit, die ſich im Boden dieſer Lufterneuerung entgegenſtellt;

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0063" n="45"/><fw place="top" type="header">Ur&#x017F;prung und Verhalten des Humus.</fw><lb/>
der Holzfa&#x017F;er. Der Moder macht den Hauptbe&#x017F;tandtheil aller<lb/>
Braunkohlenlager und des Torfes aus.</p><lb/>
          <p>In einem Boden, welcher der Luft zugänglich i&#x017F;t, verhält<lb/>
&#x017F;ich der Humus genau wie an der Luft &#x017F;elb&#x017F;t; er i&#x017F;t eine lang-<lb/>
&#x017F;ame äußer&#x017F;t andauernde Quelle von Kohlen&#x017F;äure.</p><lb/>
          <p>Um jedes klein&#x017F;te Theilchen des verwe&#x017F;enden Humus ent-<lb/>
&#x017F;teht, auf Ko&#x017F;ten des Sauer&#x017F;toffs der Luft, eine Atmo&#x017F;phäre von<lb/>
Kohlen&#x017F;äure.</p><lb/>
          <p>In der Cultur wird durch Bearbeitung und Auflockerung<lb/>
der Erde, der Luft ein möglich&#x017F;t ungehinderter und freier Zu-<lb/>
tritt ver&#x017F;chafft.</p><lb/>
          <p>Ein &#x017F;o vorbereiteter und feuchter Boden enthält al&#x017F;o eine<lb/>
Atmo&#x017F;phäre von Kohlen&#x017F;äure, und damit die er&#x017F;te und wich-<lb/>
tig&#x017F;te Nahrung für die junge Pflanze, welche &#x017F;ich darauf ent-<lb/>
wickeln &#x017F;oll.</p><lb/>
          <p>Im Frühlinge, wo die Organe fehlen, welche die Natur<lb/>
be&#x017F;timmt hat, die Nahrung aus der Atmo&#x017F;phäre aufzunehmen,<lb/>
wo die&#x017F;e Organe er&#x017F;t gebildet werden, &#x017F;ind es die Be&#x017F;tand-<lb/>
theile des Saamens, welche zuer&#x017F;t und aus&#x017F;chließlich zur Bil-<lb/>
dung der Wurzeln verwendet werden; mit jeder Wurzelfa&#x017F;er<lb/>
erhält die Pflanze einen Mund, eine Lunge, einen Magen.</p><lb/>
          <p>Von dem Augenblicke an, wo &#x017F;ich die er&#x017F;ten Wurzelfa&#x017F;ern<lb/>
gebildet haben, &#x017F;ind &#x017F;ie es, welche die Functionen der Blätter<lb/>
übernehmen, &#x017F;ie führen aus der Atmo&#x017F;phäre, in der &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
befinden, aus dem Boden nemlich, Nahrung zu; von dem Hu-<lb/>
mus &#x017F;tammt die Kohlen&#x017F;äure her.</p><lb/>
          <p>Durch Auflockerung des Bodens um die junge Pflanze, er-<lb/>
neuern und vervielfältigen wir den Zutritt der Luft, wir be-<lb/>
gün&#x017F;tigen damit die Bildung der Kohlen&#x017F;äure; die Quantität<lb/>
der erzeugten Nahrung würde &#x017F;ich vermindern mit jeder Schwie-<lb/>
rigkeit, die &#x017F;ich im Boden die&#x017F;er Lufterneuerung entgegen&#x017F;tellt;<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[45/0063] Urſprung und Verhalten des Humus. der Holzfaſer. Der Moder macht den Hauptbeſtandtheil aller Braunkohlenlager und des Torfes aus. In einem Boden, welcher der Luft zugänglich iſt, verhält ſich der Humus genau wie an der Luft ſelbſt; er iſt eine lang- ſame äußerſt andauernde Quelle von Kohlenſäure. Um jedes kleinſte Theilchen des verweſenden Humus ent- ſteht, auf Koſten des Sauerſtoffs der Luft, eine Atmoſphäre von Kohlenſäure. In der Cultur wird durch Bearbeitung und Auflockerung der Erde, der Luft ein möglichſt ungehinderter und freier Zu- tritt verſchafft. Ein ſo vorbereiteter und feuchter Boden enthält alſo eine Atmoſphäre von Kohlenſäure, und damit die erſte und wich- tigſte Nahrung für die junge Pflanze, welche ſich darauf ent- wickeln ſoll. Im Frühlinge, wo die Organe fehlen, welche die Natur beſtimmt hat, die Nahrung aus der Atmoſphäre aufzunehmen, wo dieſe Organe erſt gebildet werden, ſind es die Beſtand- theile des Saamens, welche zuerſt und ausſchließlich zur Bil- dung der Wurzeln verwendet werden; mit jeder Wurzelfaſer erhält die Pflanze einen Mund, eine Lunge, einen Magen. Von dem Augenblicke an, wo ſich die erſten Wurzelfaſern gebildet haben, ſind ſie es, welche die Functionen der Blätter übernehmen, ſie führen aus der Atmoſphäre, in der ſie ſich befinden, aus dem Boden nemlich, Nahrung zu; von dem Hu- mus ſtammt die Kohlenſäure her. Durch Auflockerung des Bodens um die junge Pflanze, er- neuern und vervielfältigen wir den Zutritt der Luft, wir be- günſtigen damit die Bildung der Kohlenſäure; die Quantität der erzeugten Nahrung würde ſich vermindern mit jeder Schwie- rigkeit, die ſich im Boden dieſer Lufterneuerung entgegenſtellt;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/63
Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/63>, abgerufen am 24.11.2024.