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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842.

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Der chemische Proceß der

Der Harn der fleischfressenden Thiere ist sauer, wir ha-
ben darin alkalische Basen mit Harnsäure, mit Phosphorsäure
und Schwefelsäure vereinigt. Wir wissen genau, aus wel-
cher Quelle diese beiden Säuren stammen. Alle Gebilde, bis
auf Zellen und Membranen, enthalten Phosphorsäure und
Schwefel, der durch den Sauerstoff des arteriellen Blutes in
Schwefelsäure verwandelt wird. In den verschiedenen Flüs-
sigkeiten des Thierkörpers finden wir nur Spuren von phos-
phorsauren oder schwefelsauren Salzen, aber in dem Harn
finden wir beide in reichlicher Menge. Es ist klar, sie stam-
men beide von dem Phosphor und Schwefel der Gebilde,
die sich umgesetzt haben; sie gelangen als lösliche Salze in
das Blut und werden bei ihrem Durchgang durch die Nie-
ren davon geschieden.

Der Harn der grasfressenden Thiere ist alkalisch; er ent-
hält kohlensaures Alkali in überwiegender Menge und eine
so geringe Menge von phosphorsaurem Alkali, daß sie von
den meisten Beobachtern übersehen worden ist.

Der Mangel, oder, wenn man will, die Abwesenheit der
phosphorsauren Alkalien in dem Harn der grasfressenden
Thiere zeigt offenbar, daß diese löslichen Salze zu bestimm-
ten Zwecken verwendet werden; denn wenn wir annehmen,
ein Pferd verzehre eine dem Gehalte des Stickstoffs (8 9/10
Loth) in seinen Nahrungsmitteln entsprechende Menge Pflan-
zenfibrin oder -Albumin, und wenn wir den umgesetzten
Theil der Gebilde gleichsetzen dem neugebildeten, so ist die
Quantität der Phosphorsäure, die wir in dem Urin (in

Der chemiſche Proceß der

Der Harn der fleiſchfreſſenden Thiere iſt ſauer, wir ha-
ben darin alkaliſche Baſen mit Harnſäure, mit Phosphorſäure
und Schwefelſäure vereinigt. Wir wiſſen genau, aus wel-
cher Quelle dieſe beiden Säuren ſtammen. Alle Gebilde, bis
auf Zellen und Membranen, enthalten Phosphorſäure und
Schwefel, der durch den Sauerſtoff des arteriellen Blutes in
Schwefelſäure verwandelt wird. In den verſchiedenen Flüſ-
ſigkeiten des Thierkörpers finden wir nur Spuren von phos-
phorſauren oder ſchwefelſauren Salzen, aber in dem Harn
finden wir beide in reichlicher Menge. Es iſt klar, ſie ſtam-
men beide von dem Phosphor und Schwefel der Gebilde,
die ſich umgeſetzt haben; ſie gelangen als lösliche Salze in
das Blut und werden bei ihrem Durchgang durch die Nie-
ren davon geſchieden.

Der Harn der grasfreſſenden Thiere iſt alkaliſch; er ent-
hält kohlenſaures Alkali in überwiegender Menge und eine
ſo geringe Menge von phosphorſaurem Alkali, daß ſie von
den meiſten Beobachtern überſehen worden iſt.

Der Mangel, oder, wenn man will, die Abweſenheit der
phosphorſauren Alkalien in dem Harn der grasfreſſenden
Thiere zeigt offenbar, daß dieſe löslichen Salze zu beſtimm-
ten Zwecken verwendet werden; denn wenn wir annehmen,
ein Pferd verzehre eine dem Gehalte des Stickſtoffs (8 9/10
Loth) in ſeinen Nahrungsmitteln entſprechende Menge Pflan-
zenfibrin oder -Albumin, und wenn wir den umgeſetzten
Theil der Gebilde gleichſetzen dem neugebildeten, ſo iſt die
Quantität der Phosphorſäure, die wir in dem Urin (in

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[80/0104] Der chemiſche Proceß der Der Harn der fleiſchfreſſenden Thiere iſt ſauer, wir ha- ben darin alkaliſche Baſen mit Harnſäure, mit Phosphorſäure und Schwefelſäure vereinigt. Wir wiſſen genau, aus wel- cher Quelle dieſe beiden Säuren ſtammen. Alle Gebilde, bis auf Zellen und Membranen, enthalten Phosphorſäure und Schwefel, der durch den Sauerſtoff des arteriellen Blutes in Schwefelſäure verwandelt wird. In den verſchiedenen Flüſ- ſigkeiten des Thierkörpers finden wir nur Spuren von phos- phorſauren oder ſchwefelſauren Salzen, aber in dem Harn finden wir beide in reichlicher Menge. Es iſt klar, ſie ſtam- men beide von dem Phosphor und Schwefel der Gebilde, die ſich umgeſetzt haben; ſie gelangen als lösliche Salze in das Blut und werden bei ihrem Durchgang durch die Nie- ren davon geſchieden. Der Harn der grasfreſſenden Thiere iſt alkaliſch; er ent- hält kohlenſaures Alkali in überwiegender Menge und eine ſo geringe Menge von phosphorſaurem Alkali, daß ſie von den meiſten Beobachtern überſehen worden iſt. Der Mangel, oder, wenn man will, die Abweſenheit der phosphorſauren Alkalien in dem Harn der grasfreſſenden Thiere zeigt offenbar, daß dieſe löslichen Salze zu beſtimm- ten Zwecken verwendet werden; denn wenn wir annehmen, ein Pferd verzehre eine dem Gehalte des Stickſtoffs (8 9/10 Loth) in ſeinen Nahrungsmitteln entſprechende Menge Pflan- zenfibrin oder -Albumin, und wenn wir den umgeſetzten Theil der Gebilde gleichſetzen dem neugebildeten, ſo iſt die Quantität der Phosphorſäure, die wir in dem Urin (in

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842/104>, abgerufen am 21.11.2024.