Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842.

Bild:
<< vorherige Seite

Umsetzung der Gebilde.
nauer Ausdruck dafür ist. Eine den Analysen entsprechendere
Formel ist C32 H54 N10 O12 oder, nach Mulder's Analyse
berechnet, die Formel C54 H84 N18 O20 *).

Nach der ersten Formel wäre Kohlenstoff und Wasser-
stoff, nach den beiden andern wäre ein gewisses Verhältniß
aller Elemente ausgetreten.

19. Als das für uns wichtigste Resultat in der Betrachtung
der Zusammensetzung der Leimsubstanz muß als eine unleug-
bare Wahrheit angenommen werden, daß sie, obwohl aus
Protein-Verbindungen entstanden, aus der Reihe der Protein-
Verbindungen herausgetreten ist. Ihr chemisches Verhalten
und ihre Zusammensetzung rechtfertigt diesen Schluß.

Keine Beobachtung steht dem Erfahrungsgesetz entgegen,
wonach die Natur ausschließlich nur Protein-Verbindungen
zur Blutbildung bestimmt. In den Vegetabilien existirt
kein der Leimsubstanz ähnlicher Körper, sie ist keine Protein-
Verbindung, sie enthält keinen Phosphor, keinen Schwefel,
sie enthält mehr Stickstoff oder weniger Kohlenstoff wie
das Protein. Durch die Lebensthätigkeit der zur Blutbil-
dung bestimmten Organe nehmen die Protein-Verbindungen
eine neue Form an, aber in ihrer Zusammensetzung erleiden
sie keine Veränderung; diese Organe besitzen, soweit unsere
Erfahrungen reichen, das Vermögen nicht, Protein-Verbin-
dungen kraft einer einwirkenden Thätigkeit zu erzeugen

*) Die Formel, welche Mulder angenommen hat, C52 H80 N16 O20
giebt in der berechneten procentischen Zusammensetzung zu wenig
Stickstoff.
9*

Umſetzung der Gebilde.
nauer Ausdruck dafür iſt. Eine den Analyſen entſprechendere
Formel iſt C32 H54 N10 O12 oder, nach Mulder’s Analyſe
berechnet, die Formel C54 H84 N18 O20 *).

Nach der erſten Formel wäre Kohlenſtoff und Waſſer-
ſtoff, nach den beiden andern wäre ein gewiſſes Verhältniß
aller Elemente ausgetreten.

19. Als das für uns wichtigſte Reſultat in der Betrachtung
der Zuſammenſetzung der Leimſubſtanz muß als eine unleug-
bare Wahrheit angenommen werden, daß ſie, obwohl aus
Protein-Verbindungen entſtanden, aus der Reihe der Protein-
Verbindungen herausgetreten iſt. Ihr chemiſches Verhalten
und ihre Zuſammenſetzung rechtfertigt dieſen Schluß.

Keine Beobachtung ſteht dem Erfahrungsgeſetz entgegen,
wonach die Natur ausſchließlich nur Protein-Verbindungen
zur Blutbildung beſtimmt. In den Vegetabilien exiſtirt
kein der Leimſubſtanz ähnlicher Körper, ſie iſt keine Protein-
Verbindung, ſie enthält keinen Phosphor, keinen Schwefel,
ſie enthält mehr Stickſtoff oder weniger Kohlenſtoff wie
das Protein. Durch die Lebensthätigkeit der zur Blutbil-
dung beſtimmten Organe nehmen die Protein-Verbindungen
eine neue Form an, aber in ihrer Zuſammenſetzung erleiden
ſie keine Veränderung; dieſe Organe beſitzen, ſoweit unſere
Erfahrungen reichen, das Vermögen nicht, Protein-Verbin-
dungen kraft einer einwirkenden Thätigkeit zu erzeugen

*) Die Formel, welche Mulder angenommen hat, C52 H80 N16 O20
giebt in der berechneten procentiſchen Zuſammenſetzung zu wenig
Stickſtoff.
9*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0155" n="131"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Um&#x017F;etzung der Gebilde</hi>.</fw><lb/>
nauer Ausdruck dafür i&#x017F;t. Eine den Analy&#x017F;en ent&#x017F;prechendere<lb/>
Formel i&#x017F;t <hi rendition="#aq">C<hi rendition="#sub">32</hi> H<hi rendition="#sub">54</hi> N<hi rendition="#sub">10</hi> O<hi rendition="#sub">12</hi></hi> oder, nach <hi rendition="#g">Mulder&#x2019;s</hi> Analy&#x017F;e<lb/>
berechnet, die Formel <hi rendition="#aq">C<hi rendition="#sub">54</hi> H<hi rendition="#sub">84</hi> N<hi rendition="#sub">18</hi> O<hi rendition="#sub">20</hi></hi> <note place="foot" n="*)">Die Formel, welche <hi rendition="#g">Mulder</hi> angenommen hat, <hi rendition="#aq">C<hi rendition="#sub">52</hi> H<hi rendition="#sub">80</hi> N<hi rendition="#sub">16</hi> O<hi rendition="#sub">20</hi></hi><lb/>
giebt in der berechneten procenti&#x017F;chen Zu&#x017F;ammen&#x017F;etzung zu wenig<lb/>
Stick&#x017F;toff.</note>.</p><lb/>
          <p>Nach der er&#x017F;ten Formel wäre Kohlen&#x017F;toff und Wa&#x017F;&#x017F;er-<lb/>
&#x017F;toff, nach den beiden andern wäre ein gewi&#x017F;&#x017F;es Verhältniß<lb/>
aller Elemente ausgetreten.</p><lb/>
          <p>19. Als das für uns wichtig&#x017F;te Re&#x017F;ultat in der Betrachtung<lb/>
der Zu&#x017F;ammen&#x017F;etzung der Leim&#x017F;ub&#x017F;tanz muß als eine unleug-<lb/>
bare Wahrheit angenommen werden, daß &#x017F;ie, obwohl aus<lb/>
Protein-Verbindungen ent&#x017F;tanden, aus der Reihe der Protein-<lb/>
Verbindungen herausgetreten i&#x017F;t. Ihr chemi&#x017F;ches Verhalten<lb/>
und ihre Zu&#x017F;ammen&#x017F;etzung rechtfertigt die&#x017F;en Schluß.</p><lb/>
          <p>Keine Beobachtung &#x017F;teht dem Erfahrungsge&#x017F;etz entgegen,<lb/>
wonach die Natur aus&#x017F;chließlich nur Protein-Verbindungen<lb/>
zur Blutbildung be&#x017F;timmt. In den Vegetabilien exi&#x017F;tirt<lb/>
kein der Leim&#x017F;ub&#x017F;tanz ähnlicher Körper, &#x017F;ie i&#x017F;t keine Protein-<lb/>
Verbindung, &#x017F;ie enthält keinen Phosphor, keinen Schwefel,<lb/>
&#x017F;ie enthält mehr Stick&#x017F;toff oder weniger Kohlen&#x017F;toff wie<lb/>
das Protein. Durch die Lebensthätigkeit der zur Blutbil-<lb/>
dung be&#x017F;timmten Organe nehmen die Protein-Verbindungen<lb/>
eine neue Form an, aber in ihrer Zu&#x017F;ammen&#x017F;etzung erleiden<lb/>
&#x017F;ie keine Veränderung; die&#x017F;e Organe be&#x017F;itzen, &#x017F;oweit un&#x017F;ere<lb/>
Erfahrungen reichen, das Vermögen nicht, Protein-Verbin-<lb/>
dungen kraft einer einwirkenden Thätigkeit zu erzeugen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">9*</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[131/0155] Umſetzung der Gebilde. nauer Ausdruck dafür iſt. Eine den Analyſen entſprechendere Formel iſt C32 H54 N10 O12 oder, nach Mulder’s Analyſe berechnet, die Formel C54 H84 N18 O20 *). Nach der erſten Formel wäre Kohlenſtoff und Waſſer- ſtoff, nach den beiden andern wäre ein gewiſſes Verhältniß aller Elemente ausgetreten. 19. Als das für uns wichtigſte Reſultat in der Betrachtung der Zuſammenſetzung der Leimſubſtanz muß als eine unleug- bare Wahrheit angenommen werden, daß ſie, obwohl aus Protein-Verbindungen entſtanden, aus der Reihe der Protein- Verbindungen herausgetreten iſt. Ihr chemiſches Verhalten und ihre Zuſammenſetzung rechtfertigt dieſen Schluß. Keine Beobachtung ſteht dem Erfahrungsgeſetz entgegen, wonach die Natur ausſchließlich nur Protein-Verbindungen zur Blutbildung beſtimmt. In den Vegetabilien exiſtirt kein der Leimſubſtanz ähnlicher Körper, ſie iſt keine Protein- Verbindung, ſie enthält keinen Phosphor, keinen Schwefel, ſie enthält mehr Stickſtoff oder weniger Kohlenſtoff wie das Protein. Durch die Lebensthätigkeit der zur Blutbil- dung beſtimmten Organe nehmen die Protein-Verbindungen eine neue Form an, aber in ihrer Zuſammenſetzung erleiden ſie keine Veränderung; dieſe Organe beſitzen, ſoweit unſere Erfahrungen reichen, das Vermögen nicht, Protein-Verbin- dungen kraft einer einwirkenden Thätigkeit zu erzeugen *) Die Formel, welche Mulder angenommen hat, C52 H80 N16 O20 giebt in der berechneten procentiſchen Zuſammenſetzung zu wenig Stickſtoff. 9*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842/155
Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842/155>, abgerufen am 07.05.2024.