verwendet werden muß, theils um die Elemente der com- plexen stickstoffhaltigen Bestandtheile, in der Form, Beschaf- fenheit und Ordnung zu erhalten, die ihnen zukommt, theils als Widerstand gegen die unaufhörliche Einwirkung des Sauerstoffs der Luft auf ihre Elemente, so wie des Sauer- stoffs, der in ihrem Organismus durch den Lebensproceß abgeschieden wird.
Mit der Zunahme an diesen veränderlichen Bestandthei- len, in der Blüthe z. B. und in der Frucht, wächst die Summe von chemischer Kraft, deren freie Aeußerung durch ein entsprechendes Maß von Lebenskraft im Gleichgewicht gehalten, als Widerstand verbraucht wird.
Die Pflanze nimmt so lange an Masse zu, bis sich die in ihr wohnende Lebenskraft mit allen äußeren Ursachen, die ihrer Aeußerung entgegenwirken, ins Gleichgewicht ge- setzt hat, eine jede neue Ursache von Störung, die sich den vorhandenen hinzufügt (Temperaturwechsel etc.), nimmt ihr jetzt die Fähigkeit, Widerstand zu leisten, sie stirbt ab.
In den perennirenden Pflanzen (den Holzpflanzen z. B.) ist die Masse der veränderlichen Bestandtheile (der stickstoff- haltigen), verglichen mit den stickstofffreien, so klein, daß von der ganzen Summe von Kraft, als Widerstand, nur ein verschwindendes Moment verbraucht wird; bei den jähri- gen Pflanzen ist dieses Verhältniß umgekehrt.
In allen Perioden des Lebens einer Pflanze wird die vorhandene active (durch Widerstände nicht aufgehobene) Le- benskraft nur zu einer Form von Lebensäußerung verwen-
Die Bewegungserſcheinungen
verwendet werden muß, theils um die Elemente der com- plexen ſtickſtoffhaltigen Beſtandtheile, in der Form, Beſchaf- fenheit und Ordnung zu erhalten, die ihnen zukommt, theils als Widerſtand gegen die unaufhörliche Einwirkung des Sauerſtoffs der Luft auf ihre Elemente, ſo wie des Sauer- ſtoffs, der in ihrem Organismus durch den Lebensproceß abgeſchieden wird.
Mit der Zunahme an dieſen veränderlichen Beſtandthei- len, in der Blüthe z. B. und in der Frucht, wächſt die Summe von chemiſcher Kraft, deren freie Aeußerung durch ein entſprechendes Maß von Lebenskraft im Gleichgewicht gehalten, als Widerſtand verbraucht wird.
Die Pflanze nimmt ſo lange an Maſſe zu, bis ſich die in ihr wohnende Lebenskraft mit allen äußeren Urſachen, die ihrer Aeußerung entgegenwirken, ins Gleichgewicht ge- ſetzt hat, eine jede neue Urſache von Störung, die ſich den vorhandenen hinzufügt (Temperaturwechſel ꝛc.), nimmt ihr jetzt die Fähigkeit, Widerſtand zu leiſten, ſie ſtirbt ab.
In den perennirenden Pflanzen (den Holzpflanzen z. B.) iſt die Maſſe der veränderlichen Beſtandtheile (der ſtickſtoff- haltigen), verglichen mit den ſtickſtofffreien, ſo klein, daß von der ganzen Summe von Kraft, als Widerſtand, nur ein verſchwindendes Moment verbraucht wird; bei den jähri- gen Pflanzen iſt dieſes Verhältniß umgekehrt.
In allen Perioden des Lebens einer Pflanze wird die vorhandene active (durch Widerſtände nicht aufgehobene) Le- benskraft nur zu einer Form von Lebensäußerung verwen-
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Die Bewegungserſcheinungen
verwendet werden muß, theils um die Elemente der com-
plexen ſtickſtoffhaltigen Beſtandtheile, in der Form, Beſchaf-
fenheit und Ordnung zu erhalten, die ihnen zukommt, theils
als Widerſtand gegen die unaufhörliche Einwirkung des
Sauerſtoffs der Luft auf ihre Elemente, ſo wie des Sauer-
ſtoffs, der in ihrem Organismus durch den Lebensproceß
abgeſchieden wird.
Mit der Zunahme an dieſen veränderlichen Beſtandthei-
len, in der Blüthe z. B. und in der Frucht, wächſt die
Summe von chemiſcher Kraft, deren freie Aeußerung durch
ein entſprechendes Maß von Lebenskraft im Gleichgewicht
gehalten, als Widerſtand verbraucht wird.
Die Pflanze nimmt ſo lange an Maſſe zu, bis ſich die
in ihr wohnende Lebenskraft mit allen äußeren Urſachen,
die ihrer Aeußerung entgegenwirken, ins Gleichgewicht ge-
ſetzt hat, eine jede neue Urſache von Störung, die ſich den
vorhandenen hinzufügt (Temperaturwechſel ꝛc.), nimmt ihr
jetzt die Fähigkeit, Widerſtand zu leiſten, ſie ſtirbt ab.
In den perennirenden Pflanzen (den Holzpflanzen z. B.)
iſt die Maſſe der veränderlichen Beſtandtheile (der ſtickſtoff-
haltigen), verglichen mit den ſtickſtofffreien, ſo klein, daß
von der ganzen Summe von Kraft, als Widerſtand, nur
ein verſchwindendes Moment verbraucht wird; bei den jähri-
gen Pflanzen iſt dieſes Verhältniß umgekehrt.
In allen Perioden des Lebens einer Pflanze wird die
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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842/242>, abgerufen am 16.02.2025.
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