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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842.

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Analytische Belege.
löslichen organischen Bestandtheile an Bleioxyd binden und
das Bleioxyd wieder davon scheiden, so haben wir einen
Körper (Choleinsäure), der mit Natron zusammengebracht eine
der Galle dem Geschmacke nach ähnliche Verbindung wieder bil-
det, allein es ist keine Galle mehr; die Galle kann mit Pflanzen-
säuren, ja mit verdünnten Mineralsäuren, vermischt werden,
ohne Trübung, ohne einen Niederschlag zu bilden, während die
ebenerwähnte Verbindung der Choleinsäure durch die schwäch-
sten Säuren zersetzt und alle Choleinsäure wieder abgeschie-
den wird. Die Galle ist demnach keineswegs als cholein-
saures Natron zu betrachten. In welchem Zustande, kann
man weiter fragen, ist das Cholsterin, die Margarin- und
Talgsäure, die man darin nachweis't, in der Galle enthalten?
Das Cholsterin ist in Wasser nicht löslich, mit Alkalien nicht
verseifbar, die Verbindungen der genannten, fetten Säuren
mit Alkalien, wären sie wirklich als Seifen in der Galle
enthalten, sie müßten durch Säuren mit der größten Leich-
tigkeit abgeschieden werden. Allein es erfolgt durch verdünnte
Säuren keine Abscheidung von Margarin- oder Talgsäure.

Es ist möglich, daß in neuen und wiederholten Unter-
suchungen Abweichungen in der procentischen Zusammense-
tzung, von der in den analytischen Entwicklungen gegebenen
sich herausstellen werden, allein auf die Formel selbst kann
dies nur von geringem Einfluß sein; wenn das relative Ver-
hältniß des Kohlenstoffs zum Stickstoff sich nicht ändert, so
werden sich diese Abweichungen auf den Sauerstoff und Was-
serstoffgehalt beschränken; man wird alsdann für die Ausein-

Analytiſche Belege.
löslichen organiſchen Beſtandtheile an Bleioxyd binden und
das Bleioxyd wieder davon ſcheiden, ſo haben wir einen
Körper (Choleinſäure), der mit Natron zuſammengebracht eine
der Galle dem Geſchmacke nach ähnliche Verbindung wieder bil-
det, allein es iſt keine Galle mehr; die Galle kann mit Pflanzen-
ſäuren, ja mit verdünnten Mineralſäuren, vermiſcht werden,
ohne Trübung, ohne einen Niederſchlag zu bilden, während die
ebenerwähnte Verbindung der Choleinſäure durch die ſchwäch-
ſten Säuren zerſetzt und alle Choleinſäure wieder abgeſchie-
den wird. Die Galle iſt demnach keineswegs als cholein-
ſaures Natron zu betrachten. In welchem Zuſtande, kann
man weiter fragen, iſt das Cholſterin, die Margarin- und
Talgſäure, die man darin nachweiſ’t, in der Galle enthalten?
Das Cholſterin iſt in Waſſer nicht löslich, mit Alkalien nicht
verſeifbar, die Verbindungen der genannten, fetten Säuren
mit Alkalien, wären ſie wirklich als Seifen in der Galle
enthalten, ſie müßten durch Säuren mit der größten Leich-
tigkeit abgeſchieden werden. Allein es erfolgt durch verdünnte
Säuren keine Abſcheidung von Margarin- oder Talgſäure.

Es iſt möglich, daß in neuen und wiederholten Unter-
ſuchungen Abweichungen in der procentiſchen Zuſammenſe-
tzung, von der in den analytiſchen Entwicklungen gegebenen
ſich herausſtellen werden, allein auf die Formel ſelbſt kann
dies nur von geringem Einfluß ſein; wenn das relative Ver-
hältniß des Kohlenſtoffs zum Stickſtoff ſich nicht ändert, ſo
werden ſich dieſe Abweichungen auf den Sauerſtoff und Waſ-
ſerſtoffgehalt beſchränken; man wird alsdann für die Ausein-

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[328/0352] Analytiſche Belege. löslichen organiſchen Beſtandtheile an Bleioxyd binden und das Bleioxyd wieder davon ſcheiden, ſo haben wir einen Körper (Choleinſäure), der mit Natron zuſammengebracht eine der Galle dem Geſchmacke nach ähnliche Verbindung wieder bil- det, allein es iſt keine Galle mehr; die Galle kann mit Pflanzen- ſäuren, ja mit verdünnten Mineralſäuren, vermiſcht werden, ohne Trübung, ohne einen Niederſchlag zu bilden, während die ebenerwähnte Verbindung der Choleinſäure durch die ſchwäch- ſten Säuren zerſetzt und alle Choleinſäure wieder abgeſchie- den wird. Die Galle iſt demnach keineswegs als cholein- ſaures Natron zu betrachten. In welchem Zuſtande, kann man weiter fragen, iſt das Cholſterin, die Margarin- und Talgſäure, die man darin nachweiſ’t, in der Galle enthalten? Das Cholſterin iſt in Waſſer nicht löslich, mit Alkalien nicht verſeifbar, die Verbindungen der genannten, fetten Säuren mit Alkalien, wären ſie wirklich als Seifen in der Galle enthalten, ſie müßten durch Säuren mit der größten Leich- tigkeit abgeſchieden werden. Allein es erfolgt durch verdünnte Säuren keine Abſcheidung von Margarin- oder Talgſäure. Es iſt möglich, daß in neuen und wiederholten Unter- ſuchungen Abweichungen in der procentiſchen Zuſammenſe- tzung, von der in den analytiſchen Entwicklungen gegebenen ſich herausſtellen werden, allein auf die Formel ſelbſt kann dies nur von geringem Einfluß ſein; wenn das relative Ver- hältniß des Kohlenſtoffs zum Stickſtoff ſich nicht ändert, ſo werden ſich dieſe Abweichungen auf den Sauerſtoff und Waſ- ſerſtoffgehalt beſchränken; man wird alsdann für die Ausein-

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842/352>, abgerufen am 22.11.2024.