Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883].Papst Gregor wohnt im großen Rom, Sein Antlitz ist so milde. Er betet heut im Petersdom Allein zum Jesusbilde. Wer sieht scheu sich im Tempel um, Wahnsinnig und verzweiflungsstumm, Wer ringt die weißen Hände, Ach, daß sie Ruhe fände. Sie sieht den Greis am Hochaltar Unklar durch goldene Trallen, Und ist mit aufgelöstem Haar Zu Füßen ihm gefallen. Er neigt ihr zu den alten Leib So liebevoll: Was quält dich, Weib? Es beichtet ihre Sünde Die Gräfin Orlamünde. Und lange schweigt der Papst Gregor, Fern allem Erdenstrome. Dann hebt die Frau sanft er empor, Ein Engel singt im Dome: Es ließ der Herr den Frevel zu, Er gebe Frieden dir und Ruh. Von Gregors Arm umfangen, Ist sie zu Gott gegangen. Papſt Gregor wohnt im großen Rom, Sein Antlitz iſt ſo milde. Er betet heut im Petersdom Allein zum Jeſusbilde. Wer ſieht ſcheu ſich im Tempel um, Wahnſinnig und verzweiflungsſtumm, Wer ringt die weißen Hände, Ach, daß ſie Ruhe fände. Sie ſieht den Greis am Hochaltar Unklar durch goldene Trallen, Und iſt mit aufgelöſtem Haar Zu Füßen ihm gefallen. Er neigt ihr zu den alten Leib So liebevoll: Was quält dich, Weib? Es beichtet ihre Sünde Die Gräfin Orlamünde. Und lange ſchweigt der Papſt Gregor, Fern allem Erdenſtrome. Dann hebt die Frau ſanft er empor, Ein Engel ſingt im Dome: Es ließ der Herr den Frevel zu, Er gebe Frieden dir und Ruh. Von Gregors Arm umfangen, Iſt ſie zu Gott gegangen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0114" n="106"/> <lg n="11"> <l>Papſt Gregor wohnt im großen Rom,</l><lb/> <l>Sein Antlitz iſt ſo milde.</l><lb/> <l>Er betet heut im Petersdom</l><lb/> <l>Allein zum Jeſusbilde.</l><lb/> <l>Wer ſieht ſcheu ſich im Tempel um,</l><lb/> <l>Wahnſinnig und verzweiflungsſtumm,</l><lb/> <l>Wer ringt die weißen Hände,</l><lb/> <l>Ach, daß ſie Ruhe fände.</l> </lg><lb/> <lg n="12"> <l>Sie ſieht den Greis am Hochaltar</l><lb/> <l>Unklar durch goldene Trallen,</l><lb/> <l>Und iſt mit aufgelöſtem Haar</l><lb/> <l>Zu Füßen ihm gefallen.</l><lb/> <l>Er neigt ihr zu den alten Leib</l><lb/> <l>So liebevoll: Was quält dich, Weib?</l><lb/> <l>Es beichtet ihre Sünde</l><lb/> <l>Die Gräfin Orlamünde.</l> </lg><lb/> <lg n="13"> <l>Und lange ſchweigt der Papſt Gregor,</l><lb/> <l>Fern allem Erdenſtrome.</l><lb/> <l>Dann hebt die Frau ſanft er empor,</l><lb/> <l>Ein Engel ſingt im Dome:</l><lb/> <l>Es ließ der Herr den Frevel zu,</l><lb/> <l>Er gebe Frieden dir und Ruh.</l><lb/> <l>Von Gregors Arm umfangen,</l><lb/> <l>Iſt ſie zu Gott gegangen.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </body> </text> </TEI> [106/0114]
Papſt Gregor wohnt im großen Rom,
Sein Antlitz iſt ſo milde.
Er betet heut im Petersdom
Allein zum Jeſusbilde.
Wer ſieht ſcheu ſich im Tempel um,
Wahnſinnig und verzweiflungsſtumm,
Wer ringt die weißen Hände,
Ach, daß ſie Ruhe fände.
Sie ſieht den Greis am Hochaltar
Unklar durch goldene Trallen,
Und iſt mit aufgelöſtem Haar
Zu Füßen ihm gefallen.
Er neigt ihr zu den alten Leib
So liebevoll: Was quält dich, Weib?
Es beichtet ihre Sünde
Die Gräfin Orlamünde.
Und lange ſchweigt der Papſt Gregor,
Fern allem Erdenſtrome.
Dann hebt die Frau ſanft er empor,
Ein Engel ſingt im Dome:
Es ließ der Herr den Frevel zu,
Er gebe Frieden dir und Ruh.
Von Gregors Arm umfangen,
Iſt ſie zu Gott gegangen.
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