Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883]."Die Kleider zieh' aus, und gieb sie mir her, Sonst spann' ich dich in den Block." Der gab ihm zitternd Horn und Speer, Und gab ihm seinen Rock. Im Walde zog ein Hirsch vertraut, Ein Hirsch mit starkem Geweih. Vor des Grafen Kammer wird es laut, Der hat in den Lidern noch Blei. "Graf Alf, es zieht im Morgenrot Ein Hirsch. Wach auf, wach auf." Herr Hartwich stieß den Grafen tot: "Nimm du zur Hölle den Lauf." Der Page sah's, Herrn Hartwichs Sohn, Er stund wohl nah dabei: "Maria sah's vom Himmelsthron, O Vater, daß Gott dir verzeih." Er küßt seinen Knaben mit wildem Schmerz, Dann starb am Himmel ein Stern. "Nun schilt dich nimmer ein Menschenherz Verräther deines Herrn." Stolz schreitet der Ritter den Burgberg hinab, Ein Schäfer blies auf der Schalmei. Vier Mönche murmeln am Marmorgrab, Und draußen lachte der Mai. „Die Kleider zieh’ aus, und gieb ſie mir her, Sonſt ſpann’ ich dich in den Block.“ Der gab ihm zitternd Horn und Speer, Und gab ihm ſeinen Rock. Im Walde zog ein Hirſch vertraut, Ein Hirſch mit ſtarkem Geweih. Vor des Grafen Kammer wird es laut, Der hat in den Lidern noch Blei. „Graf Alf, es zieht im Morgenrot Ein Hirſch. Wach auf, wach auf.“ Herr Hartwich ſtieß den Grafen tot: „Nimm du zur Hölle den Lauf.“ Der Page ſah’s, Herrn Hartwichs Sohn, Er ſtund wohl nah dabei: „Maria ſah’s vom Himmelsthron, O Vater, daß Gott dir verzeih.“ Er küßt ſeinen Knaben mit wildem Schmerz, Dann ſtarb am Himmel ein Stern. „Nun ſchilt dich nimmer ein Menſchenherz Verräther deines Herrn.“ Stolz ſchreitet der Ritter den Burgberg hinab, Ein Schäfer blies auf der Schalmei. Vier Mönche murmeln am Marmorgrab, Und draußen lachte der Mai. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0116" n="108"/> <lg n="7"> <l>„Die Kleider zieh’ aus, und gieb ſie mir her,</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Sonſt ſpann’ ich dich in den Block.“</hi> </l><lb/> <l>Der gab ihm zitternd Horn und Speer,</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Und gab ihm ſeinen Rock.</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Im Walde zog ein Hirſch vertraut,</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Ein Hirſch mit ſtarkem Geweih.</hi> </l><lb/> <l>Vor des Grafen Kammer wird es laut,</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Der hat in den Lidern noch Blei.</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l>„Graf Alf, es zieht im Morgenrot</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Ein Hirſch. Wach auf, wach auf.“</hi> </l><lb/> <l>Herr Hartwich ſtieß den Grafen tot:</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">„Nimm du zur Hölle den Lauf.“</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l>Der Page ſah’s, Herrn Hartwichs Sohn,</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Er ſtund wohl nah dabei:</hi> </l><lb/> <l>„Maria ſah’s vom Himmelsthron,</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">O Vater, daß Gott dir verzeih.“</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="11"> <l>Er küßt ſeinen Knaben mit wildem Schmerz,</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Dann ſtarb am Himmel ein Stern.</hi> </l><lb/> <l>„Nun ſchilt dich nimmer ein Menſchenherz</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Verräther deines Herrn.“</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="12"> <l>Stolz ſchreitet der Ritter den Burgberg hinab,</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Ein Schäfer blies auf der Schalmei.</hi> </l><lb/> <l>Vier Mönche murmeln am Marmorgrab,</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Und draußen lachte der Mai.</hi> </l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </body> </text> </TEI> [108/0116]
„Die Kleider zieh’ aus, und gieb ſie mir her,
Sonſt ſpann’ ich dich in den Block.“
Der gab ihm zitternd Horn und Speer,
Und gab ihm ſeinen Rock.
Im Walde zog ein Hirſch vertraut,
Ein Hirſch mit ſtarkem Geweih.
Vor des Grafen Kammer wird es laut,
Der hat in den Lidern noch Blei.
„Graf Alf, es zieht im Morgenrot
Ein Hirſch. Wach auf, wach auf.“
Herr Hartwich ſtieß den Grafen tot:
„Nimm du zur Hölle den Lauf.“
Der Page ſah’s, Herrn Hartwichs Sohn,
Er ſtund wohl nah dabei:
„Maria ſah’s vom Himmelsthron,
O Vater, daß Gott dir verzeih.“
Er küßt ſeinen Knaben mit wildem Schmerz,
Dann ſtarb am Himmel ein Stern.
„Nun ſchilt dich nimmer ein Menſchenherz
Verräther deines Herrn.“
Stolz ſchreitet der Ritter den Burgberg hinab,
Ein Schäfer blies auf der Schalmei.
Vier Mönche murmeln am Marmorgrab,
Und draußen lachte der Mai.
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