Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883].Sein Haus führt eine Wittwe, jung und schlank, Mit einem Stumpfnäschen wie der Kirgise, Die braunen Augen schmachteten wie krank Nach Liebe, Lieb' auf stiller Waldeswiese. Hier, leider, gab es keine, und so sank Im Zimmer ich zu Füßen meiner Lise, Das Gastrecht schlecht vergeltend; doch "was kann Für die Gefühle" wohl der Biedermann. Des Alten Leben ging wie nach der Schnur. Am Posttag unterschrieb er Amtsberichte, Schlag elf Uhr kam der Adjutant du jour, Punkt sieben aß er drei bis vier Gerichte, Durchflog alltags die neuste Litteratur, Und schrieb Sonntags von neun bis zehn Gedichte. Ich fand, im Waschtisch, sie, zerstreute Zettel, Und las beim Grogk, ich trink ihn gern, den Bettel: Sein Haus führt eine Wittwe, jung und ſchlank, Mit einem Stumpfnäschen wie der Kirgiſe, Die braunen Augen ſchmachteten wie krank Nach Liebe, Lieb’ auf ſtiller Waldeswieſe. Hier, leider, gab es keine, und ſo ſank Im Zimmer ich zu Füßen meiner Liſe, Das Gaſtrecht ſchlecht vergeltend; doch „was kann Für die Gefühle“ wohl der Biedermann. Des Alten Leben ging wie nach der Schnur. Am Poſttag unterſchrieb er Amtsberichte, Schlag elf Uhr kam der Adjutant du jour, Punkt ſieben aß er drei bis vier Gerichte, Durchflog alltags die neuſte Litteratur, Und ſchrieb Sonntags von neun bis zehn Gedichte. Ich fand, im Waſchtiſch, ſie, zerſtreute Zettel, Und las beim Grogk, ich trink ihn gern, den Bettel: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0012" n="4"/> <lg n="12"> <l>Sein Haus führt eine Wittwe, jung und ſchlank,</l><lb/> <l>Mit einem Stumpfnäschen wie der Kirgiſe,</l><lb/> <l>Die braunen Augen ſchmachteten wie krank</l><lb/> <l>Nach Liebe, Lieb’ auf ſtiller Waldeswieſe.</l><lb/> <l>Hier, leider, gab es keine, und ſo ſank</l><lb/> <l>Im Zimmer ich zu Füßen meiner Liſe,</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Das Gaſtrecht ſchlecht vergeltend; doch „was kann</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Für die Gefühle“ wohl der Biedermann.</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="13"> <l>Des Alten Leben ging wie nach der Schnur.</l><lb/> <l>Am Poſttag unterſchrieb er Amtsberichte,</l><lb/> <l>Schlag elf Uhr kam der Adjutant du jour,</l><lb/> <l>Punkt ſieben aß er drei bis vier Gerichte,</l><lb/> <l>Durchflog alltags die neuſte Litteratur,</l><lb/> <l>Und ſchrieb Sonntags von neun bis zehn Gedichte.</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Ich fand, im Waſchtiſch, ſie, zerſtreute Zettel,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Und las beim Grogk, ich trink ihn gern, den Bettel:</hi> </l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </body> </text> </TEI> [4/0012]
Sein Haus führt eine Wittwe, jung und ſchlank,
Mit einem Stumpfnäschen wie der Kirgiſe,
Die braunen Augen ſchmachteten wie krank
Nach Liebe, Lieb’ auf ſtiller Waldeswieſe.
Hier, leider, gab es keine, und ſo ſank
Im Zimmer ich zu Füßen meiner Liſe,
Das Gaſtrecht ſchlecht vergeltend; doch „was kann
Für die Gefühle“ wohl der Biedermann.
Des Alten Leben ging wie nach der Schnur.
Am Poſttag unterſchrieb er Amtsberichte,
Schlag elf Uhr kam der Adjutant du jour,
Punkt ſieben aß er drei bis vier Gerichte,
Durchflog alltags die neuſte Litteratur,
Und ſchrieb Sonntags von neun bis zehn Gedichte.
Ich fand, im Waſchtiſch, ſie, zerſtreute Zettel,
Und las beim Grogk, ich trink ihn gern, den Bettel:
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