Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883].Ganz unten lag ein rosenrot Couvert, Mit Monogramm X. Z. und sieben Zinken. Ich wußte, daß genannt er Adalbert, Sie konnte mit dem Namen Laura blinken. Essence d'Ixora war dem Brief Gefährt', Ihr Händchen wollte mir entgegenwinken. Ein Blatt zwar hab' ich nur mit ihren Zügen: "Die Eltern hätten heut gern das Vergnügen..." Der Abend wurde mir verhängnißvoll, Zu reizend war die kleine Baronesse. Ich liebte bald wie rasend sie und toll, Auch zeigte sie mir mehr als Politesse. Doch wurde aus dem Duraccord ein Moll, Aus dunkeln Rosen bog sich die Cypresse. Das Ganze zwängt sich in das Wort hinein Aus Scheffels Lied: Es hat nicht sollen sein. Ich glaubte glücklich sie mit ihrem Mann, An den sie nun zehn Jahr gekettet war. Aus ihren Zeilen, ach, erfuhr ich dann, Wie schlecht das arme Weib gebettet war. Daß ein Verschwender er und Haustyrann, Aus dem Concurse nichts gerettet war. Wie herbe schrieb sie diese harte Prosa, Und doch wie zart und vornehm und sub rosa. Im Leben mag's zum Schwersten wohl gehören, Aus Glanz und Reichtum plötzlich arm zu werden. Wie muß es unser Innerstes empören, Wenn Hinz und Kunz wir sehn auf unsern Pferden, Wenn Hinz und Kunz uns unser Heim zerstören, Den Rest uns nehmen, was uns lieb auf Erden. Und dann, wenn Alles auseinander stiebt, Den anzuflehen, den wir einst geliebt. Ganz unten lag ein roſenrot Couvert, Mit Monogramm X. Z. und ſieben Zinken. Ich wußte, daß genannt er Adalbert, Sie konnte mit dem Namen Laura blinken. Eſſence d’Ixora war dem Brief Gefährt’, Ihr Händchen wollte mir entgegenwinken. Ein Blatt zwar hab’ ich nur mit ihren Zügen: „Die Eltern hätten heut gern das Vergnügen…“ Der Abend wurde mir verhängnißvoll, Zu reizend war die kleine Baroneſſe. Ich liebte bald wie raſend ſie und toll, Auch zeigte ſie mir mehr als Politeſſe. Doch wurde aus dem Duraccord ein Moll, Aus dunkeln Roſen bog ſich die Cypreſſe. Das Ganze zwängt ſich in das Wort hinein Aus Scheffels Lied: Es hat nicht ſollen ſein. Ich glaubte glücklich ſie mit ihrem Mann, An den ſie nun zehn Jahr gekettet war. Aus ihren Zeilen, ach, erfuhr ich dann, Wie ſchlecht das arme Weib gebettet war. Daß ein Verſchwender er und Haustyrann, Aus dem Concurſe nichts gerettet war. Wie herbe ſchrieb ſie dieſe harte Proſa, Und doch wie zart und vornehm und ſub roſa. Im Leben mag’s zum Schwerſten wohl gehören, Aus Glanz und Reichtum plötzlich arm zu werden. Wie muß es unſer Innerſtes empören, Wenn Hinz und Kunz wir ſehn auf unſern Pferden, Wenn Hinz und Kunz uns unſer Heim zerſtören, Den Reſt uns nehmen, was uns lieb auf Erden. Und dann, wenn Alles auseinander ſtiebt, Den anzuflehen, den wir einſt geliebt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0127" n="119"/> <lg n="8"> <l>Ganz unten lag ein roſenrot Couvert,</l><lb/> <l>Mit Monogramm <hi rendition="#aq">X. Z.</hi> und ſieben Zinken.</l><lb/> <l>Ich wußte, daß genannt er Adalbert,</l><lb/> <l>Sie konnte mit dem Namen Laura blinken.</l><lb/> <l>Eſſence d’Ixora war dem Brief Gefährt’,</l><lb/> <l>Ihr Händchen wollte mir entgegenwinken.</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Ein Blatt zwar hab’ ich nur mit ihren Zügen:</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">„Die Eltern hätten heut gern das Vergnügen…“</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l>Der Abend wurde mir verhängnißvoll,</l><lb/> <l>Zu reizend war die kleine Baroneſſe.</l><lb/> <l>Ich liebte bald wie raſend ſie und toll,</l><lb/> <l>Auch zeigte ſie mir mehr als Politeſſe.</l><lb/> <l>Doch wurde aus dem Duraccord ein Moll,</l><lb/> <l>Aus dunkeln Roſen bog ſich die Cypreſſe.</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Das Ganze zwängt ſich in das Wort hinein</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Aus Scheffels Lied: Es hat nicht ſollen ſein.</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l>Ich glaubte glücklich ſie mit ihrem Mann,</l><lb/> <l>An den ſie nun zehn Jahr gekettet war.</l><lb/> <l>Aus ihren Zeilen, ach, erfuhr ich dann,</l><lb/> <l>Wie ſchlecht das arme Weib gebettet war.</l><lb/> <l>Daß ein Verſchwender er und Haustyrann,</l><lb/> <l>Aus dem Concurſe nichts gerettet war.</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Wie herbe ſchrieb ſie dieſe harte Proſa,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Und doch wie zart und vornehm und ſub roſa.</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="11"> <l>Im Leben mag’s zum Schwerſten wohl gehören,</l><lb/> <l>Aus Glanz und Reichtum plötzlich arm zu werden.</l><lb/> <l>Wie muß es unſer Innerſtes empören,</l><lb/> <l>Wenn Hinz und Kunz wir ſehn auf unſern Pferden,</l><lb/> <l>Wenn Hinz und Kunz uns unſer Heim zerſtören,</l><lb/> <l>Den Reſt uns nehmen, was uns lieb auf Erden.</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Und dann, wenn Alles auseinander ſtiebt,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Den anzuflehen, den wir einſt geliebt.</hi> </l> </lg><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [119/0127]
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Ich wußte, daß genannt er Adalbert,
Sie konnte mit dem Namen Laura blinken.
Eſſence d’Ixora war dem Brief Gefährt’,
Ihr Händchen wollte mir entgegenwinken.
Ein Blatt zwar hab’ ich nur mit ihren Zügen:
„Die Eltern hätten heut gern das Vergnügen…“
Der Abend wurde mir verhängnißvoll,
Zu reizend war die kleine Baroneſſe.
Ich liebte bald wie raſend ſie und toll,
Auch zeigte ſie mir mehr als Politeſſe.
Doch wurde aus dem Duraccord ein Moll,
Aus dunkeln Roſen bog ſich die Cypreſſe.
Das Ganze zwängt ſich in das Wort hinein
Aus Scheffels Lied: Es hat nicht ſollen ſein.
Ich glaubte glücklich ſie mit ihrem Mann,
An den ſie nun zehn Jahr gekettet war.
Aus ihren Zeilen, ach, erfuhr ich dann,
Wie ſchlecht das arme Weib gebettet war.
Daß ein Verſchwender er und Haustyrann,
Aus dem Concurſe nichts gerettet war.
Wie herbe ſchrieb ſie dieſe harte Proſa,
Und doch wie zart und vornehm und ſub roſa.
Im Leben mag’s zum Schwerſten wohl gehören,
Aus Glanz und Reichtum plötzlich arm zu werden.
Wie muß es unſer Innerſtes empören,
Wenn Hinz und Kunz wir ſehn auf unſern Pferden,
Wenn Hinz und Kunz uns unſer Heim zerſtören,
Den Reſt uns nehmen, was uns lieb auf Erden.
Und dann, wenn Alles auseinander ſtiebt,
Den anzuflehen, den wir einſt geliebt.
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