Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883].

Bild:
<< vorherige Seite
In die Friesen trug er sein Schwert Hilfnot,
Das hat ihn heute betrogen.
Wessel Hummer aus Pellworm schlug ihn tot
Und schleudert ihn in die Wogen.
Der Page, wo blieb der Page klein,
Sie warfen ihn nackt in den Graben.
Um seine weißen Glieder fein
Zanken und raufen die Raben.


Wer weiß wo.

(Schlacht bei Kolin, 18 Juni 1757.)



Auf Blut und Leichen, Schutt und Qualm,
Auf roßzerstampften Sommerhalm
Die Sonne schien.
Es sank die Nacht. Die Schlacht ist aus,
Und mancher kehrte nicht nach Haus
Einst von Kolin.
Ein Junker auch, ein Knabe noch,
Der heut das erste Pulver roch,
Er mußt' dahin.
Wie hoch er auch die Fahne schwang,
Der Tod in seinen Arm ihn zwang,
Er mußt' dahin.
Ihm nahe lag ein frommes Buch,
Das stets der Junker bei sich trug,
Am Degenknauf.
Ein Grenadier von Bevern fand
Den kleinen erdbeschmutzten Band
Und hob ihn auf.

In die Frieſen trug er ſein Schwert Hilfnot,
Das hat ihn heute betrogen.
Weſſel Hummer aus Pellworm ſchlug ihn tot
Und ſchleudert ihn in die Wogen.
Der Page, wo blieb der Page klein,
Sie warfen ihn nackt in den Graben.
Um ſeine weißen Glieder fein
Zanken und raufen die Raben.


Wer weiß wo.

(Schlacht bei Kolin, 18 Juni 1757.)



Auf Blut und Leichen, Schutt und Qualm,
Auf roßzerſtampften Sommerhalm
Die Sonne ſchien.
Es ſank die Nacht. Die Schlacht iſt aus,
Und mancher kehrte nicht nach Haus
Einſt von Kolin.
Ein Junker auch, ein Knabe noch,
Der heut das erſte Pulver roch,
Er mußt’ dahin.
Wie hoch er auch die Fahne ſchwang,
Der Tod in ſeinen Arm ihn zwang,
Er mußt’ dahin.
Ihm nahe lag ein frommes Buch,
Das ſtets der Junker bei ſich trug,
Am Degenknauf.
Ein Grenadier von Bevern fand
Den kleinen erdbeſchmutzten Band
Und hob ihn auf.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0035" n="27"/>
          <lg n="7">
            <l>In die Frie&#x017F;en trug er &#x017F;ein Schwert Hilfnot,</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Das hat ihn heute betrogen.</hi> </l><lb/>
            <l>We&#x017F;&#x017F;el Hummer aus Pellworm &#x017F;chlug ihn tot</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Und &#x017F;chleudert ihn in die Wogen.</hi> </l>
          </lg><lb/>
          <lg n="8">
            <l>Der Page, wo blieb der Page klein,</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Sie warfen ihn nackt in den Graben.</hi> </l><lb/>
            <l>Um &#x017F;eine weißen Glieder fein</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Zanken und raufen die Raben.</hi> </l>
          </lg>
        </lg>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Wer weiß wo.</hi> </head><lb/>
        <p> <hi rendition="#c">(Schlacht bei Kolin, 18 Juni 1757.)</hi> </p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <lg type="poem">
          <lg n="1">
            <l><hi rendition="#in">A</hi>uf Blut und Leichen, Schutt und Qualm,</l><lb/>
            <l>Auf roßzer&#x017F;tampften Sommerhalm</l><lb/>
            <l>Die Sonne &#x017F;chien.</l><lb/>
            <l>Es &#x017F;ank die Nacht. Die Schlacht i&#x017F;t aus,</l><lb/>
            <l>Und mancher kehrte nicht nach Haus</l><lb/>
            <l>Ein&#x017F;t von Kolin.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="2">
            <l>Ein Junker auch, ein Knabe noch,</l><lb/>
            <l>Der heut das er&#x017F;te Pulver roch,</l><lb/>
            <l>Er mußt&#x2019; dahin.</l><lb/>
            <l>Wie hoch er auch die Fahne &#x017F;chwang,</l><lb/>
            <l>Der Tod in &#x017F;einen Arm ihn zwang,</l><lb/>
            <l>Er mußt&#x2019; dahin.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="3">
            <l>Ihm nahe lag ein frommes Buch,</l><lb/>
            <l>Das &#x017F;tets der Junker bei &#x017F;ich trug,</l><lb/>
            <l>Am Degenknauf.</l><lb/>
            <l>Ein Grenadier von Bevern fand</l><lb/>
            <l>Den kleinen erdbe&#x017F;chmutzten Band</l><lb/>
            <l>Und hob ihn auf.</l>
          </lg><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[27/0035] In die Frieſen trug er ſein Schwert Hilfnot, Das hat ihn heute betrogen. Weſſel Hummer aus Pellworm ſchlug ihn tot Und ſchleudert ihn in die Wogen. Der Page, wo blieb der Page klein, Sie warfen ihn nackt in den Graben. Um ſeine weißen Glieder fein Zanken und raufen die Raben. Wer weiß wo. (Schlacht bei Kolin, 18 Juni 1757.) Auf Blut und Leichen, Schutt und Qualm, Auf roßzerſtampften Sommerhalm Die Sonne ſchien. Es ſank die Nacht. Die Schlacht iſt aus, Und mancher kehrte nicht nach Haus Einſt von Kolin. Ein Junker auch, ein Knabe noch, Der heut das erſte Pulver roch, Er mußt’ dahin. Wie hoch er auch die Fahne ſchwang, Der Tod in ſeinen Arm ihn zwang, Er mußt’ dahin. Ihm nahe lag ein frommes Buch, Das ſtets der Junker bei ſich trug, Am Degenknauf. Ein Grenadier von Bevern fand Den kleinen erdbeſchmutzten Band Und hob ihn auf.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liliencron_adjutantenritte_1883
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liliencron_adjutantenritte_1883/35
Zitationshilfe: Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883], S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liliencron_adjutantenritte_1883/35>, abgerufen am 21.11.2024.