Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883].Wie kam ich plötzlich auf Homer? Es fiel mir aus der Ilias Achilleus ein. Ich mag ihn nicht, Und leiste gern auf ihn Verzicht. Sprach jemals einer solche Worte Zu seinem Feinde, wenn die Pforte Des Todes sich ihm öffnen will. Es höhnt der Fleischerknecht Achill, Als Hektor sterbend vor ihm lag: "Nun hast du deinen letzten Tag. Die Hunde sollen dich zerbeißen, Und wilde Geier dich zerreißen." Und keine Kunst! Pallas Athene Stand Seit' ihm in der Schlachtenscene, Und reicht', verhüllt, ihm wieder her Das schon verschleuderte Gewehr. Und Hektor starb. Beim Himmel weit! Bin ich von dieser Welt geschieden? Dort auf dem Flusse den Peliden Seh', drohend mir, zur Schlacht bereit, Ich stehn in hoher Herrlichkeit. Bin ich denn bei den Spiritisten, Die überall sich einzunisten Gesonnen sind. Ich denke: nein -- Ein neues Bild: Held Don Quixote. Hadrianus, Ebers, Nero, Heine, Bald wechseln Lebende, bald Tote, Bald große Männer, bald auch kleine. Lord Byron kam und schwand alsdann. (Ich liebe seinen "Don Juan".) Und weiter zogen Helden, Dichter, Gesetzesgeber, große Richter. Bis endlich noch Fritz Käpernick Und Caesar "mit dem Greifenblick." Wie kam ich plötzlich auf Homer? Es fiel mir aus der Ilias Achilleus ein. Ich mag ihn nicht, Und leiſte gern auf ihn Verzicht. Sprach jemals einer ſolche Worte Zu ſeinem Feinde, wenn die Pforte Des Todes ſich ihm öffnen will. Es höhnt der Fleiſcherknecht Achill, Als Hektor ſterbend vor ihm lag: „Nun haſt du deinen letzten Tag. Die Hunde ſollen dich zerbeißen, Und wilde Geier dich zerreißen.“ Und keine Kunſt! Pallas Athene Stand Seit’ ihm in der Schlachtenſcene, Und reicht’, verhüllt, ihm wieder her Das ſchon verſchleuderte Gewehr. Und Hektor ſtarb. Beim Himmel weit! Bin ich von dieſer Welt geſchieden? Dort auf dem Fluſſe den Peliden Seh’, drohend mir, zur Schlacht bereit, Ich ſtehn in hoher Herrlichkeit. Bin ich denn bei den Spiritiſten, Die überall ſich einzuniſten Geſonnen ſind. Ich denke: nein — Ein neues Bild: Held Don Quixote. Hadrianus, Ebers, Nero, Heine, Bald wechſeln Lebende, bald Tote, Bald große Männer, bald auch kleine. Lord Byron kam und ſchwand alsdann. (Ich liebe ſeinen „Don Juan“.) Und weiter zogen Helden, Dichter, Geſetzesgeber, große Richter. Bis endlich noch Fritz Käpernick Und Caeſar „mit dem Greifenblick.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0065" n="57"/> <lg n="6"> <l>Wie kam ich plötzlich auf Homer?</l><lb/> <l>Es fiel mir aus der Ilias</l><lb/> <l>Achilleus ein. Ich mag ihn nicht,</l><lb/> <l>Und leiſte gern auf ihn Verzicht.</l><lb/> <l>Sprach jemals einer ſolche Worte</l><lb/> <l>Zu ſeinem Feinde, wenn die Pforte</l><lb/> <l>Des Todes ſich ihm öffnen will.</l><lb/> <l>Es höhnt der Fleiſcherknecht Achill,</l><lb/> <l>Als Hektor ſterbend vor ihm lag:</l><lb/> <l>„Nun haſt du deinen letzten Tag.</l><lb/> <l>Die Hunde ſollen dich zerbeißen,</l><lb/> <l>Und wilde Geier dich zerreißen.“</l><lb/> <l>Und keine Kunſt! Pallas Athene</l><lb/> <l>Stand Seit’ ihm in der Schlachtenſcene,</l><lb/> <l>Und reicht’, verhüllt, ihm wieder her</l><lb/> <l>Das ſchon verſchleuderte Gewehr.</l><lb/> <l>Und Hektor ſtarb.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l> <hi rendition="#et">Beim Himmel weit!</hi> </l><lb/> <l>Bin ich von dieſer Welt geſchieden?</l><lb/> <l>Dort auf dem Fluſſe den Peliden</l><lb/> <l>Seh’, drohend mir, zur Schlacht bereit,</l><lb/> <l>Ich ſtehn in hoher Herrlichkeit.</l><lb/> <l>Bin ich denn bei den Spiritiſten,</l><lb/> <l>Die überall ſich einzuniſten</l><lb/> <l>Geſonnen ſind. Ich denke: nein —</l><lb/> <l>Ein neues Bild: Held Don Quixote.</l><lb/> <l>Hadrianus, Ebers, Nero, Heine,</l><lb/> <l>Bald wechſeln Lebende, bald Tote,</l><lb/> <l>Bald große Männer, bald auch kleine.</l><lb/> <l>Lord Byron kam und ſchwand alsdann.</l><lb/> <l>(Ich liebe ſeinen „Don Juan“.)</l><lb/> <l>Und weiter zogen Helden, Dichter,</l><lb/> <l>Geſetzesgeber, große Richter.</l><lb/> <l>Bis endlich noch Fritz Käpernick</l><lb/> <l>Und Caeſar „mit dem Greifenblick.“</l> </lg><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [57/0065]
Wie kam ich plötzlich auf Homer?
Es fiel mir aus der Ilias
Achilleus ein. Ich mag ihn nicht,
Und leiſte gern auf ihn Verzicht.
Sprach jemals einer ſolche Worte
Zu ſeinem Feinde, wenn die Pforte
Des Todes ſich ihm öffnen will.
Es höhnt der Fleiſcherknecht Achill,
Als Hektor ſterbend vor ihm lag:
„Nun haſt du deinen letzten Tag.
Die Hunde ſollen dich zerbeißen,
Und wilde Geier dich zerreißen.“
Und keine Kunſt! Pallas Athene
Stand Seit’ ihm in der Schlachtenſcene,
Und reicht’, verhüllt, ihm wieder her
Das ſchon verſchleuderte Gewehr.
Und Hektor ſtarb.
Beim Himmel weit!
Bin ich von dieſer Welt geſchieden?
Dort auf dem Fluſſe den Peliden
Seh’, drohend mir, zur Schlacht bereit,
Ich ſtehn in hoher Herrlichkeit.
Bin ich denn bei den Spiritiſten,
Die überall ſich einzuniſten
Geſonnen ſind. Ich denke: nein —
Ein neues Bild: Held Don Quixote.
Hadrianus, Ebers, Nero, Heine,
Bald wechſeln Lebende, bald Tote,
Bald große Männer, bald auch kleine.
Lord Byron kam und ſchwand alsdann.
(Ich liebe ſeinen „Don Juan“.)
Und weiter zogen Helden, Dichter,
Geſetzesgeber, große Richter.
Bis endlich noch Fritz Käpernick
Und Caeſar „mit dem Greifenblick.“
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |