nung bestreitet, verdienet, daß ich sie öffentlich lobe. Jch war willens, seinen Brief, weil er viele besondere Anmerckungen in sich fasset, hier gantz einzurücken: Aber da derselbe durch und durch mit Lobes Erhebungen, der ich mich gantz unwürdig schätze, angefüllet ist, so hat es mir meine Demuth nicht zulassen wollen. Meine Leser werden zu frieden seyn, wann ich ihnen sa- ge, daß der gelehrte Mann behauptet, Jesus Anani sey nicht zu Fusse nach Jerusalem ge- gangen, sondern er habe dem Post-Knecht ein Trinckgeld gegeben, und sich vor dem Thor auf die Post gesetzt. Folglich sey er nach Jerusa- lem gefahren. Ob ich nun gleich vieles wider die Zeugnisse der Scribenten, aus welchen er dieses zu beweisen suchet, einzuwenden hätte, so will ich mich doch lieber bemühen, unsere Mey- nungen zu vergleichen, als mit einem so vor- treflichen Manne über eine Sache von so we- niger Wichtigkeit zancken. Wir haben, deucht mich, beyde recht. Jesus Anani hat sich un- terwegens auf die Post gesetzet, und so lange er auf der Post gesessen, ist er nicht gegangen. So weit hat mein Gegner recht. Aber ich glaube, dieser geschickte Mann, wird mir auch nicht streiten, daß Jesus Anani vor dem Thor zu Jerusalem absteigen müssen. Denn dieses müssen sich alle diejenigen gefallen lassen, die der Post-Knecht vor ein Trinckgeld aufnimmt. Er ist also unstreitig zu Fusse nach Jerusalem gekommen. Und auf solche Art wäre dieser Streit gehoben.
Jch
(o)
nung beſtreitet, verdienet, daß ich ſie oͤffentlich lobe. Jch war willens, ſeinen Brief, weil er viele beſondere Anmerckungen in ſich faſſet, hier gantz einzuruͤcken: Aber da derſelbe durch und durch mit Lobes Erhebungen, der ich mich gantz unwuͤrdig ſchaͤtze, angefuͤllet iſt, ſo hat es mir meine Demuth nicht zulaſſen wollen. Meine Leſer werden zu frieden ſeyn, wann ich ihnen ſa- ge, daß der gelehrte Mann behauptet, Jeſus Anani ſey nicht zu Fuſſe nach Jeruſalem ge- gangen, ſondern er habe dem Poſt-Knecht ein Trinckgeld gegeben, und ſich vor dem Thor auf die Poſt geſetzt. Folglich ſey er nach Jeruſa- lem gefahren. Ob ich nun gleich vieles wider die Zeugniſſe der Scribenten, aus welchen er dieſes zu beweiſen ſuchet, einzuwenden haͤtte, ſo will ich mich doch lieber bemuͤhen, unſere Mey- nungen zu vergleichen, als mit einem ſo vor- treflichen Manne uͤber eine Sache von ſo we- niger Wichtigkeit zancken. Wir haben, deucht mich, beyde recht. Jeſus Anani hat ſich un- terwegens auf die Poſt geſetzet, und ſo lange er auf der Poſt geſeſſen, iſt er nicht gegangen. So weit hat mein Gegner recht. Aber ich glaube, dieſer geſchickte Mann, wird mir auch nicht ſtreiten, daß Jeſus Anani vor dem Thor zu Jeruſalem abſteigen muͤſſen. Denn dieſes muͤſſen ſich alle diejenigen gefallen laſſen, die der Poſt-Knecht vor ein Trinckgeld aufnimmt. Er iſt alſo unſtreitig zu Fuſſe nach Jeruſalem gekommen. Und auf ſolche Art waͤre dieſer Streit gehoben.
Jch
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nung beſtreitet, verdienet, daß ich ſie oͤffentlich
lobe. Jch war willens, ſeinen Brief, weil er
viele beſondere Anmerckungen in ſich faſſet, hier
gantz einzuruͤcken: Aber da derſelbe durch und
durch mit Lobes Erhebungen, der ich mich gantz
unwuͤrdig ſchaͤtze, angefuͤllet iſt, ſo hat es mir
meine Demuth nicht zulaſſen wollen. Meine
Leſer werden zu frieden ſeyn, wann ich ihnen ſa-
ge, daß der gelehrte Mann behauptet, Jeſus
Anani ſey nicht zu Fuſſe nach Jeruſalem ge-
gangen, ſondern er habe dem Poſt-Knecht ein
Trinckgeld gegeben, und ſich vor dem Thor auf
die Poſt geſetzt. Folglich ſey er nach Jeruſa-
lem gefahren. Ob ich nun gleich vieles wider
die Zeugniſſe der Scribenten, aus welchen er
dieſes zu beweiſen ſuchet, einzuwenden haͤtte, ſo
will ich mich doch lieber bemuͤhen, unſere Mey-
nungen zu vergleichen, als mit einem ſo vor-
treflichen Manne uͤber eine Sache von ſo we-
niger Wichtigkeit zancken. Wir haben, deucht
mich, beyde recht. Jeſus Anani hat ſich un-
terwegens auf die Poſt geſetzet, und ſo lange
er auf der Poſt geſeſſen, iſt er nicht gegangen.
So weit hat mein Gegner recht. Aber ich
glaube, dieſer geſchickte Mann, wird mir auch
nicht ſtreiten, daß Jeſus Anani vor dem Thor
zu Jeruſalem abſteigen muͤſſen. Denn dieſes
muͤſſen ſich alle diejenigen gefallen laſſen, die
der Poſt-Knecht vor ein Trinckgeld aufnimmt.
Er iſt alſo unſtreitig zu Fuſſe nach Jeruſalem
gekommen. Und auf ſolche Art waͤre dieſer
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/224>, abgerufen am 27.11.2024.
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