einer kleinen Perücke und mit einem kleinenschimpf- lich. Degen vergnügt das Gesicht bey weiten nicht so sehr als die possierlichen Figuren des Zwer- gen-Cabinets; Und ich würde nicht gelachet haben, wenn der Verfasser des Briontes seinen Witz durch eine lächerliche Erniedrigung der unsichtbaren Kirche hätte zeigen wollen. Allein dieses ist seine Absicht im geringsten nicht. Er will nicht die unsichtbare Kirche klein, sondern die Gesellschaft der kleinen Geister durch eine Vergleichung mit der unsichtbaren Kirche groß machen. Und dieses thut er auf eine so bescheidene Art, daß die unsichtbare Kirche in ihren Würden bleibt. Denn diejenigen Eigenschaften, in Ansehung welcher der Ver- fasser des Briontes die Gesellschaft der kleinen Geister mit der unsichtbaren Kirche vergleichet, ich meine die Unsichtbarkeit und weitläuftige Ausbreitung, sind der unsichtbaren Kirche so wenig eigen, daß sie dieselbe vielmehr, ihrer Ehre unbeschadet, nicht nur mit der Gesell- schaft der kleinen Geister, sondern so gar mit den Spitz-Buben und Beutelschneidern ge- mein hat.
Wie kan man demnach sagen, die unsicht-Daß der Verfasser des Brion- res keine böse Ab- sicht ge- habt, be- wiesen 1) durch ein Gleichniß. bare Kirche sey geschimpfet? Was thut es ihr, daß, ausser ihr, noch andere unsichtba- re, und in der gantzen Welt ausgebreitete Ge- sellschaften sind? Solte es eine Sünde seyn, etwas zu sagen, das so unstreitig ist als dieses? Oder spottet man der unsichtbaren Kirche, wenn man durch eine, ihrem Ansehen gar nicht
nach-
(o)
einer kleinen Peruͤcke und mit einem kleinenſchimpf- lich. Degen vergnuͤgt das Geſicht bey weiten nicht ſo ſehr als die poſſierlichen Figuren des Zwer- gen-Cabinets; Und ich wuͤrde nicht gelachet haben, wenn der Verfaſſer des Briontes ſeinen Witz durch eine laͤcherliche Erniedrigung der unſichtbaren Kirche haͤtte zeigen wollen. Allein dieſes iſt ſeine Abſicht im geringſten nicht. Er will nicht die unſichtbare Kirche klein, ſondern die Geſellſchaft der kleinen Geiſter durch eine Vergleichung mit der unſichtbaren Kirche groß machen. Und dieſes thut er auf eine ſo beſcheidene Art, daß die unſichtbare Kirche in ihren Wuͤrden bleibt. Denn diejenigen Eigenſchaften, in Anſehung welcher der Ver- faſſer des Briontes die Geſellſchaft der kleinen Geiſter mit der unſichtbaren Kirche vergleichet, ich meine die Unſichtbarkeit und weitlaͤuftige Ausbreitung, ſind der unſichtbaren Kirche ſo wenig eigen, daß ſie dieſelbe vielmehr, ihrer Ehre unbeſchadet, nicht nur mit der Geſell- ſchaft der kleinen Geiſter, ſondern ſo gar mit den Spitz-Buben und Beutelſchneidern ge- mein hat.
Wie kan man demnach ſagen, die unſicht-Daß der Verfaſſer des Brion- res keine boͤſe Ab- ſicht ge- habt, be- wieſen 1) durch ein Gleichniß. bare Kirche ſey geſchimpfet? Was thut es ihr, daß, auſſer ihr, noch andere unſichtba- re, und in der gantzen Welt ausgebreitete Ge- ſellſchaften ſind? Solte es eine Suͤnde ſeyn, etwas zu ſagen, das ſo unſtreitig iſt als dieſes? Oder ſpottet man der unſichtbaren Kirche, wenn man durch eine, ihrem Anſehen gar nicht
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(o)
einer kleinen Peruͤcke und mit einem kleinen
Degen vergnuͤgt das Geſicht bey weiten nicht
ſo ſehr als die poſſierlichen Figuren des Zwer-
gen-Cabinets; Und ich wuͤrde nicht gelachet
haben, wenn der Verfaſſer des Briontes ſeinen
Witz durch eine laͤcherliche Erniedrigung der
unſichtbaren Kirche haͤtte zeigen wollen. Allein
dieſes iſt ſeine Abſicht im geringſten nicht. Er
will nicht die unſichtbare Kirche klein, ſondern
die Geſellſchaft der kleinen Geiſter durch eine
Vergleichung mit der unſichtbaren Kirche
groß machen. Und dieſes thut er auf eine ſo
beſcheidene Art, daß die unſichtbare Kirche
in ihren Wuͤrden bleibt. Denn diejenigen
Eigenſchaften, in Anſehung welcher der Ver-
faſſer des Briontes die Geſellſchaft der kleinen
Geiſter mit der unſichtbaren Kirche vergleichet,
ich meine die Unſichtbarkeit und weitlaͤuftige
Ausbreitung, ſind der unſichtbaren Kirche ſo
wenig eigen, daß ſie dieſelbe vielmehr, ihrer
Ehre unbeſchadet, nicht nur mit der Geſell-
ſchaft der kleinen Geiſter, ſondern ſo gar mit
den Spitz-Buben und Beutelſchneidern ge-
mein hat.
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lich.
Wie kan man demnach ſagen, die unſicht-
bare Kirche ſey geſchimpfet? Was thut es
ihr, daß, auſſer ihr, noch andere unſichtba-
re, und in der gantzen Welt ausgebreitete Ge-
ſellſchaften ſind? Solte es eine Suͤnde ſeyn,
etwas zu ſagen, das ſo unſtreitig iſt als dieſes?
Oder ſpottet man der unſichtbaren Kirche,
wenn man durch eine, ihrem Anſehen gar nicht
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/313>, abgerufen am 26.11.2024.
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