elende Zeug der geringsten Antwort wür- dig schätzte, sondern aus gantz andern Ur- sachen.
Jch hatte, seit dem ich, um meiner Sünden willen, ein Scribent geworden war, so viel ungereimte und lächerliche Urtheile von der satyrischen Schreib-Art überhaupt, und von meinen Schriften ins besondere anhören müssen, daß ich es nicht länger erdulden konnte. Zwar kan ich mich nicht darüber beschweren, daß man gar zu verächtlich von meinen Schrif- ten geredet hätte; Man lobte sie mehr, als sie es verdienten. Allein auch dieje- nigen, welche sie lobten, begleiteten ihr gezwungenes Lob mit einem hämischen Aber, das mir empfindlicher war, als wenn man meine Art zu dencken und zu schrei- ben gerade weg getadelt, oder mich gar mit meinen poßierlichen Gegnern in eine Clas- se gesetzet hätte.
Dieses Aber sollte die Weißheit und Bil- ligkeit des Heuchlers andeuten, der sich des- selben bediente: Allein es war doch nichts, als eine Frucht der Einfalt und Boßheit, und weit unchristlicher und verdamm- licher, als alle meine Satyren. Man sprach: "Es sey doch gleichwohl unbillig
und
(o)
elende Zeug der geringſten Antwort wuͤr- dig ſchaͤtzte, ſondern aus gantz andern Ur- ſachen.
Jch hatte, ſeit dem ich, um meiner Suͤnden willen, ein Scribent geworden war, ſo viel ungereimte und laͤcherliche Urtheile von der ſatyriſchen Schreib-Art uͤberhaupt, und von meinen Schriften ins beſondere anhoͤren muͤſſen, daß ich es nicht laͤnger erdulden konnte. Zwar kan ich mich nicht daruͤber beſchweren, daß man gar zu veraͤchtlich von meinen Schrif- ten geredet haͤtte; Man lobte ſie mehr, als ſie es verdienten. Allein auch dieje- nigen, welche ſie lobten, begleiteten ihr gezwungenes Lob mit einem haͤmiſchen Aber, das mir empfindlicher war, als wenn man meine Art zu dencken und zu ſchrei- ben gerade weg getadelt, oder mich gar mit meinen poßierlichen Gegnern in eine Claſ- ſe geſetzet haͤtte.
Dieſes Aber ſollte die Weißheit und Bil- ligkeit des Heuchlers andeuten, der ſich deſ- ſelben bediente: Allein es war doch nichts, als eine Frucht der Einfalt und Boßheit, und weit unchriſtlicher und verdamm- licher, als alle meine Satyren. Man ſprach: „Es ſey doch gleichwohl unbillig
und
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(o)
elende Zeug der geringſten Antwort wuͤr-
dig ſchaͤtzte, ſondern aus gantz andern Ur-
ſachen.
Jch hatte, ſeit dem ich, um meiner
Suͤnden willen, ein Scribent geworden
war, ſo viel ungereimte und laͤcherliche
Urtheile von der ſatyriſchen Schreib-Art
uͤberhaupt, und von meinen Schriften
ins beſondere anhoͤren muͤſſen, daß ich es
nicht laͤnger erdulden konnte. Zwar kan
ich mich nicht daruͤber beſchweren, daß
man gar zu veraͤchtlich von meinen Schrif-
ten geredet haͤtte; Man lobte ſie mehr,
als ſie es verdienten. Allein auch dieje-
nigen, welche ſie lobten, begleiteten ihr
gezwungenes Lob mit einem haͤmiſchen
Aber, das mir empfindlicher war, als wenn
man meine Art zu dencken und zu ſchrei-
ben gerade weg getadelt, oder mich gar mit
meinen poßierlichen Gegnern in eine Claſ-
ſe geſetzet haͤtte.
Dieſes Aber ſollte die Weißheit und Bil-
ligkeit des Heuchlers andeuten, der ſich deſ-
ſelben bediente: Allein es war doch nichts,
als eine Frucht der Einfalt und Boßheit,
und weit unchriſtlicher und verdamm-
licher, als alle meine Satyren. Man
ſprach: „Es ſey doch gleichwohl unbillig
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/32>, abgerufen am 21.11.2024.
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