Der Herr Prof. Philippi hatte seine Ge- dächtniß-Rede auf die Königin von Pohlen mit einem Gebet beschlossen, und in einer An- merckung erwehnet, daß er dabey auf die Knie niedergefallen wäre. Er hatte auch allen und je- den diese, wider den Wohlstand lauffende, pha- risäische Gauckeley, als ein sonderbar heiliges Verfahren, zur Nachahmung angepriesen. Wie aber nun der Hr. Philippi wohl vorher gesehen, daß viele über eine so ungewöhnliche und unzeitige Andacht lachen würden, so hatte er zum voraus alle diejenigen, die das Hertz ha- ben würden, seine Scheinheiligkeit zu tadeln, oh- ne Umschweif vor Religions-Spötter erklä- ret, und also seine begangene Thorheit durch eine Grobheit rechtfertigen wollen, und Feh- ler mit Fehler gehäufet.
Es ist nicht zu verwundern, daß der Ver- fasser des Briontes ihn davor zu gebührender Strafe gezogen, und ihm durch den Spötter, den er p. 32. redend einführet, die Wahrheit fein derbe hat sagen lassen. Alles, was dieser Spötter sagt, ist vernünftig; Nur kömmt es einigen bedencklich vor, daß er unter andern sagt: Er könne mit GOtt reden, ohne daß er nöthig habe den Psalter und die Offenbah- rung Johannis auszuplündern.
Der Aus- druck von Ausplün- derung der Schrift ist nichtwider die Schrift,
Jch begreiffe nicht, was sie in diesem Aus- druck anstössiges finden. Es ist wahr, der Verfasser des Briontes hätte nicht nöthig ge- habt, sich desselben in seiner Sermocination zu bedienen. Sein Zweck war nicht, die in-
nerliche
(o)
Wahre Vorſtel- lung der Sache.
Der Herr Prof. Philippi hatte ſeine Ge- daͤchtniß-Rede auf die Koͤnigin von Pohlen mit einem Gebet beſchloſſen, und in einer An- merckung erwehnet, daß er dabey auf die Knie niedergefallen waͤre. Er hatte auch allen und je- den dieſe, wider den Wohlſtand lauffende, pha- riſaͤiſche Gauckeley, als ein ſonderbar heiliges Verfahren, zur Nachahmung angeprieſen. Wie aber nun der Hr. Philippi wohl vorher geſehen, daß viele uͤber eine ſo ungewoͤhnliche und unzeitige Andacht lachen wuͤrden, ſo hatte er zum voraus alle diejenigen, die das Hertz ha- ben wuͤrden, ſeine Scheinheiligkeit zu tadeln, oh- ne Umſchweif vor Religions-Spoͤtter erklaͤ- ret, und alſo ſeine begangene Thorheit durch eine Grobheit rechtfertigen wollen, und Feh- ler mit Fehler gehaͤufet.
Es iſt nicht zu verwundern, daß der Ver- faſſer des Briontes ihn davor zu gebuͤhrender Strafe gezogen, und ihm durch den Spoͤtter, den er p. 32. redend einfuͤhret, die Wahrheit fein derbe hat ſagen laſſen. Alles, was dieſer Spoͤtter ſagt, iſt vernuͤnftig; Nur koͤmmt es einigen bedencklich vor, daß er unter andern ſagt: Er koͤnne mit GOtt reden, ohne daß er noͤthig habe den Pſalter und die Offenbah- rung Johannis auszupluͤndern.
Der Aus- druck von Auspluͤn- derung der Schrift iſt nichtwider die Schrift,
Jch begreiffe nicht, was ſie in dieſem Aus- druck anſtoͤſſiges finden. Es iſt wahr, der Verfaſſer des Briontes haͤtte nicht noͤthig ge- habt, ſich deſſelben in ſeiner Sermocination zu bedienen. Sein Zweck war nicht, die in-
nerliche
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Der Herr Prof. Philippi hatte ſeine Ge-
daͤchtniß-Rede auf die Koͤnigin von Pohlen
mit einem Gebet beſchloſſen, und in einer An-
merckung erwehnet, daß er dabey auf die Knie
niedergefallen waͤre. Er hatte auch allen und je-
den dieſe, wider den Wohlſtand lauffende, pha-
riſaͤiſche Gauckeley, als ein ſonderbar heiliges
Verfahren, zur Nachahmung angeprieſen.
Wie aber nun der Hr. Philippi wohl vorher
geſehen, daß viele uͤber eine ſo ungewoͤhnliche
und unzeitige Andacht lachen wuͤrden, ſo hatte
er zum voraus alle diejenigen, die das Hertz ha-
ben wuͤrden, ſeine Scheinheiligkeit zu tadeln, oh-
ne Umſchweif vor Religions-Spoͤtter erklaͤ-
ret, und alſo ſeine begangene Thorheit durch
eine Grobheit rechtfertigen wollen, und Feh-
ler mit Fehler gehaͤufet.
Es iſt nicht zu verwundern, daß der Ver-
faſſer des Briontes ihn davor zu gebuͤhrender
Strafe gezogen, und ihm durch den Spoͤtter,
den er p. 32. redend einfuͤhret, die Wahrheit
fein derbe hat ſagen laſſen. Alles, was dieſer
Spoͤtter ſagt, iſt vernuͤnftig; Nur koͤmmt es
einigen bedencklich vor, daß er unter andern
ſagt: Er koͤnne mit GOtt reden, ohne daß
er noͤthig habe den Pſalter und die Offenbah-
rung Johannis auszupluͤndern.
Jch begreiffe nicht, was ſie in dieſem Aus-
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/320>, abgerufen am 25.11.2024.
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