"Sind sie nun auch so gesinnet, so müssen wir "ihnen sagen, daß sie sich nicht der rechten "Mittel bedienen, uns ihnen gleich zu machen. "Mit ihren Klagen, Seufzen und Schelten "richten sie nichts aus. Dadurch reitzen sie "uns nur zum Lachen, denn es stehet ihnen gar "zu artig. Versuchen sie es aber einmal, und "fangen an zu spotten und zu lachen: Jch "bin ihnen gut davor, daß uns gleich die Au- "gen übergehen werden. Wenn sie alsdann "sehen, daß uns das Weinen eben so übel an- "stehet, als ihnen das Lachen, so hofen wir, "daß sie in sich gehen und begreifen werden, "daß sie etwas ungereimtes von uns verlanget "haben, und daß es besser sey, wenn ein jeder so "bleibt, als ihn GOtt erschafen hat, und keiner "den andern meistert.
Eine Saty- re ist ein kräftig Mittel die Thoren einzutrei- ben und ei- gentlich nichts als eine deduc- tio ad absur- dum.
So werden die Spötter unstreitig reden. Jch aber sage nur kürtzlich, daß eine Satyre zu Bestreitung der Jrrthümer und Thorheiten eben so geschickt ist, als eine ernsthafte Schrift, und daß es folglich auf eines ieden Gutbefin- den ankomme, ob er sich einer ernsthaften, oder satyrischen Schreib-Art bedienen wolle. Wenn ich einen überführen will, daß er geir- ret hat, so kan ich entweder gewisse Grund- Wahrheiten voraussetzen, und ihm zeigen, daß seine Lehre, oder sein Verfahren mit selbigen streitet, und wenn ich dieses thue, so rede oder schreibe ich ernsthaft: Oder ich kan mich stellen, als wenn ich die Lehre, die ich wiederlegen, und das Verfahren, das ich tadeln will, billige, und Fol-
gen
(o)
„Sind ſie nun auch ſo geſinnet, ſo muͤſſen wir „ihnen ſagen, daß ſie ſich nicht der rechten „Mittel bedienen, uns ihnen gleich zu machen. „Mit ihren Klagen, Seufzen und Schelten „richten ſie nichts aus. Dadurch reitzen ſie „uns nur zum Lachen, denn es ſtehet ihnen gar „zu artig. Verſuchen ſie es aber einmal, und „fangen an zu ſpotten und zu lachen: Jch „bin ihnen gut davor, daß uns gleich die Au- „gen uͤbergehen werden. Wenn ſie alsdann „ſehen, daß uns das Weinen eben ſo uͤbel an- „ſtehet, als ihnen das Lachen, ſo hofen wir, „daß ſie in ſich gehen und begreifen werden, „daß ſie etwas ungereimtes von uns verlanget „haben, und daß es beſſer ſey, wenn ein jeder ſo „bleibt, als ihn GOtt erſchafen hat, und keiner „den andern meiſtert.
Eine Saty- re iſt ein kraͤftig Mittel die Thoren einzutrei- ben und ei- gentlich nichts als eine deduc- tio ad abſur- dum.
So werden die Spoͤtter unſtreitig reden. Jch aber ſage nur kuͤrtzlich, daß eine Satyre zu Beſtreitung der Jrrthuͤmer und Thorheiten eben ſo geſchickt iſt, als eine ernſthafte Schrift, und daß es folglich auf eines ieden Gutbefin- den ankomme, ob er ſich einer ernſthaften, oder ſatyriſchen Schreib-Art bedienen wolle. Wenn ich einen uͤberfuͤhren will, daß er geir- ret hat, ſo kan ich entweder gewiſſe Grund- Wahrheiten vorausſetzen, und ihm zeigen, daß ſeine Lehre, oder ſein Verfahren mit ſelbigen ſtreitet, und wenn ich dieſes thue, ſo rede oder ſchreibe ich ernſthaft: Oder ich kan mich ſtellen, als weñ ich die Lehꝛe, die ich wiedeꝛlegen, und das Verfahren, das ich tadeln will, billige, und Fol-
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(o)
„Sind ſie nun auch ſo geſinnet, ſo muͤſſen wir
„ihnen ſagen, daß ſie ſich nicht der rechten
„Mittel bedienen, uns ihnen gleich zu machen.
„Mit ihren Klagen, Seufzen und Schelten
„richten ſie nichts aus. Dadurch reitzen ſie
„uns nur zum Lachen, denn es ſtehet ihnen gar
„zu artig. Verſuchen ſie es aber einmal, und
„fangen an zu ſpotten und zu lachen: Jch
„bin ihnen gut davor, daß uns gleich die Au-
„gen uͤbergehen werden. Wenn ſie alsdann
„ſehen, daß uns das Weinen eben ſo uͤbel an-
„ſtehet, als ihnen das Lachen, ſo hofen wir,
„daß ſie in ſich gehen und begreifen werden,
„daß ſie etwas ungereimtes von uns verlanget
„haben, und daß es beſſer ſey, wenn ein jeder ſo
„bleibt, als ihn GOtt erſchafen hat, und keiner
„den andern meiſtert.
So werden die Spoͤtter unſtreitig reden.
Jch aber ſage nur kuͤrtzlich, daß eine Satyre zu
Beſtreitung der Jrrthuͤmer und Thorheiten
eben ſo geſchickt iſt, als eine ernſthafte Schrift,
und daß es folglich auf eines ieden Gutbefin-
den ankomme, ob er ſich einer ernſthaften, oder
ſatyriſchen Schreib-Art bedienen wolle.
Wenn ich einen uͤberfuͤhren will, daß er geir-
ret hat, ſo kan ich entweder gewiſſe Grund-
Wahrheiten vorausſetzen, und ihm zeigen, daß
ſeine Lehre, oder ſein Verfahren mit ſelbigen
ſtreitet, und wenn ich dieſes thue, ſo rede oder
ſchreibe ich ernſthaft: Oder ich kan mich ſtellen,
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/368>, abgerufen am 01.11.2024.
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