braucht nur die Fliegen-Klappe, oder wenns hoch kömmt, vor einige Groschen Fliegen-Was- ser. Wer bösen und schädlichen Jrrthümern, auf eine künstliche Weise, einen Schein der Wahrheit giebt, und durch seine Schriften dieselbe in die Welt ausbreitet, der ist ein Wolf, und verdienet, daß man ihn mit Spiessen und Stangen verfolge, oder deutlicher zu reden, gründlich, nachdrücklich und ernsthaft wieder- lege. Die albernen Scribenten hergegen sind dasjenige Ungeziefer, so den Helicon beunruhi- get, und es ist nicht nöthig, daß man ihrentwe- gen den Harnisch anleget, und einen ernstlichen Kampf mit ihnen antritt. Man kan sie spie- lend vertilgen, und eine eintzige Satyre ist ih- nen so tödlich als den Fliegen das Fliegen- Wasser.
Was ich bißher gesaget habe wird hoffent-Schließli- che Abferti- gung der Ernsthaf- ten. lich hinlänglich seyn, die gar zu ernsthaften Leu- te, die keine Satyren vertragen können, zu über- führen, daß sie ohne Ursache murren, und eine satyrische Schreib-Art so wenig überhaupt zu verwerfen ist, daß sie vielmehr in gewissen Fäl- len mehr Nutzen schaft, als eine ernsthafte. Da- mit ich nun diese gestrengen Herren völlig zu- frieden stelle, muß ich ihnen noch ein falsche Einbildung aus dem Sinne reden. Sie mei- nen, die Satyren sind darum verwerflich, weil sie die Thoren erbittern. Allein, wo dieser Schluß richtig ist, so muß man die Wahrheit gar aus der Welt verbannen; denn diese ist den Thoren allemahl bitter. Sie schmeckt
ihnen
S 5
(o)
braucht nur die Fliegen-Klappe, oder wenns hoch koͤm̃t, vor einige Groſchen Fliegen-Waſ- ſer. Wer boͤſen und ſchaͤdlichen Jrrthuͤmern, auf eine kuͤnſtliche Weiſe, einen Schein der Wahrheit giebt, und durch ſeine Schriften dieſelbe in die Welt ausbreitet, der iſt ein Wolf, und verdienet, daß man ihn mit Spieſſen und Stangen verfolge, oder deutlicher zu reden, gruͤndlich, nachdruͤcklich und ernſthaft wieder- lege. Die albernen Scribenten hergegen ſind dasjenige Ungeziefer, ſo den Helicon beunruhi- get, und es iſt nicht noͤthig, daß man ihrentwe- gen den Harniſch anleget, und einen ernſtlichen Kampf mit ihnen antritt. Man kan ſie ſpie- lend vertilgen, und eine eintzige Satyre iſt ih- nen ſo toͤdlich als den Fliegen das Fliegen- Waſſer.
Was ich bißher geſaget habe wird hoffent-Schließli- che Abferti- gung der Ernſthaf- ten. lich hinlaͤnglich ſeyn, die gar zu ernſthaften Leu- te, die keine Satyren vertragen koͤnnen, zu uͤber- fuͤhren, daß ſie ohne Urſache murren, und eine ſatyriſche Schreib-Art ſo wenig uͤberhaupt zu verwerfen iſt, daß ſie vielmehr in gewiſſen Faͤl- len mehr Nutzen ſchaft, als eine ernſthafte. Da- mit ich nun dieſe geſtrengen Herren voͤllig zu- frieden ſtelle, muß ich ihnen noch ein falſche Einbildung aus dem Sinne reden. Sie mei- nen, die Satyren ſind darum verwerflich, weil ſie die Thoren erbittern. Allein, wo dieſer Schluß richtig iſt, ſo muß man die Wahrheit gar aus der Welt verbannen; denn dieſe iſt den Thoren allemahl bitter. Sie ſchmeckt
ihnen
S 5
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0373"n="281"/><fwplace="top"type="header">(<hirendition="#aq">o</hi>)</fw><lb/>
braucht nur die Fliegen-Klappe, oder wenns<lb/>
hoch koͤm̃t, vor einige Groſchen Fliegen-Waſ-<lb/>ſer. Wer boͤſen und ſchaͤdlichen Jrrthuͤmern,<lb/>
auf eine kuͤnſtliche Weiſe, einen Schein der<lb/>
Wahrheit giebt, und durch ſeine Schriften<lb/>
dieſelbe in die Welt ausbreitet, der iſt ein Wolf,<lb/>
und verdienet, daß man ihn mit Spieſſen und<lb/>
Stangen verfolge, oder deutlicher zu reden,<lb/>
gruͤndlich, nachdruͤcklich und ernſthaft wieder-<lb/>
lege. Die albernen Scribenten hergegen ſind<lb/>
dasjenige Ungeziefer, ſo den Helicon beunruhi-<lb/>
get, und es iſt nicht noͤthig, daß man ihrentwe-<lb/>
gen den Harniſch anleget, und einen ernſtlichen<lb/>
Kampf mit ihnen antritt. Man kan ſie ſpie-<lb/>
lend vertilgen, und eine eintzige Satyre iſt ih-<lb/>
nen ſo toͤdlich als den Fliegen das Fliegen-<lb/>
Waſſer.</p><lb/><p>Was ich bißher geſaget habe wird hoffent-<noteplace="right">Schließli-<lb/>
che Abferti-<lb/>
gung der<lb/>
Ernſthaf-<lb/>
ten.</note><lb/>
lich hinlaͤnglich ſeyn, die gar zu ernſthaften Leu-<lb/>
te, die keine Satyren vertragen koͤnnen, zu uͤber-<lb/>
fuͤhren, daß ſie ohne Urſache murren, und eine<lb/>ſatyriſche Schreib-Art ſo wenig uͤberhaupt zu<lb/>
verwerfen iſt, daß ſie vielmehr in gewiſſen Faͤl-<lb/>
len mehr Nutzen ſchaft, als eine ernſthafte. Da-<lb/>
mit ich nun dieſe geſtrengen Herren voͤllig zu-<lb/>
frieden ſtelle, muß ich ihnen noch ein falſche<lb/>
Einbildung aus dem Sinne reden. Sie mei-<lb/>
nen, die Satyren ſind darum verwerflich, weil<lb/>ſie die Thoren erbittern. Allein, wo dieſer<lb/>
Schluß richtig iſt, ſo muß man die Wahrheit<lb/>
gar aus der Welt verbannen; denn dieſe iſt<lb/>
den Thoren allemahl bitter. Sie ſchmeckt<lb/><fwplace="bottom"type="sig">S 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">ihnen</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[281/0373]
(o)
braucht nur die Fliegen-Klappe, oder wenns
hoch koͤm̃t, vor einige Groſchen Fliegen-Waſ-
ſer. Wer boͤſen und ſchaͤdlichen Jrrthuͤmern,
auf eine kuͤnſtliche Weiſe, einen Schein der
Wahrheit giebt, und durch ſeine Schriften
dieſelbe in die Welt ausbreitet, der iſt ein Wolf,
und verdienet, daß man ihn mit Spieſſen und
Stangen verfolge, oder deutlicher zu reden,
gruͤndlich, nachdruͤcklich und ernſthaft wieder-
lege. Die albernen Scribenten hergegen ſind
dasjenige Ungeziefer, ſo den Helicon beunruhi-
get, und es iſt nicht noͤthig, daß man ihrentwe-
gen den Harniſch anleget, und einen ernſtlichen
Kampf mit ihnen antritt. Man kan ſie ſpie-
lend vertilgen, und eine eintzige Satyre iſt ih-
nen ſo toͤdlich als den Fliegen das Fliegen-
Waſſer.
Was ich bißher geſaget habe wird hoffent-
lich hinlaͤnglich ſeyn, die gar zu ernſthaften Leu-
te, die keine Satyren vertragen koͤnnen, zu uͤber-
fuͤhren, daß ſie ohne Urſache murren, und eine
ſatyriſche Schreib-Art ſo wenig uͤberhaupt zu
verwerfen iſt, daß ſie vielmehr in gewiſſen Faͤl-
len mehr Nutzen ſchaft, als eine ernſthafte. Da-
mit ich nun dieſe geſtrengen Herren voͤllig zu-
frieden ſtelle, muß ich ihnen noch ein falſche
Einbildung aus dem Sinne reden. Sie mei-
nen, die Satyren ſind darum verwerflich, weil
ſie die Thoren erbittern. Allein, wo dieſer
Schluß richtig iſt, ſo muß man die Wahrheit
gar aus der Welt verbannen; denn dieſe iſt
den Thoren allemahl bitter. Sie ſchmeckt
ihnen
Schließli-
che Abferti-
gung der
Ernſthaf-
ten.
S 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/373>, abgerufen am 31.10.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.