nen zu lernen, muß uns nothwendig ein unaussprechli- ches Vergnüge geben, weil es eine Sache ist, die wir so lange vergebens gewünschet haben. Allein das zorni- ge Gesicht, die funckelnden, und gar nicht huldrei- chen Augen, samt den übrigen, von nichts, als Ra- che, Grimm, Eyfer, Wut und Verzweifelung zeu- genden Geberden, mit welchen Ew. Hoch-Edelgeb. in unsere Versammlung treten, setzen uns in die grös- seste Verwirrung.
Wir wissen uns nicht darin zu finden, daß Ew. Hoch-Edelgeb. so böse thun, da wir doch Dieselbe so wenig beleidiget haben, daß wir vielmehr uns rühmen können, eben diejenigen zu seyn, die vor Ew. Hoch- Edelgeb. die grösseste Hochachtung hegen. Die Pro- ben, so wir davon gegeben haben, liegen vor jedermans Augen, und sind so deutlich, daß es uns vermuthlich niemand zum Hochmuth deuten wird, wenn wir sa- gen, daß wir von Ew. Hoch-Edelgeb. eine grössere Erkenntlichkeit vermuthet hätten. Eine höfliche Dancksagung war das wenigste, das wir hoften. Aber so müssen wir, zu unserer nicht geringen Be- fremdung, erfahren, daß wir uns in unserer Hofnung betrogen haben.
Ew. Hoch-Edelgeb. Eintritt in unsere Versamm- lung siehet einem feindlichen Einbruch nicht ungleich.
"Iratus, Germane, venis . . . . . . . (1) Sie schnauben mit Dreuen und Morden, und er- regen dadurch in unseren Hertzen so mancherley Bewegungen des Schreckens, Schmertzens, Furcht, Bangigkeit und Wehklagens,(2) daß
Leute,
(1)Statius Thebaid Lib. II.
(2) S. die sechs deutschen Reden des Hn. Prof. Philippi p. 21.
(o)
nen zu lernen, muß uns nothwendig ein unausſpꝛechli- ches Vergnuͤgē geben, weil es eine Sache iſt, die wir ſo lange vergebens gewuͤnſchet haben. Allein das zorni- ge Geſicht, die funckelnden, und gar nicht huldrei- chen Augen, ſamt den uͤbrigen, von nichts, als Ra- che, Grimm, Eyfer, Wut und Verzweifelung zeu- genden Geberden, mit welchen Ew. Hoch-Edelgeb. in unſere Verſammlung treten, ſetzen uns in die groͤſ- ſeſte Verwirrung.
Wir wiſſen uns nicht darin zu finden, daß Ew. Hoch-Edelgeb. ſo boͤſe thun, da wir doch Dieſelbe ſo wenig beleidiget haben, daß wir vielmehr uns ruͤhmen koͤnnen, eben diejenigen zu ſeyn, die vor Ew. Hoch- Edelgeb. die groͤſſeſte Hochachtung hegen. Die Pro- ben, ſo wir davon gegeben haben, liegen vor jedermans Augen, und ſind ſo deutlich, daß es uns vermuthlich niemand zum Hochmuth deuten wird, wenn wir ſa- gen, daß wir von Ew. Hoch-Edelgeb. eine groͤſſere Erkenntlichkeit vermuthet haͤtten. Eine hoͤfliche Danckſagung war das wenigſte, das wir hoften. Aber ſo muͤſſen wir, zu unſerer nicht geringen Be- fremdung, erfahren, daß wir uns in unſerer Hofnung betrogen haben.
Ew. Hoch-Edelgeb. Eintritt in unſere Verſamm- lung ſiehet einem feindlichen Einbruch nicht ungleich.
“Iratus, Germane, venis . . . . . . . (1) Sie ſchnauben mit Dreuen und Morden, und er- regen dadurch in unſeren Hertzen ſo mancherley Bewegungen des Schreckens, Schmertzens, Furcht, Bangigkeit und Wehklagens,(2) daß
Leute,
(1)Statius Thebaid Lib. II.
(2) S. die ſechs deutſchen Reden des Hn. Prof. Philippi p. 21.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0446"n="354"/><fwplace="top"type="header">(<hirendition="#aq">o</hi>)</fw><lb/>
nen zu lernen, muß uns nothwendig ein unausſpꝛechli-<lb/>
ches Vergnuͤgē geben, weil es eine Sache iſt, die wir ſo<lb/>
lange vergebens gewuͤnſchet haben. Allein das zorni-<lb/>
ge Geſicht, die funckelnden, und gar nicht <hirendition="#fr">huldrei-<lb/>
chen Augen,</hi>ſamt den uͤbrigen, von nichts, als Ra-<lb/>
che, Grimm, Eyfer, Wut und Verzweifelung zeu-<lb/>
genden Geberden, mit welchen Ew. Hoch-Edelgeb.<lb/>
in unſere Verſammlung treten, ſetzen uns in die groͤſ-<lb/>ſeſte Verwirrung.</p><lb/><p>Wir wiſſen uns nicht darin zu finden, daß Ew.<lb/>
Hoch-Edelgeb. ſo boͤſe thun, da wir doch Dieſelbe ſo<lb/>
wenig beleidiget haben, daß wir vielmehr uns ruͤhmen<lb/>
koͤnnen, eben diejenigen zu ſeyn, die vor Ew. Hoch-<lb/>
Edelgeb. die groͤſſeſte Hochachtung hegen. Die Pro-<lb/>
ben, ſo wir davon gegeben haben, liegen vor jedermans<lb/>
Augen, und ſind ſo deutlich, daß es uns vermuthlich<lb/>
niemand zum Hochmuth deuten wird, wenn wir ſa-<lb/>
gen, daß wir von Ew. Hoch-Edelgeb. eine groͤſſere<lb/>
Erkenntlichkeit vermuthet haͤtten. Eine hoͤfliche<lb/>
Danckſagung war das wenigſte, das wir hoften.<lb/>
Aber ſo muͤſſen wir, zu unſerer nicht geringen Be-<lb/>
fremdung, erfahren, daß wir uns in unſerer Hofnung<lb/>
betrogen haben.</p><lb/><p>Ew. Hoch-Edelgeb. Eintritt in unſere Verſamm-<lb/>
lung ſiehet einem feindlichen Einbruch nicht ungleich.</p><lb/><p><hirendition="#aq">“Iratus, Germane, venis</hi> . . . . . . . <noteplace="foot"n="(1)"><hirendition="#aq">Statius Thebaid Lib. II.</hi></note><lb/>
Sie ſchnauben mit <hirendition="#fr">Dreuen und Morden,</hi> und er-<lb/>
regen dadurch in unſeren Hertzen <hirendition="#fr">ſo mancherley<lb/>
Bewegungen des Schreckens, Schmertzens,<lb/>
Furcht, Bangigkeit und Wehklagens,</hi><noteplace="foot"n="(2)">S. die ſechs deutſchen Reden des Hn. Prof. Philippi <hirendition="#aq">p.</hi> 21.</note> daß<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Leute,</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[354/0446]
(o)
nen zu lernen, muß uns nothwendig ein unausſpꝛechli-
ches Vergnuͤgē geben, weil es eine Sache iſt, die wir ſo
lange vergebens gewuͤnſchet haben. Allein das zorni-
ge Geſicht, die funckelnden, und gar nicht huldrei-
chen Augen, ſamt den uͤbrigen, von nichts, als Ra-
che, Grimm, Eyfer, Wut und Verzweifelung zeu-
genden Geberden, mit welchen Ew. Hoch-Edelgeb.
in unſere Verſammlung treten, ſetzen uns in die groͤſ-
ſeſte Verwirrung.
Wir wiſſen uns nicht darin zu finden, daß Ew.
Hoch-Edelgeb. ſo boͤſe thun, da wir doch Dieſelbe ſo
wenig beleidiget haben, daß wir vielmehr uns ruͤhmen
koͤnnen, eben diejenigen zu ſeyn, die vor Ew. Hoch-
Edelgeb. die groͤſſeſte Hochachtung hegen. Die Pro-
ben, ſo wir davon gegeben haben, liegen vor jedermans
Augen, und ſind ſo deutlich, daß es uns vermuthlich
niemand zum Hochmuth deuten wird, wenn wir ſa-
gen, daß wir von Ew. Hoch-Edelgeb. eine groͤſſere
Erkenntlichkeit vermuthet haͤtten. Eine hoͤfliche
Danckſagung war das wenigſte, das wir hoften.
Aber ſo muͤſſen wir, zu unſerer nicht geringen Be-
fremdung, erfahren, daß wir uns in unſerer Hofnung
betrogen haben.
Ew. Hoch-Edelgeb. Eintritt in unſere Verſamm-
lung ſiehet einem feindlichen Einbruch nicht ungleich.
“Iratus, Germane, venis . . . . . . . (1)
Sie ſchnauben mit Dreuen und Morden, und er-
regen dadurch in unſeren Hertzen ſo mancherley
Bewegungen des Schreckens, Schmertzens,
Furcht, Bangigkeit und Wehklagens, (2) daß
Leute,
(1) Statius Thebaid Lib. II.
(2) S. die ſechs deutſchen Reden des Hn. Prof. Philippi p. 21.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/446>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.