Merseburg und Naumburg abgesprochen (28)? Wie verwegen hast du nicht, an einen gewissen Ort, vor einer schon verstorbenen grossen Printzeßin, und was noch mehr zu bewundern, von der noch lebenden Hertzogin von K-nd-l geredet (29)? Und haben nicht viel Grosse bey dem Lotterey-Wesen in Sachsen mit ihrem Schaden erfahren, daß auch die angesehensten Männer vor deiner Feder nicht sicher sind, wenn dein gerechter Zorn erst an zu brennen fängt?
Wir folgen deinem Exempel, heldenmüthiger und kühner Philippi, und scheuen uns vor nichts. Unser Wahlspruch ist:
"Aude aliquid brevibus Gyaris, & carcere dignum "Si vis esse aliquis . . . . . . (30).
Laß es seyn, daß man unsere Kühnheit bestrafet; Wir leiden allemahl unschuldig. Man werfe uns in den Kercker: Wir wissen uns groß damit. Wir sind so sehr von dem Rest der Menschen unterschieden, daß wir das, was andere Schande nennen, vor unsere gröste Ehre achten. Es kömmt nur darauf an, wie man eine Sache ansiehet. Empfangen wir, was un- sere Thaten, nach dem Urtheil unserer Verfolger, werth sind, so sind wir Märryrer der Wahrheit; Legt man unsere Füsse in den Stock; so trösten wir uns damit, daß ein dergleichen Gefängniß, daß ei- ner nicht um Missethat willen, sondern aus unver-
schul-
(28) S. die Thüring. Historie. p. 203. sqq. not. 260.
(29)ib. p. 155. not. 181.
(30)Juvenalis Sat. I.
(o)
Merſeburg und Naumburg abgeſprochen (28)? Wie verwegen haſt du nicht, an einen gewiſſen Ort, vor einer ſchon verſtorbenen groſſen Printzeßin, und was noch mehr zu bewundern, von der noch lebenden Hertzogin von K-nd-l geredet (29)? Und haben nicht viel Groſſe bey dem Lotterey-Weſen in Sachſen mit ihrem Schaden erfahren, daß auch die angeſehenſten Maͤnner vor deiner Feder nicht ſicher ſind, wenn dein gerechter Zorn erſt an zu brennen faͤngt?
Wir folgen deinem Exempel, heldenmuͤthiger und kuͤhner Philippi, und ſcheuen uns vor nichts. Unſer Wahlſpruch iſt:
Laß es ſeyn, daß man unſere Kuͤhnheit beſtrafet; Wir leiden allemahl unſchuldig. Man werfe uns in den Kercker: Wir wiſſen uns groß damit. Wir ſind ſo ſehr von dem Reſt der Menſchen unterſchieden, daß wir das, was andere Schande nennen, vor unſere groͤſte Ehre achten. Es koͤmmt nur darauf an, wie man eine Sache anſiehet. Empfangen wir, was un- ſere Thaten, nach dem Urtheil unſerer Verfolger, werth ſind, ſo ſind wir Maͤrryrer der Wahrheit; Legt man unſere Fuͤſſe in den Stock; ſo troͤſten wir uns damit, daß ein dergleichen Gefaͤngniß, daß ei- ner nicht um Miſſethat willen, ſondern aus unver-
ſchul-
(28) S. die Thuͤring. Hiſtorie. p. 203. ſqq. not. 260.
(29)ib. p. 155. not. 181.
(30)Juvenalis Sat. I.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0476"n="384"/><fwplace="top"type="header">(<hirendition="#aq">o</hi>)</fw><lb/><hirendition="#fr">Merſeburg</hi> und <hirendition="#fr">Naumburg</hi> abgeſprochen <noteplace="foot"n="(28)">S. die Thuͤring. Hiſtorie. <hirendition="#aq">p. 203. ſqq. not.</hi> 260.</note>?<lb/>
Wie verwegen haſt du nicht, an einen gewiſſen Ort,<lb/>
vor einer ſchon verſtorbenen groſſen Printzeßin, und<lb/>
was noch mehr zu bewundern, von der noch lebenden<lb/>
Hertzogin von <hirendition="#aq">K-nd-l</hi> geredet <noteplace="foot"n="(29)"><hirendition="#aq">ib. p. 155. not.</hi> 181.</note>? Und haben<lb/>
nicht viel <hirendition="#fr">Groſſe</hi> bey dem <hirendition="#fr">Lotterey-Weſen in<lb/>
Sachſen</hi> mit ihrem Schaden erfahren, daß auch die<lb/>
angeſehenſten Maͤnner vor deiner Feder nicht ſicher<lb/>ſind, wenn dein <hirendition="#fr">gerechter Zorn</hi> erſt an zu brennen<lb/>
faͤngt?</p><lb/><p>Wir folgen deinem Exempel, <hirendition="#fr">heldenmuͤthiger</hi><lb/>
und <hirendition="#fr">kuͤhner</hi> Philippi, und ſcheuen uns vor nichts.<lb/>
Unſer <hirendition="#fr">Wahlſpruch</hi> iſt:</p><lb/><cit><quote><hirendition="#aq">„Aude aliquid brevibus Gyaris, & carcere<lb/><hirendition="#et">dignum</hi><lb/>„Si vis eſſe aliquis</hi> . . . . . . <noteplace="foot"n="(30)"><hirendition="#aq">Juvenalis Sat. I.</hi></note>.</quote></cit><lb/><p>Laß es ſeyn, daß man unſere Kuͤhnheit beſtrafet; Wir<lb/>
leiden allemahl <hirendition="#fr">unſchuldig.</hi> Man werfe uns in den<lb/><hirendition="#fr">Kercker:</hi> Wir wiſſen uns groß damit. Wir ſind<lb/>ſo ſehr von dem Reſt der Menſchen unterſchieden, daß<lb/>
wir das, was andere <hirendition="#fr">Schande</hi> nennen, vor unſere<lb/>
groͤſte Ehre achten. Es koͤmmt nur darauf an, wie<lb/>
man eine Sache anſiehet. Empfangen wir, was un-<lb/>ſere Thaten, nach dem Urtheil unſerer Verfolger,<lb/>
werth ſind, ſo ſind wir <hirendition="#fr">Maͤrryrer der Wahrheit;</hi><lb/>
Legt man unſere <hirendition="#fr">Fuͤſſe in den Stock;</hi>ſo troͤſten wir<lb/>
uns damit, daß ein dergleichen <hirendition="#fr">Gefaͤngniß,</hi> daß ei-<lb/>
ner nicht um Miſſethat willen, ſondern aus unver-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſchul-</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[384/0476]
(o)
Merſeburg und Naumburg abgeſprochen (28)?
Wie verwegen haſt du nicht, an einen gewiſſen Ort,
vor einer ſchon verſtorbenen groſſen Printzeßin, und
was noch mehr zu bewundern, von der noch lebenden
Hertzogin von K-nd-l geredet (29)? Und haben
nicht viel Groſſe bey dem Lotterey-Weſen in
Sachſen mit ihrem Schaden erfahren, daß auch die
angeſehenſten Maͤnner vor deiner Feder nicht ſicher
ſind, wenn dein gerechter Zorn erſt an zu brennen
faͤngt?
Wir folgen deinem Exempel, heldenmuͤthiger
und kuͤhner Philippi, und ſcheuen uns vor nichts.
Unſer Wahlſpruch iſt:
„Aude aliquid brevibus Gyaris, & carcere
dignum
„Si vis eſſe aliquis . . . . . . (30).
Laß es ſeyn, daß man unſere Kuͤhnheit beſtrafet; Wir
leiden allemahl unſchuldig. Man werfe uns in den
Kercker: Wir wiſſen uns groß damit. Wir ſind
ſo ſehr von dem Reſt der Menſchen unterſchieden, daß
wir das, was andere Schande nennen, vor unſere
groͤſte Ehre achten. Es koͤmmt nur darauf an, wie
man eine Sache anſiehet. Empfangen wir, was un-
ſere Thaten, nach dem Urtheil unſerer Verfolger,
werth ſind, ſo ſind wir Maͤrryrer der Wahrheit;
Legt man unſere Fuͤſſe in den Stock; ſo troͤſten wir
uns damit, daß ein dergleichen Gefaͤngniß, daß ei-
ner nicht um Miſſethat willen, ſondern aus unver-
ſchul-
(28) S. die Thuͤring. Hiſtorie. p. 203. ſqq. not. 260.
(29) ib. p. 155. not. 181.
(30) Juvenalis Sat. I.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/476>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.