Jedoch des Himmels Glück Krönt eines Wünsche oft eh er es denckt. So gieng es dem Briontes auch, Er trieb nach seinem Brauch Die Heerd in einen dicken Wald, Durch den ein reiner Quell mit sanften Rauschen floß, Und der ein weites Feld von Wiesen gantz um- schloß. Weil keine Seele nun in diese Oede kam, Auch ihm die Einsamkeit die Furcht benahm, Sein Leid den Lüften zu bekennen; So rief er daselbst bald:
Aria.
Ach worzu bin ich doch versehn! Jch darf nicht Clarimenen lieben, Und kan doch nicht den starcken Trieben Von ihrer Schönheit wiederstehn. Ach worzu bin ich doch versehn!
Kaum da er dis gesagt, Und seine Seufzer so der stillen Luft geklagt, Legt er sich unter einen Baum Auf die noch dünn-belaubte Erde, "Das eine Auge warf er stets auf seine Heerde, "Das andere im Geist auf Clarimenens Brust. Er sah mit angegangnem Mertzen Die anvertrauten Schäflein schertzen. Da lagen sie in bunter Reyh, Und da gesellte sich hier eins dem andern bey. O was war das ihm nicht vor eine Lust,
Sie
(o)
Jedoch des Himmels Gluͤck Kroͤnt eines Wuͤnſche oft eh er es denckt. So gieng es dem Briontes auch, Er trieb nach ſeinem Brauch Die Heerd in einen dicken Wald, Durch den ein reiner Quell mit ſanften Rauſchen floß, Und der ein weites Feld von Wieſen gantz um- ſchloß. Weil keine Seele nun in dieſe Oede kam, Auch ihm die Einſamkeit die Furcht benahm, Sein Leid den Luͤften zu bekennen; So rief er daſelbſt bald:
Aria.
Ach worzu bin ich doch verſehn! Jch darf nicht Clarimenen lieben, Und kan doch nicht den ſtarcken Trieben Von ihrer Schoͤnheit wiederſtehn. Ach worzu bin ich doch verſehn!
Kaum da er dis geſagt, Und ſeine Seufzer ſo der ſtillen Luft geklagt, Legt er ſich unter einen Baum Auf die noch duͤnn-belaubte Erde, „Das eine Auge warf er ſtets auf ſeine Heerde, „Das andere im Geiſt auf Clarimenens Bruſt. Er ſah mit angegangnem Mertzen Die anvertrauten Schaͤflein ſchertzen. Da lagen ſie in bunter Reyh, Und da geſellte ſich hier eins dem andern bey. O was war das ihm nicht vor eine Luſt,
Sie
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(o)
Jedoch des Himmels Gluͤck
Kroͤnt eines Wuͤnſche oft eh er es denckt.
So gieng es dem Briontes auch,
Er trieb nach ſeinem Brauch
Die Heerd in einen dicken Wald,
Durch den ein reiner Quell mit ſanften Rauſchen
floß,
Und der ein weites Feld von Wieſen gantz um-
ſchloß.
Weil keine Seele nun in dieſe Oede kam,
Auch ihm die Einſamkeit die Furcht benahm,
Sein Leid den Luͤften zu bekennen;
So rief er daſelbſt bald:
Aria.
Ach worzu bin ich doch verſehn!
Jch darf nicht Clarimenen lieben,
Und kan doch nicht den ſtarcken Trieben
Von ihrer Schoͤnheit wiederſtehn.
Ach worzu bin ich doch verſehn!
Kaum da er dis geſagt,
Und ſeine Seufzer ſo der ſtillen Luft geklagt,
Legt er ſich unter einen Baum
Auf die noch duͤnn-belaubte Erde,
„Das eine Auge warf er ſtets auf ſeine Heerde,
„Das andere im Geiſt auf Clarimenens Bruſt.
Er ſah mit angegangnem Mertzen
Die anvertrauten Schaͤflein ſchertzen.
Da lagen ſie in bunter Reyh,
Und da geſellte ſich hier eins dem andern bey.
O was war das ihm nicht vor eine Luſt,
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 429. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/521>, abgerufen am 22.11.2024.
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