so wenig vor schimpflich gehalten, daß sie vielmehr den grössesten Theil ihres Lebens angewendet haben, sich zu deren Beobachtung geschickt zu machen. Schimpfet man demnach den Herrn Prof. Philippi, wenn man sagt, er sey gestorben, und an den Ort ge- gangen.
Quo pius AEneas, quo Tullus dives, & Ancus?
Er wäre nicht der erste ehrliche Mann, dem dieses be- gegnet:
Abstulit clarum cita mors Achillem.
Abraham und die Propheten sind gestorben, und bleiben darum doch wohl, wer sie sind.
Ceciderunt in profundum Summus Aristoteles, Plato, & Euripides.
Warum schilt man mich demnach für einen Pas- qvillanten, und infamen Scribenten, weil ich gesa- get, der Herr Prof. Philippi habe etwas gethan, welches so viele grosse Leute, denen er das Wasser nicht reichet, vor ihm gethan haben, und welches er, wann er es noch nicht gethan, über kurtz oder lang doch einmahl thun müste? Was ich, in meinem Vorbericht zu dem medicinischen Bedencken, von seinem Absterben gemeldet habe, kan unmöglich sei- nen ehrlichen Nahmen beschmitzen, da es, wie ich versichert bin, wahr ist; Und ich glaube also um so viel weniger, daß es seinen guten Leumund schmälern könnte, und wenn es gleich, wie seine Freunde wol- len, falsch wäre. Lebt der Herr Prof. Philippi noch, so ist es desto besser vor ihn, und desto schlimmer vor mich. Er kan mich auslachen, und ich würde die Schande haben, daß ich gelogen. Daß ich aber dar-
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ſo wenig vor ſchimpflich gehalten, daß ſie vielmehr den groͤſſeſten Theil ihres Lebens angewendet haben, ſich zu deren Beobachtung geſchickt zu machen. Schimpfet man demnach den Herrn Prof. Philippi, wenn man ſagt, er ſey geſtorben, und an den Ort ge- gangen.
Quo pius Æneas, quo Tullus dives, & Ancus?
Er waͤre nicht der erſte ehrliche Mann, dem dieſes be- gegnet:
Abſtulit clarum cita mors Achillem.
Abraham und die Propheten ſind geſtorben, und bleiben darum doch wohl, wer ſie ſind.
Ceciderunt in profundum Summus Ariſtoteles, Plato, & Euripides.
Warum ſchilt man mich demnach fuͤr einen Pas- qvillanten, und infamen Scribenten, weil ich geſa- get, der Herr Prof. Philippi habe etwas gethan, welches ſo viele groſſe Leute, denen er das Waſſer nicht reichet, vor ihm gethan haben, und welches er, wann er es noch nicht gethan, uͤber kurtz oder lang doch einmahl thun muͤſte? Was ich, in meinem Vorbericht zu dem mediciniſchen Bedencken, von ſeinem Abſterben gemeldet habe, kan unmoͤglich ſei- nen ehrlichen Nahmen beſchmitzen, da es, wie ich verſichert bin, wahr iſt; Und ich glaube alſo um ſo viel weniger, daß es ſeinen guten Leumund ſchmaͤlern koͤnnte, und wenn es gleich, wie ſeine Freunde wol- len, falſch waͤre. Lebt der Herr Prof. Philippi noch, ſo iſt es deſto beſſer vor ihn, und deſto ſchlimmer vor mich. Er kan mich auslachen, und ich wuͤrde die Schande haben, daß ich gelogen. Daß ich aber dar-
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ſo wenig vor ſchimpflich gehalten, daß ſie vielmehr
den groͤſſeſten Theil ihres Lebens angewendet haben,
ſich zu deren Beobachtung geſchickt zu machen.
Schimpfet man demnach den Herrn Prof. Philippi,
wenn man ſagt, er ſey geſtorben, und an den Ort ge-
gangen.
Quo pius Æneas, quo Tullus dives, & Ancus?
Er waͤre nicht der erſte ehrliche Mann, dem dieſes be-
gegnet:
Abſtulit clarum cita mors Achillem.
Abraham und die Propheten ſind geſtorben, und
bleiben darum doch wohl, wer ſie ſind.
Ceciderunt in profundum
Summus Ariſtoteles,
Plato, & Euripides.
Warum ſchilt man mich demnach fuͤr einen Pas-
qvillanten, und infamen Scribenten, weil ich geſa-
get, der Herr Prof. Philippi habe etwas gethan,
welches ſo viele groſſe Leute, denen er das Waſſer
nicht reichet, vor ihm gethan haben, und welches er,
wann er es noch nicht gethan, uͤber kurtz oder lang
doch einmahl thun muͤſte? Was ich, in meinem
Vorbericht zu dem mediciniſchen Bedencken, von
ſeinem Abſterben gemeldet habe, kan unmoͤglich ſei-
nen ehrlichen Nahmen beſchmitzen, da es, wie ich
verſichert bin, wahr iſt; Und ich glaube alſo um ſo
viel weniger, daß es ſeinen guten Leumund ſchmaͤlern
koͤnnte, und wenn es gleich, wie ſeine Freunde wol-
len, falſch waͤre. Lebt der Herr Prof. Philippi noch,
ſo iſt es deſto beſſer vor ihn, und deſto ſchlimmer vor
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/549>, abgerufen am 22.11.2024.
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