nicht. Jst es also wahrscheinlich, daß ich, ohne Hofnung des geringsten Vortheils, eine Thorheit solte begangen haben, die mir unstreitig wenig Ehre bringen würde? Wer mir eine solche Einfalt zu- trauet, der muß mich gar nicht kennen. Jch bin viel zu ehrliebend, als daß ich mich durch offenbare Lügen bey der gantzen ehrbaren Welt verächtlich machen solte, und überlasse allen meinen Lesern zu urtheilen, ob ein Mensch, der so gesinnet ist, würde vorgege- ben haben, der Herr Prof. Philippi sey gestorben, wenn dieser berühmte Lehrer noch lebte, und also im Stande wäre, ein so ungegründetes Gedicht auf das nachdrücklichste zu wiederlegen? Und gewiß, es würde mir übel bekommen seyn, wenn ich die Frech- heit gehabt hätte, noch bey seinem Leben eine solche Nachricht von seinem Tode herauszugeben, als ich jetzo, da er würcklich in die Ewigkeit gegangen ist, der Welt mitgetheilet habe. Wer den seel. Mann gekannt hat, der weiß, daß er sehr empfindlich und hitzig war, und von der, mehr als menschlichen, Gedult seiner beyden Brüder, Montmaur und Sievers, nicht das geringste an sich hatte. Er schenckte seinen Feinden nichts, und so bald kam nicht eine Schrift gegen ihn heraus, so war er mit der Antwort fertig. Jst es also glaublich, daß er, wenn er noch lebte, meine Nachricht von seinem To- de unbeantwortet gelassen haben würde? Jch will hier nicht untersuchen, wie weit sein Zeugniß in ei- ner Sache, die ihn so nahe angehet, gelten könnte: So viel ist indessen, deucht mich, gewiß, daß, wenn der Herr Prof. Philippi einmahl sagte, daß er noch im Leben, dieses ein Einwurf wieder meine Nach-
richt
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nicht. Jſt es alſo wahrſcheinlich, daß ich, ohne Hofnung des geringſten Vortheils, eine Thorheit ſolte begangen haben, die mir unſtreitig wenig Ehre bringen wuͤrde? Wer mir eine ſolche Einfalt zu- trauet, der muß mich gar nicht kennen. Jch bin viel zu ehrliebend, als daß ich mich durch offenbare Luͤgen bey der gantzen ehrbaren Welt veraͤchtlich machen ſolte, und uͤberlaſſe allen meinen Leſern zu urtheilen, ob ein Menſch, der ſo geſinnet iſt, wuͤrde vorgege- ben haben, der Herr Prof. Philippi ſey geſtorben, wenn dieſer beruͤhmte Lehrer noch lebte, und alſo im Stande waͤre, ein ſo ungegruͤndetes Gedicht auf das nachdruͤcklichſte zu wiederlegen? Und gewiß, es wuͤrde mir uͤbel bekommen ſeyn, wenn ich die Frech- heit gehabt haͤtte, noch bey ſeinem Leben eine ſolche Nachricht von ſeinem Tode herauszugeben, als ich jetzo, da er wuͤrcklich in die Ewigkeit gegangen iſt, der Welt mitgetheilet habe. Wer den ſeel. Mann gekannt hat, der weiß, daß er ſehr empfindlich und hitzig war, und von der, mehr als menſchlichen, Gedult ſeiner beyden Bruͤder, Montmaur und Sievers, nicht das geringſte an ſich hatte. Er ſchenckte ſeinen Feinden nichts, und ſo bald kam nicht eine Schrift gegen ihn heraus, ſo war er mit der Antwort fertig. Jſt es alſo glaublich, daß er, wenn er noch lebte, meine Nachricht von ſeinem To- de unbeantwortet gelaſſen haben wuͤrde? Jch will hier nicht unterſuchen, wie weit ſein Zeugniß in ei- ner Sache, die ihn ſo nahe angehet, gelten koͤnnte: So viel iſt indeſſen, deucht mich, gewiß, daß, wenn der Herr Prof. Philippi einmahl ſagte, daß er noch im Leben, dieſes ein Einwurf wieder meine Nach-
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nicht. Jſt es alſo wahrſcheinlich, daß ich, ohne
Hofnung des geringſten Vortheils, eine Thorheit
ſolte begangen haben, die mir unſtreitig wenig Ehre
bringen wuͤrde? Wer mir eine ſolche Einfalt zu-
trauet, der muß mich gar nicht kennen. Jch bin viel zu
ehrliebend, als daß ich mich durch offenbare Luͤgen
bey der gantzen ehrbaren Welt veraͤchtlich machen
ſolte, und uͤberlaſſe allen meinen Leſern zu urtheilen,
ob ein Menſch, der ſo geſinnet iſt, wuͤrde vorgege-
ben haben, der Herr Prof. Philippi ſey geſtorben,
wenn dieſer beruͤhmte Lehrer noch lebte, und alſo im
Stande waͤre, ein ſo ungegruͤndetes Gedicht auf
das nachdruͤcklichſte zu wiederlegen? Und gewiß, es
wuͤrde mir uͤbel bekommen ſeyn, wenn ich die Frech-
heit gehabt haͤtte, noch bey ſeinem Leben eine ſolche
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jetzo, da er wuͤrcklich in die Ewigkeit gegangen iſt,
der Welt mitgetheilet habe. Wer den ſeel. Mann
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hitzig war, und von der, mehr als menſchlichen,
Gedult ſeiner beyden Bruͤder, Montmaur und
Sievers, nicht das geringſte an ſich hatte. Er
ſchenckte ſeinen Feinden nichts, und ſo bald kam
nicht eine Schrift gegen ihn heraus, ſo war er mit
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wenn er noch lebte, meine Nachricht von ſeinem To-
de unbeantwortet gelaſſen haben wuͤrde? Jch will
hier nicht unterſuchen, wie weit ſein Zeugniß in ei-
ner Sache, die ihn ſo nahe angehet, gelten koͤnnte:
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 467. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/559>, abgerufen am 22.11.2024.
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