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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

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(o)
der Todten an die Lebendigen. Die Letters from
the Dead to the Living,
so Thomas Brown heraus
gegeben, sind bekannt; und noch neulich hat der vori-
ge König von Franckreich einen langen Brief an den
jetzigen geschrieben, ohne daß darum jemand gesaget
hat, Ludwig der XIVte sey von den Todten erstan-
den, oder gar niemahls gestorben.

Jch glaube, dieses wird so wohl zu Ueberzeugung
meiner Leser; als auch zu Beschämung meiner Wie-
dersacher genug seyn; und ich kan also die Feder ohne
Bedencken niederlegen. Denn was das Ding an-
langet, das zu Göttingen, unter der Gestalt und
dem Nahmen des Herrn Prof. Philippi, herumge-
hen soll; so lasse ich mich darauf nicht ein. Jch habe
deßfalls noch keine zulängliche Nachricht eingezogen.
Daß es indessen der Herr Prof. Philippi selbst nicht
seyn könne, das hat wohl seine Richtigkeit: Denn
der ist schon an dem Ort, unde negant, redire
quemquam.

Wenn ich aber meine unvorgreifliche Meinung
sagen soll, so halte ich davor, daß der Teufel sein Spiel
darunter habe; und glaube, daß, wer kein Atheiste
oder Thomasianer ist, meine Meinung, wo nicht
vor wahrscheinlich, doch vor erbaulich halten wird.
Was sich mit dem bekannten Wagner zu Witten-
berg auf öffentlichem Marckte zugetragen hat, das ist
frommen Christen aus der wahrhaftigen Historie
von D. Faust bekandt. Der Teufel ist noch eben so
mächtig, als er damahls war; und mag vielleicht
seine Ursachen haben, warum er sich jetzo, in der Ge-
stalt des Herrn Prof. Philippi, zu Göttingen sehen
lässet. Wer weiß, ob er nicht, als ein abgesagter

Feind
G g 4

(o)
der Todten an die Lebendigen. Die Letters from
the Dead to the Living,
ſo Thomas Brown heraus
gegeben, ſind bekannt; und noch neulich hat der vori-
ge Koͤnig von Franckreich einen langen Brief an den
jetzigen geſchrieben, ohne daß darum jemand geſaget
hat, Ludwig der XIVte ſey von den Todten erſtan-
den, oder gar niemahls geſtorben.

Jch glaube, dieſes wird ſo wohl zu Ueberzeugung
meiner Leſer; als auch zu Beſchaͤmung meiner Wie-
derſacher genug ſeyn; und ich kan alſo die Feder ohne
Bedencken niederlegen. Denn was das Ding an-
langet, das zu Goͤttingen, unter der Geſtalt und
dem Nahmen des Herrn Prof. Philippi, herumge-
hen ſoll; ſo laſſe ich mich darauf nicht ein. Jch habe
deßfalls noch keine zulaͤngliche Nachricht eingezogen.
Daß es indeſſen der Herr Prof. Philippi ſelbſt nicht
ſeyn koͤnne, das hat wohl ſeine Richtigkeit: Denn
der iſt ſchon an dem Ort, unde negant, redire
quemquam.

Wenn ich aber meine unvorgreifliche Meinung
ſagen ſoll, ſo halte ich davor, daß der Teufel ſein Spiel
darunter habe; und glaube, daß, wer kein Atheiſte
oder Thomaſianer iſt, meine Meinung, wo nicht
vor wahrſcheinlich, doch vor erbaulich halten wird.
Was ſich mit dem bekannten Wagner zu Witten-
berg auf oͤffentlichem Marckte zugetragen hat, das iſt
frommen Chriſten aus der wahrhaftigen Hiſtorie
von D. Fauſt bekandt. Der Teufel iſt noch eben ſo
maͤchtig, als er damahls war; und mag vielleicht
ſeine Urſachen haben, warum er ſich jetzo, in der Ge-
ſtalt des Herrn Prof. Philippi, zu Goͤttingen ſehen
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Feind
G g 4
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[471/0563] (o) der Todten an die Lebendigen. Die Letters from the Dead to the Living, ſo Thomas Brown heraus gegeben, ſind bekannt; und noch neulich hat der vori- ge Koͤnig von Franckreich einen langen Brief an den jetzigen geſchrieben, ohne daß darum jemand geſaget hat, Ludwig der XIVte ſey von den Todten erſtan- den, oder gar niemahls geſtorben. Jch glaube, dieſes wird ſo wohl zu Ueberzeugung meiner Leſer; als auch zu Beſchaͤmung meiner Wie- derſacher genug ſeyn; und ich kan alſo die Feder ohne Bedencken niederlegen. Denn was das Ding an- langet, das zu Goͤttingen, unter der Geſtalt und dem Nahmen des Herrn Prof. Philippi, herumge- hen ſoll; ſo laſſe ich mich darauf nicht ein. Jch habe deßfalls noch keine zulaͤngliche Nachricht eingezogen. Daß es indeſſen der Herr Prof. Philippi ſelbſt nicht ſeyn koͤnne, das hat wohl ſeine Richtigkeit: Denn der iſt ſchon an dem Ort, unde negant, redire quemquam. Wenn ich aber meine unvorgreifliche Meinung ſagen ſoll, ſo halte ich davor, daß der Teufel ſein Spiel darunter habe; und glaube, daß, wer kein Atheiſte oder Thomaſianer iſt, meine Meinung, wo nicht vor wahrſcheinlich, doch vor erbaulich halten wird. Was ſich mit dem bekannten Wagner zu Witten- berg auf oͤffentlichem Marckte zugetragen hat, das iſt frommen Chriſten aus der wahrhaftigen Hiſtorie von D. Fauſt bekandt. Der Teufel iſt noch eben ſo maͤchtig, als er damahls war; und mag vielleicht ſeine Urſachen haben, warum er ſich jetzo, in der Ge- ſtalt des Herrn Prof. Philippi, zu Goͤttingen ſehen laͤſſet. Wer weiß, ob er nicht, als ein abgeſagter Feind G g 4

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Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 471. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/563>, abgerufen am 01.11.2024.