Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

Bild:
<< vorherige Seite

(o)
fährlichen Neuerungen des Pufendorfs, Tho-
masius, Leibnitzens, und ihrer Anhänger wieder-
setzen wollen, wenn wir nicht vor den Riß getre-
ten wären? Und dieses einzige ist genug zu bewei-
sen, wie nothwendig wir der Welt sind. Unsere
Verdienste sind so groß, daß wir die Ehrerbie-
tung des gantzen menschlichen Geschlechts ver-
dienen: Allein niemand will sie erkennen. Man
lohnt uns mit Undanck, und es ist leider! schon
dahin gekommen, daß über uns und unsere
Schriften lachen, vor ein sicher Merckmahl ei-
nes scharfen Verstandes gehalten wird. Wie
indessen den Frommen alles zum Besten die-
nen muß, so hat auch unser schweres Creutz,
welches niemand, als wir, zu ertragen fähig
ist, seine Vortheile: Und mich deucht, es ist
ungemein geschickt, unsere Nothwendigkeit ausser
Zweifel zu setzen.

Jch habe schon oft gesagt, daß unsere Feinde,
die guten Scribenten, weil sie ihre Vernunft ge-
brauchen, mit dem, so in der Welt vorgehet,
schlecht zu frieden sind. Sie entdecken allenthal-
ben Thorheiten, wenigstens bilden sie sichs ein, und
es ist ihnen unmöglich, daß sie über das, was ih-
nen thörigt vorkömmt, nicht lachen und spotten soll-
ten. Wenn sie demnach keine elende Scribenten
hätten, an welchen sie ihre Boßheit auslassen könn-
ten, so würde kein ehrlicher Mann vor ihnen sicher
seyn; Sie würden, weil sie doch immer etwas zu
meistern haben müssen, alles anfallen, was in der
Welt groß und ehrwürdig ist, und durch ihre Sa-

tyren
N n 4

(o)
faͤhrlichen Neuerungen des Pufendorfs, Tho-
maſius, Leibnitzens, und ihrer Anhaͤnger wieder-
ſetzen wollen, wenn wir nicht vor den Riß getre-
ten waͤren? Und dieſes einzige iſt genug zu bewei-
ſen, wie nothwendig wir der Welt ſind. Unſere
Verdienſte ſind ſo groß, daß wir die Ehrerbie-
tung des gantzen menſchlichen Geſchlechts ver-
dienen: Allein niemand will ſie erkennen. Man
lohnt uns mit Undanck, und es iſt leider! ſchon
dahin gekommen, daß uͤber uns und unſere
Schriften lachen, vor ein ſicher Merckmahl ei-
nes ſcharfen Verſtandes gehalten wird. Wie
indeſſen den Frommen alles zum Beſten die-
nen muß, ſo hat auch unſer ſchweres Creutz,
welches niemand, als wir, zu ertragen faͤhig
iſt, ſeine Vortheile: Und mich deucht, es iſt
ungemein geſchickt, unſere Nothwendigkeit auſſer
Zweifel zu ſetzen.

Jch habe ſchon oft geſagt, daß unſere Feinde,
die guten Scribenten, weil ſie ihre Vernunft ge-
brauchen, mit dem, ſo in der Welt vorgehet,
ſchlecht zu frieden ſind. Sie entdecken allenthal-
ben Thorheiten, wenigſtens bilden ſie ſichs ein, und
es iſt ihnen unmoͤglich, daß ſie uͤber das, was ih-
nen thoͤrigt vorkoͤmmt, nicht lachen und ſpotten ſoll-
ten. Wenn ſie demnach keine elende Scribenten
haͤtten, an welchen ſie ihre Boßheit auslaſſen koͤnn-
ten, ſo wuͤrde kein ehrlicher Mann vor ihnen ſicher
ſeyn; Sie wuͤrden, weil ſie doch immer etwas zu
meiſtern haben muͤſſen, alles anfallen, was in der
Welt groß und ehrwuͤrdig iſt, und durch ihre Sa-

tyren
N n 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0659" n="567"/><fw place="top" type="header">(<hi rendition="#aq">o</hi>)</fw><lb/>
fa&#x0364;hrlichen Neuerungen des Pufendorfs, Tho-<lb/>
ma&#x017F;ius, Leibnitzens, und ihrer Anha&#x0364;nger wieder-<lb/>
&#x017F;etzen wollen, wenn wir nicht vor den Riß getre-<lb/>
ten wa&#x0364;ren? Und die&#x017F;es einzige i&#x017F;t genug zu bewei-<lb/>
&#x017F;en, wie nothwendig wir der Welt &#x017F;ind. Un&#x017F;ere<lb/>
Verdien&#x017F;te &#x017F;ind &#x017F;o groß, daß wir die Ehrerbie-<lb/>
tung des gantzen men&#x017F;chlichen Ge&#x017F;chlechts ver-<lb/>
dienen: Allein niemand will &#x017F;ie erkennen. Man<lb/>
lohnt uns mit Undanck, und es i&#x017F;t leider! &#x017F;chon<lb/>
dahin gekommen, daß u&#x0364;ber uns und un&#x017F;ere<lb/>
Schriften lachen, vor ein &#x017F;icher Merckmahl ei-<lb/>
nes &#x017F;charfen Ver&#x017F;tandes gehalten wird. Wie<lb/>
inde&#x017F;&#x017F;en den Frommen alles zum Be&#x017F;ten die-<lb/>
nen muß, &#x017F;o hat auch un&#x017F;er &#x017F;chweres Creutz,<lb/>
welches niemand, als wir, zu ertragen fa&#x0364;hig<lb/>
i&#x017F;t, &#x017F;eine Vortheile: Und mich deucht, es i&#x017F;t<lb/>
ungemein ge&#x017F;chickt, un&#x017F;ere Nothwendigkeit au&#x017F;&#x017F;er<lb/>
Zweifel zu &#x017F;etzen.</p><lb/>
          <p>Jch habe &#x017F;chon oft ge&#x017F;agt, daß un&#x017F;ere Feinde,<lb/>
die guten Scribenten, weil &#x017F;ie ihre Vernunft ge-<lb/>
brauchen, mit dem, &#x017F;o in der Welt vorgehet,<lb/>
&#x017F;chlecht zu frieden &#x017F;ind. Sie entdecken allenthal-<lb/>
ben Thorheiten, wenig&#x017F;tens bilden &#x017F;ie &#x017F;ichs ein, und<lb/>
es i&#x017F;t ihnen unmo&#x0364;glich, daß &#x017F;ie u&#x0364;ber das, was ih-<lb/>
nen tho&#x0364;rigt vorko&#x0364;mmt, nicht lachen und &#x017F;potten &#x017F;oll-<lb/>
ten. Wenn &#x017F;ie demnach keine elende Scribenten<lb/>
ha&#x0364;tten, an welchen &#x017F;ie ihre Boßheit ausla&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nn-<lb/>
ten, &#x017F;o wu&#x0364;rde kein ehrlicher Mann vor ihnen &#x017F;icher<lb/>
&#x017F;eyn; Sie wu&#x0364;rden, weil &#x017F;ie doch immer etwas zu<lb/>
mei&#x017F;tern haben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, alles anfallen, was in der<lb/>
Welt groß und ehrwu&#x0364;rdig i&#x017F;t, und durch ihre Sa-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">N n 4</fw><fw place="bottom" type="catch">tyren</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[567/0659] (o) faͤhrlichen Neuerungen des Pufendorfs, Tho- maſius, Leibnitzens, und ihrer Anhaͤnger wieder- ſetzen wollen, wenn wir nicht vor den Riß getre- ten waͤren? Und dieſes einzige iſt genug zu bewei- ſen, wie nothwendig wir der Welt ſind. Unſere Verdienſte ſind ſo groß, daß wir die Ehrerbie- tung des gantzen menſchlichen Geſchlechts ver- dienen: Allein niemand will ſie erkennen. Man lohnt uns mit Undanck, und es iſt leider! ſchon dahin gekommen, daß uͤber uns und unſere Schriften lachen, vor ein ſicher Merckmahl ei- nes ſcharfen Verſtandes gehalten wird. Wie indeſſen den Frommen alles zum Beſten die- nen muß, ſo hat auch unſer ſchweres Creutz, welches niemand, als wir, zu ertragen faͤhig iſt, ſeine Vortheile: Und mich deucht, es iſt ungemein geſchickt, unſere Nothwendigkeit auſſer Zweifel zu ſetzen. Jch habe ſchon oft geſagt, daß unſere Feinde, die guten Scribenten, weil ſie ihre Vernunft ge- brauchen, mit dem, ſo in der Welt vorgehet, ſchlecht zu frieden ſind. Sie entdecken allenthal- ben Thorheiten, wenigſtens bilden ſie ſichs ein, und es iſt ihnen unmoͤglich, daß ſie uͤber das, was ih- nen thoͤrigt vorkoͤmmt, nicht lachen und ſpotten ſoll- ten. Wenn ſie demnach keine elende Scribenten haͤtten, an welchen ſie ihre Boßheit auslaſſen koͤnn- ten, ſo wuͤrde kein ehrlicher Mann vor ihnen ſicher ſeyn; Sie wuͤrden, weil ſie doch immer etwas zu meiſtern haben muͤſſen, alles anfallen, was in der Welt groß und ehrwuͤrdig iſt, und durch ihre Sa- tyren N n 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Verlagsangabe wurde ermittelt (vgl. http://op… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/659
Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 567. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/659>, abgerufen am 22.11.2024.