mit Schif und Volck nach Bourdeaux ge- gangen ist; wohin er doch niemahlen kom- men würde, wenn er so gesinnet wäre, als die ersten Christen zu Jerusalem: Ja der Priester thut diese Vorbitte zuweilen aus Absichten, die er nicht haben würde, wenn der Geist der Apostel auf ihm ruhete. Ein Kaufmann, ein Soldat, ein Advocat, ein Fechtmeister, ein Tantzmeister, das sind alles Leute, von denen niemand glaubt, daß ihre Profeßion sie ungeschickt mache zum Reiche GOttes. Und wer verdam- met die Gelehrten?
Man muß also gestehen, daß man ohne Sünde etwas thun könne, das mit der Voll- kommenheit, welche die Regeln des Chri- stenthums zum Endzweck haben, nicht be- stehen kan, und welches nimmer geschehen würde, wenn alle Welt diese Regeln genau be- obachtete. Jch verlange nichts mehr, als daß man nach diesem Satz, den man, ohne sich zu wiedersprechen, und, ohne die gantze heutige Christenheit zu verdammen, nicht leugnen kan, die satyrische Schreibart beur- theile. Jch bin sehr höflich: Aber es sey darum. Jch will zu frieden seyn, wenn man nur so billig ist, und dieser unschul- digen Schreibart mit dem Kriege und mit
den
(o)
mit Schif und Volck nach Bourdeaux ge- gangen iſt; wohin er doch niemahlen kom- men wuͤrde, wenn er ſo geſinnet waͤre, als die erſten Chriſten zu Jeruſalem: Ja der Prieſter thut dieſe Vorbitte zuweilen aus Abſichten, die er nicht haben wuͤrde, wenn der Geiſt der Apoſtel auf ihm ruhete. Ein Kaufmann, ein Soldat, ein Advocat, ein Fechtmeiſter, ein Tantzmeiſter, das ſind alles Leute, von denen niemand glaubt, daß ihre Profeßion ſie ungeſchickt mache zum Reiche GOttes. Und wer verdam- met die Gelehrten?
Man muß alſo geſtehen, daß man ohne Suͤnde etwas thun koͤnne, das mit der Voll- kommenheit, welche die Regeln des Chri- ſtenthums zum Endzweck haben, nicht be- ſtehen kan, und welches nimmer geſchehen wuͤrde, weñ alle Welt dieſe Regeln genau be- obachtete. Jch verlange nichts mehr, als daß man nach dieſem Satz, den man, ohne ſich zu wiederſprechen, und, ohne die gantze heutige Chriſtenheit zu verdammen, nicht leugnen kan, die ſatyriſche Schreibart beur- theile. Jch bin ſehr hoͤflich: Aber es ſey darum. Jch will zu frieden ſeyn, wenn man nur ſo billig iſt, und dieſer unſchul- digen Schreibart mit dem Kriege und mit
den
<TEI><text><front><divtype="preface"n="1"><p><pbfacs="#f0072"n="68"/><fwplace="top"type="header">(<hirendition="#aq">o</hi>)</fw><lb/>
mit Schif und Volck nach Bourdeaux ge-<lb/>
gangen iſt; wohin er doch niemahlen kom-<lb/>
men wuͤrde, wenn er ſo geſinnet waͤre, als<lb/>
die erſten Chriſten zu Jeruſalem: Ja der<lb/>
Prieſter thut dieſe Vorbitte zuweilen aus<lb/>
Abſichten, die er nicht haben wuͤrde, wenn<lb/>
der Geiſt der Apoſtel auf ihm ruhete. Ein<lb/>
Kaufmann, ein Soldat, ein Advocat, ein<lb/>
Fechtmeiſter, ein Tantzmeiſter, das ſind<lb/>
alles Leute, von denen niemand glaubt,<lb/>
daß ihre Profeßion ſie ungeſchickt mache<lb/>
zum Reiche GOttes. Und wer verdam-<lb/>
met die Gelehrten?</p><lb/><p>Man muß alſo geſtehen, daß man ohne<lb/>
Suͤnde etwas thun koͤnne, das mit der Voll-<lb/>
kommenheit, welche die Regeln des Chri-<lb/>ſtenthums zum Endzweck haben, nicht be-<lb/>ſtehen kan, und welches nimmer geſchehen<lb/>
wuͤrde, weñ alle Welt dieſe Regeln genau be-<lb/>
obachtete. Jch verlange nichts mehr, als<lb/>
daß man nach dieſem Satz, den man, ohne<lb/>ſich zu wiederſprechen, und, ohne die gantze<lb/>
heutige Chriſtenheit zu verdammen, nicht<lb/>
leugnen kan, die ſatyriſche Schreibart beur-<lb/>
theile. Jch bin ſehr hoͤflich: Aber es ſey<lb/>
darum. Jch will zu frieden ſeyn, wenn<lb/>
man nur ſo billig iſt, und dieſer unſchul-<lb/>
digen Schreibart mit dem Kriege und mit<lb/><fwplace="bottom"type="catch">den</fw><lb/></p></div></front></text></TEI>
[68/0072]
(o)
mit Schif und Volck nach Bourdeaux ge-
gangen iſt; wohin er doch niemahlen kom-
men wuͤrde, wenn er ſo geſinnet waͤre, als
die erſten Chriſten zu Jeruſalem: Ja der
Prieſter thut dieſe Vorbitte zuweilen aus
Abſichten, die er nicht haben wuͤrde, wenn
der Geiſt der Apoſtel auf ihm ruhete. Ein
Kaufmann, ein Soldat, ein Advocat, ein
Fechtmeiſter, ein Tantzmeiſter, das ſind
alles Leute, von denen niemand glaubt,
daß ihre Profeßion ſie ungeſchickt mache
zum Reiche GOttes. Und wer verdam-
met die Gelehrten?
Man muß alſo geſtehen, daß man ohne
Suͤnde etwas thun koͤnne, das mit der Voll-
kommenheit, welche die Regeln des Chri-
ſtenthums zum Endzweck haben, nicht be-
ſtehen kan, und welches nimmer geſchehen
wuͤrde, weñ alle Welt dieſe Regeln genau be-
obachtete. Jch verlange nichts mehr, als
daß man nach dieſem Satz, den man, ohne
ſich zu wiederſprechen, und, ohne die gantze
heutige Chriſtenheit zu verdammen, nicht
leugnen kan, die ſatyriſche Schreibart beur-
theile. Jch bin ſehr hoͤflich: Aber es ſey
darum. Jch will zu frieden ſeyn, wenn
man nur ſo billig iſt, und dieſer unſchul-
digen Schreibart mit dem Kriege und mit
den
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/72>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.