ber zu steuren. Jch weiß nicht, ob es na- türlicher ist, eine angethane Beleidigung zu rächen, als über das, was lächerlich ist, zu lachen! Man wird sprechen: "Die er- "laubte Rache werde von der Obrigkeit "ausgeübet, die das Schwerd nicht um- "sonst führet: Hergegen würden die Sa- "tyren von Leuten gemacht, die nicht das "geringste Recht hätten, ihren Nechsten "auszu höhnen." Aber man muß wissen, daß ein Mensch der lesen und schreiben, und von einem Buche urtheilen kan, auf seine Art, eben so wohl ein geistlicher König ist, als ein Christ, und seine Feder so wenig umsonst führet, als die Obrigkeit ihr Schwerd. Die Rache, die ein solcher an einem elenden Scribenten ausübet, der ihn ins besondere nicht beleidiget hat, und den er oft gar nicht kennet, kan nicht als eine privat Rache angesehen werden. Sie ist folglich erlaubt, und gründet sich auf ein Recht, welches ich in meiner unpar- theyischen Untersuchung so nachdrück- lich behauptet habe, daß es nicht nöthig ist, hier desfalls ein Wort mehr zu sagen. Die Herren die so hurtig gewesen sind, mich zu verdammen, werden indessen wohl thun, wenn sie das, was ich bißher gesagt habe,
reiflich
(o)
ber zu ſteuren. Jch weiß nicht, ob es na- tuͤrlicher iſt, eine angethane Beleidigung zu raͤchen, als uͤber das, was laͤcherlich iſt, zu lachen! Man wird ſprechen: „Die er- „laubte Rache werde von der Obrigkeit „ausgeuͤbet, die das Schwerd nicht um- „ſonſt fuͤhret: Hergegen wuͤrden die Sa- „tyren von Leuten gemacht, die nicht das „geringſte Recht haͤtten, ihren Nechſten „auszu hoͤhnen.‟ Aber man muß wiſſen, daß ein Menſch der leſen und ſchreiben, und von einem Buche urtheilen kan, auf ſeine Art, eben ſo wohl ein geiſtlicher Koͤnig iſt, als ein Chriſt, und ſeine Feder ſo wenig umſonſt fuͤhret, als die Obrigkeit ihr Schwerd. Die Rache, die ein ſolcher an einem elenden Scribenten ausuͤbet, der ihn ins beſondere nicht beleidiget hat, und den er oft gar nicht kennet, kan nicht als eine privat Rache angeſehen werden. Sie iſt folglich erlaubt, und gruͤndet ſich auf ein Recht, welches ich in meiner unpar- theyiſchen Unterſuchung ſo nachdruͤck- lich behauptet habe, daß es nicht noͤthig iſt, hier desfalls ein Wort mehr zu ſagen. Die Herren die ſo hurtig geweſen ſind, mich zu verdammen, werden indeſſen wohl thun, wenn ſie das, was ich bißher geſagt habe,
reiflich
<TEI><text><front><divtype="preface"n="1"><p><pbfacs="#f0074"n="70"/><fwplace="top"type="header">(<hirendition="#aq">o</hi>)</fw><lb/>
ber zu ſteuren. Jch weiß nicht, ob es na-<lb/>
tuͤrlicher iſt, eine angethane Beleidigung<lb/>
zu raͤchen, als uͤber das, was laͤcherlich iſt,<lb/>
zu lachen! Man wird ſprechen: „Die er-<lb/>„laubte Rache werde von der Obrigkeit<lb/>„ausgeuͤbet, die das Schwerd nicht um-<lb/>„ſonſt fuͤhret: Hergegen wuͤrden die Sa-<lb/>„tyren von Leuten gemacht, die nicht das<lb/>„geringſte Recht haͤtten, ihren Nechſten<lb/>„auszu hoͤhnen.‟ Aber man muß wiſſen,<lb/>
daß ein Menſch der leſen und ſchreiben, und<lb/>
von einem Buche urtheilen kan, auf ſeine<lb/>
Art, eben ſo wohl ein geiſtlicher Koͤnig iſt,<lb/>
als ein Chriſt, und ſeine Feder ſo wenig<lb/>
umſonſt fuͤhret, als die Obrigkeit ihr<lb/>
Schwerd. Die Rache, die ein ſolcher an<lb/>
einem elenden Scribenten ausuͤbet, der<lb/>
ihn ins beſondere nicht beleidiget hat, und<lb/>
den er oft gar nicht kennet, kan nicht als<lb/>
eine privat Rache angeſehen werden. Sie<lb/>
iſt folglich erlaubt, und gruͤndet ſich auf<lb/>
ein Recht, welches ich in meiner <hirendition="#fr">unpar-<lb/>
theyiſchen Unterſuchung</hi>ſo nachdruͤck-<lb/>
lich behauptet habe, daß es nicht noͤthig<lb/>
iſt, hier desfalls ein Wort mehr zu ſagen.<lb/>
Die Herren die ſo hurtig geweſen ſind, mich<lb/>
zu verdammen, werden indeſſen wohl thun,<lb/>
wenn ſie das, was ich bißher geſagt habe,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">reiflich</fw><lb/></p></div></front></text></TEI>
[70/0074]
(o)
ber zu ſteuren. Jch weiß nicht, ob es na-
tuͤrlicher iſt, eine angethane Beleidigung
zu raͤchen, als uͤber das, was laͤcherlich iſt,
zu lachen! Man wird ſprechen: „Die er-
„laubte Rache werde von der Obrigkeit
„ausgeuͤbet, die das Schwerd nicht um-
„ſonſt fuͤhret: Hergegen wuͤrden die Sa-
„tyren von Leuten gemacht, die nicht das
„geringſte Recht haͤtten, ihren Nechſten
„auszu hoͤhnen.‟ Aber man muß wiſſen,
daß ein Menſch der leſen und ſchreiben, und
von einem Buche urtheilen kan, auf ſeine
Art, eben ſo wohl ein geiſtlicher Koͤnig iſt,
als ein Chriſt, und ſeine Feder ſo wenig
umſonſt fuͤhret, als die Obrigkeit ihr
Schwerd. Die Rache, die ein ſolcher an
einem elenden Scribenten ausuͤbet, der
ihn ins beſondere nicht beleidiget hat, und
den er oft gar nicht kennet, kan nicht als
eine privat Rache angeſehen werden. Sie
iſt folglich erlaubt, und gruͤndet ſich auf
ein Recht, welches ich in meiner unpar-
theyiſchen Unterſuchung ſo nachdruͤck-
lich behauptet habe, daß es nicht noͤthig
iſt, hier desfalls ein Wort mehr zu ſagen.
Die Herren die ſo hurtig geweſen ſind, mich
zu verdammen, werden indeſſen wohl thun,
wenn ſie das, was ich bißher geſagt habe,
reiflich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/74>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.