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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

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(o)
sollen. Man müste sich auf solchen Fall hüten, diese
ein wenig gar zu genaue Beobachtung der Ordnung
als unnütze anzusehen. Unsere Printzen tragen auch in
diesem Stück das Bild der Gottheit an sich. GOtt
aber und die Natur thun, wie bekannt, nichts un-
nöthiges. Jedoch ich eile zu dem was folget.

Der Mensch, meint der Hr. Manzel (§. 36.)"
sey so vielen Kranckheiten unterworsen, und verfalle"
nicht selten in selbige ohne alle seine Schuld, ja sehr"
oft durch ein sehr geringes Versehen, welches er doch"
nicht anders als aus dem Erfolg, und das kaum er-"
kennen könne. Ja, was das allerkläglichste, so könne"
er, sich selbst gelassen, keine Mittel wieder seine"
Kranckheiten finden; da hergegen die Thiere in ihrer"
Freyheit gar selten kranckten, oder wenn sie ja ge-"
waltsamer Weise verletzet würden, sich bald, nach An-"
leitung ihrer Natur, zu helfen wüsten. Von unsern"
Afecten, fährt er fort, wolle er nicht einmahl erweh"
nen: doch wären sie ein deutliches Zeichen unserer Un-"
glückseeligkeit, indem es nicht in unserm Vermögen"
sey, dieselbe zu bändigen."

Wenn Ew. Hochwohlgeb. sich erinnern, was
ich bey demjenigen Argument, welches der Hr. Prof.
Manzel (§. 25.) von dem Elende des Menschen herge-
nommen, angemercket habe, so werden sie schon vor-
her sehen, daß ich hier nicht viel mehr zu erinnern ha-
be. Was der Hr. Manzel hier schreibt, das hat schon
seine Abfertigung. Denn, wenn aus dem Elende
des Menschen überhaupt nicht zu schliessen ist, daß er
vor diesem vollkommener und glücklicher gewesen,
so kan auch die Betrachtung der Kranckheiten in-
sonderheit uns nicht bewegen, dieses zu dencken.

Jn-

(o)
ſollen. Man muͤſte ſich auf ſolchen Fall huͤten, dieſe
ein wenig gar zu genaue Beobachtung der Ordnung
als unnuͤtze anzuſehen. Unſere Printzen tragen auch in
dieſem Stuͤck das Bild der Gottheit an ſich. GOtt
aber und die Natur thun, wie bekannt, nichts un-
noͤthiges. Jedoch ich eile zu dem was folget.

Der Menſch, meint der Hr. Manzel (§. 36.)„
ſey ſo vielen Kranckheiten unterworſen, und verfalle„
nicht ſelten in ſelbige ohne alle ſeine Schuld, ja ſehr„
oft durch ein ſehr geringes Verſehen, welches er doch„
nicht anders als aus dem Erfolg, und das kaum er-„
kennen koͤnne. Ja, was das allerklaͤglichſte, ſo koͤnne„
er, ſich ſelbſt gelaſſen, keine Mittel wieder ſeine„
Kranckheiten finden; da hergegen die Thiere in ihrer„
Freyheit gar ſelten kranckten, oder wenn ſie ja ge-„
waltſamer Weiſe verletzet wuͤrden, ſich bald, nach An-„
leitung ihrer Natur, zu helfen wuͤſten. Von unſern„
Afecten, faͤhrt er fort, wolle er nicht einmahl erweh„
nen: doch waͤren ſie ein deutliches Zeichen unſerer Un-„
gluͤckſeeligkeit, indem es nicht in unſerm Vermoͤgen„
ſey, dieſelbe zu baͤndigen.„

Wenn Ew. Hochwohlgeb. ſich erinnern, was
ich bey demjenigen Argument, welches der Hr. Prof.
Manzel (§. 25.) von dem Elende des Menſchen herge-
nommen, angemercket habe, ſo werden ſie ſchon vor-
her ſehen, daß ich hier nicht viel mehr zu erinnern ha-
be. Was der Hr. Manzel hier ſchreibt, das hat ſchon
ſeine Abfertigung. Denn, wenn aus dem Elende
des Menſchen uͤberhaupt nicht zu ſchlieſſen iſt, daß er
vor dieſem vollkommener und gluͤcklicher geweſen,
ſo kan auch die Betrachtung der Kranckheiten in-
ſonderheit uns nicht bewegen, dieſes zu dencken.

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[703/0795] (o) ſollen. Man muͤſte ſich auf ſolchen Fall huͤten, dieſe ein wenig gar zu genaue Beobachtung der Ordnung als unnuͤtze anzuſehen. Unſere Printzen tragen auch in dieſem Stuͤck das Bild der Gottheit an ſich. GOtt aber und die Natur thun, wie bekannt, nichts un- noͤthiges. Jedoch ich eile zu dem was folget. Der Menſch, meint der Hr. Manzel (§. 36.)„ ſey ſo vielen Kranckheiten unterworſen, und verfalle„ nicht ſelten in ſelbige ohne alle ſeine Schuld, ja ſehr„ oft durch ein ſehr geringes Verſehen, welches er doch„ nicht anders als aus dem Erfolg, und das kaum er-„ kennen koͤnne. Ja, was das allerklaͤglichſte, ſo koͤnne„ er, ſich ſelbſt gelaſſen, keine Mittel wieder ſeine„ Kranckheiten finden; da hergegen die Thiere in ihrer„ Freyheit gar ſelten kranckten, oder wenn ſie ja ge-„ waltſamer Weiſe verletzet wuͤrden, ſich bald, nach An-„ leitung ihrer Natur, zu helfen wuͤſten. Von unſern„ Afecten, faͤhrt er fort, wolle er nicht einmahl erweh„ nen: doch waͤren ſie ein deutliches Zeichen unſerer Un-„ gluͤckſeeligkeit, indem es nicht in unſerm Vermoͤgen„ ſey, dieſelbe zu baͤndigen.„ Wenn Ew. Hochwohlgeb. ſich erinnern, was ich bey demjenigen Argument, welches der Hr. Prof. Manzel (§. 25.) von dem Elende des Menſchen herge- nommen, angemercket habe, ſo werden ſie ſchon vor- her ſehen, daß ich hier nicht viel mehr zu erinnern ha- be. Was der Hr. Manzel hier ſchreibt, das hat ſchon ſeine Abfertigung. Denn, wenn aus dem Elende des Menſchen uͤberhaupt nicht zu ſchlieſſen iſt, daß er vor dieſem vollkommener und gluͤcklicher geweſen, ſo kan auch die Betrachtung der Kranckheiten in- ſonderheit uns nicht bewegen, dieſes zu dencken. Jn-

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Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 703. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/795>, abgerufen am 21.11.2024.