Man siehet aus dem Beschluß, daß der Hr. Prof. Manzel meint, der Mensch würde im Stande der Unschuld nicht die geringste Wollust im Beyschlafe empfunden haben. Nun weiß ich wohl, daß er der er- ste nicht ist, der sich dieses eingebildet hat: Er hat den heil. Augustinus zum Vorgänger. "Voluntati, sagt "dieser Kirchen-Vater (28)membra illa (in Pa- "radiso) vt caetera cuncta servirent. Ita geni- "tale arvum vas in hoc opus creatum seminaret "vt nunc terram manus. Er spricht weiter: Se- "minaret igitur prolem vir, susciperet foemi- "na, genitalibus membris, quando id opus "esset, & quantum opus esset, voluntate mo- "tis, non libidine concitatis(29).
Jch glaube aber, dem allen ungeachtet, daß so wohl der heil. Augustinus, als der Hr. Prof. Manzel etwas sagen, das ihnen zu behaupten unmöglich ist.
Denn da es einmahl unstreitig ist, daß, nach un- serer ietzigen Leibes-Beschafenheit, die angenehme Empfindung, die Mann und Weib im Beyschlafe spüren, nothwendig ist: Jch aber nicht glaube, daß der Hr. Prof. Manzel sagen wird, daß der Cörper des er- sten Menschen von den unsern unterschieden gewesen sey: So sehe ich nicht, woher man beweisen will, daß der erste Mensch, bey einem von dem heutigen nicht unterschiedenen Gebrauch seiner Geburths-Glieder, nicht eine gleiche Lust empfunden habe.
Es ist mir unmöglich zu begreifen, was, falls der erste Mensch von dieser Lust nichts gewust hat, densel-
ben
(28)De Civitate Dei Lib. XIV. cap. 23.
(29)Ibid. cap. 24.
(o)
Man ſiehet aus dem Beſchluß, daß der Hr. Prof. Manzel meint, der Menſch wuͤrde im Stande der Unſchuld nicht die geringſte Wolluſt im Beyſchlafe empfunden haben. Nun weiß ich wohl, daß er der er- ſte nicht iſt, der ſich dieſes eingebildet hat: Er hat den heil. Auguſtinus zum Vorgaͤnger. „Voluntati, ſagt „dieſer Kirchen-Vater (28)membra illa (in Pa- „radiſo) vt cætera cuncta ſervirent. Ita geni- „tale arvum vas in hoc opus creatum ſeminaret „vt nunc terram manus. Er ſpricht weiter: Se- „minaret igitur prolem vir, ſuſciperet fœmi- „na, genitalibus membris, quando id opus „eſſet, & quantum opus eſſet, voluntate mo- „tis, non libidine concitatis(29).
Jch glaube aber, dem allen ungeachtet, daß ſo wohl der heil. Auguſtinus, als der Hr. Prof. Manzel etwas ſagen, das ihnen zu behaupten unmoͤglich iſt.
Denn da es einmahl unſtreitig iſt, daß, nach un- ſerer ietzigen Leibes-Beſchafenheit, die angenehme Empfindung, die Mann und Weib im Beyſchlafe ſpuͤren, nothwendig iſt: Jch aber nicht glaube, daß der Hr. Prof. Manzel ſagen wird, daß der Coͤrper des er- ſten Menſchen von den unſern unterſchieden geweſen ſey: So ſehe ich nicht, woher man beweiſen will, daß der erſte Menſch, bey einem von dem heutigen nicht unterſchiedenen Gebrauch ſeiner Geburths-Glieder, nicht eine gleiche Luſt empfunden habe.
Es iſt mir unmoͤglich zu begreifen, was, falls der erſte Menſch von dieſer Luſt nichts gewuſt hat, denſel-
ben
(28)De Civitate Dei Lib. XIV. cap. 23.
(29)Ibid. cap. 24.
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(o)
Man ſiehet aus dem Beſchluß, daß der Hr. Prof.
Manzel meint, der Menſch wuͤrde im Stande der
Unſchuld nicht die geringſte Wolluſt im Beyſchlafe
empfunden haben. Nun weiß ich wohl, daß er der er-
ſte nicht iſt, der ſich dieſes eingebildet hat: Er hat den
heil. Auguſtinus zum Vorgaͤnger. „Voluntati, ſagt
„dieſer Kirchen-Vater (28) membra illa (in Pa-
„radiſo) vt cætera cuncta ſervirent. Ita geni-
„tale arvum vas in hoc opus creatum ſeminaret
„vt nunc terram manus. Er ſpricht weiter: Se-
„minaret igitur prolem vir, ſuſciperet fœmi-
„na, genitalibus membris, quando id opus
„eſſet, & quantum opus eſſet, voluntate mo-
„tis, non libidine concitatis (29).
Jch glaube aber, dem allen ungeachtet, daß ſo wohl
der heil. Auguſtinus, als der Hr. Prof. Manzel etwas
ſagen, das ihnen zu behaupten unmoͤglich iſt.
Denn da es einmahl unſtreitig iſt, daß, nach un-
ſerer ietzigen Leibes-Beſchafenheit, die angenehme
Empfindung, die Mann und Weib im Beyſchlafe
ſpuͤren, nothwendig iſt: Jch aber nicht glaube, daß der
Hr. Prof. Manzel ſagen wird, daß der Coͤrper des er-
ſten Menſchen von den unſern unterſchieden geweſen
ſey: So ſehe ich nicht, woher man beweiſen will, daß
der erſte Menſch, bey einem von dem heutigen nicht
unterſchiedenen Gebrauch ſeiner Geburths-Glieder,
nicht eine gleiche Luſt empfunden habe.
Es iſt mir unmoͤglich zu begreifen, was, falls der
erſte Menſch von dieſer Luſt nichts gewuſt hat, denſel-
ben
(28) De Civitate Dei Lib. XIV. cap. 23.
(29) Ibid. cap. 24.
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 744. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/836>, abgerufen am 21.11.2024.
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