ten sich doch die Ungelehrten daraus erbau- en: Dieses sey auch, allem Ansehen nach, mein Endzweck gewesen, und darnach müs- se man meine Arbeit beurtheilen.
Der dritte wird von dem Urtheil des an- dern Gelegenheit nehmen, stillschweigend zu verstehen zu geben, daß er unter die Zahl derer gehöre, denen meine Anmerckun- gen nichts nützen können, und folglich ge- lehrt sey. Er wird mein Büchlein in die Hände nehmen, darinne blättern, es dar- auf mit einer hönischen Mine wieder nie- derlegen, und sprechen: Jch lese dergleichen Geschmier nicht.
Der vierdte, fünffte und vielleicht auch der sechste wird seine Gedancken von mei- nem Wercke noch auf eine andere Art, ent- weder feiner oder gröber entdecken; Alle aber werden darinn übereinkommen, daß ich besser gethan haben würde, wenn ich es nicht geschrieben hätte, und ich müste sehr fremd in der Welt seyn, wenn ich mir einbil- den wolte, daß unter hundert einer zu finden, der unpartheyisch und nach der Wahrheit von mir und meiner Schrifft urtheilen werde.
Allein ein jeder mag sagen, was ihm be- liebt, ich bleibe darum doch wohl, wer ich bin. Mich wird auch das freieste und
beißigste
A 5
Vorrede.
ten ſich doch die Ungelehrten daraus erbau- en: Dieſes ſey auch, allem Anſehen nach, mein Endzweck geweſen, und darnach muͤſ- ſe man meine Arbeit beurtheilen.
Der dritte wird von dem Urtheil des an- dern Gelegenheit nehmen, ſtillſchweigend zu verſtehen zu geben, daß er unter die Zahl derer gehoͤre, denen meine Anmerckun- gen nichts nuͤtzen koͤnnen, und folglich ge- lehrt ſey. Er wird mein Buͤchlein in die Haͤnde nehmen, darinne blaͤttern, es dar- auf mit einer hoͤniſchen Mine wieder nie- derlegen, und ſprechen: Jch leſe dergleichen Geſchmier nicht.
Der vierdte, fuͤnffte und vielleicht auch der ſechſte wird ſeine Gedancken von mei- nem Wercke noch auf eine andere Art, ent- weder feiner oder groͤber entdecken; Alle aber werden darinn uͤbereinkommen, daß ich beſſer gethan haben wuͤrde, wenn ich es nicht geſchrieben haͤtte, und ich muͤſte ſehr fremd in der Welt ſeyn, wenn ich mir einbil- den wolte, daß unter hundert einer zu finden, der unpartheyiſch und nach der Wahrheit von mir uñ meiner Schrifft uꝛtheilen weꝛde.
Allein ein jeder mag ſagen, was ihm be- liebt, ich bleibe darum doch wohl, wer ich bin. Mich wird auch das freieſte und
beißigſte
A 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0099"n="9"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Vorrede.</hi></fw><lb/>
ten ſich doch die Ungelehrten daraus erbau-<lb/>
en: Dieſes ſey auch, allem Anſehen nach,<lb/>
mein Endzweck geweſen, und darnach muͤſ-<lb/>ſe man meine Arbeit beurtheilen.</p><lb/><p>Der dritte wird von dem Urtheil des an-<lb/>
dern Gelegenheit nehmen, ſtillſchweigend<lb/>
zu verſtehen zu geben, daß er unter die<lb/>
Zahl derer gehoͤre, denen meine Anmerckun-<lb/>
gen nichts nuͤtzen koͤnnen, und folglich ge-<lb/>
lehrt ſey. Er wird mein Buͤchlein in die<lb/>
Haͤnde nehmen, darinne blaͤttern, es dar-<lb/>
auf mit einer hoͤniſchen Mine wieder nie-<lb/>
derlegen, und ſprechen: Jch leſe dergleichen<lb/>
Geſchmier nicht.</p><lb/><p>Der vierdte, fuͤnffte und vielleicht auch<lb/>
der ſechſte wird ſeine Gedancken von mei-<lb/>
nem Wercke noch auf eine andere Art, ent-<lb/>
weder feiner oder groͤber entdecken; Alle<lb/>
aber werden darinn uͤbereinkommen, daß<lb/>
ich beſſer gethan haben wuͤrde, wenn ich es<lb/>
nicht geſchrieben haͤtte, und ich muͤſte ſehr<lb/>
fremd in der Welt ſeyn, wenn ich mir einbil-<lb/>
den wolte, daß unter hundert einer zu finden,<lb/>
der unpartheyiſch und nach der Wahrheit<lb/>
von mir uñ meiner Schrifft uꝛtheilen weꝛde.</p><lb/><p>Allein ein jeder mag ſagen, was ihm be-<lb/>
liebt, ich bleibe darum doch wohl, wer ich<lb/>
bin. Mich wird auch das freieſte und<lb/><fwplace="bottom"type="sig">A 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">beißigſte</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[9/0099]
Vorrede.
ten ſich doch die Ungelehrten daraus erbau-
en: Dieſes ſey auch, allem Anſehen nach,
mein Endzweck geweſen, und darnach muͤſ-
ſe man meine Arbeit beurtheilen.
Der dritte wird von dem Urtheil des an-
dern Gelegenheit nehmen, ſtillſchweigend
zu verſtehen zu geben, daß er unter die
Zahl derer gehoͤre, denen meine Anmerckun-
gen nichts nuͤtzen koͤnnen, und folglich ge-
lehrt ſey. Er wird mein Buͤchlein in die
Haͤnde nehmen, darinne blaͤttern, es dar-
auf mit einer hoͤniſchen Mine wieder nie-
derlegen, und ſprechen: Jch leſe dergleichen
Geſchmier nicht.
Der vierdte, fuͤnffte und vielleicht auch
der ſechſte wird ſeine Gedancken von mei-
nem Wercke noch auf eine andere Art, ent-
weder feiner oder groͤber entdecken; Alle
aber werden darinn uͤbereinkommen, daß
ich beſſer gethan haben wuͤrde, wenn ich es
nicht geſchrieben haͤtte, und ich muͤſte ſehr
fremd in der Welt ſeyn, wenn ich mir einbil-
den wolte, daß unter hundert einer zu finden,
der unpartheyiſch und nach der Wahrheit
von mir uñ meiner Schrifft uꝛtheilen weꝛde.
Allein ein jeder mag ſagen, was ihm be-
liebt, ich bleibe darum doch wohl, wer ich
bin. Mich wird auch das freieſte und
beißigſte
A 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/99>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.