List, Friedrich: Das deutsche National-Transport-System in volks- und staatswirthschaftlicher Beziehung. Altona u. a., 1838.wird - wenn ihr bewiesen wird, daß die Circulation dieser Papiere schon dadurch gesichert ist, daß sie von den öffentlichen Cassen in Zahlung genommen werden, und daß, würden die Eisenbahnen den Inhabern der Papiere als Special-Hypothek gegeben, unter keinerlei Umständen ein Zweifel über ihren Werth entstehen wird; so kann es nicht fehlen, daß diese Maßregel in Frankreich eben so populär wird, wie sie früher unpopulär gewesen wäre. Jedenfalls ist vorauszusehen, daß Frankreich im Jahr 1838 das Schauspiel einer Nation darbieten wird, die an allen Ecken und Enden ihres Gebiets Berge abgräbt und Thäler auffüllt. Welches aber werden alsdann die Folgen für Deutschland sein? Wird man im Großherzogthum Baden statt: "Zeit gewonnen, Alles gewonnen", nicht ausrufen: "Zeit verloren, Alles verloren!" Wird man in den Hanse-Städten und Hannover nicht einsehen, daß bei längerer Verzögerung aller Zwischenhandel mit dem westlichen und südlichen Deutschland sich nach den französischen und belgischen Seehäfen ziehen wird? Wird man alsdann in letzterem Lande noch von hintergelegenen Ländern sprechen, die vermittelst des Chaussee-Transports auszubeuten seien? Wird man die Zeit ruhig abwarten, bis aller Handel und aller Reiseverkehr zwischen dem mittelländischen Meere und dem Norden seinen Weg über Frankreich und Belgien nimmt? Wird man in einer Route von Straßburg nach Metz und von Antwerpen und Ostende bis Luxemburg und Metz, vermittelst welcher man in einem einzigen Tage vom Ober-Rhein nach den belgischen Seehäfen gelangen kann, nicht eine Route erkennen, welche einen großen Theil des deutschen Ein-, Aus- und Durchfuhrhandels an sich ziehen muß? Wird man die deutsche Steinkohle an der Saar nach Frankreich gehen lassen, während das südwestliche Deutschland an diesem Material Mangel leidet? Wird man ruhig zusehen, wie Frankreich seine Vertheidigungskräfte und, was noch mehr ist, seine Angriffskräfte durch drei verschiedene Routen nach dem Rhein und durch eine längs der Grenze von Marseille über Lyon, Straßburg, Metz, Valenciennes, Lille bis zu Dünkirchen hinziehende Eisenbahn verdoppelt und verdreifacht und Belgien durch zwei verschiedene Linien in dieses System einschließt? Nein! Man wird Frankreich nachahmen. Ja, Verfasser hofft noch zu erleben, daß der hohe Bundestag eine Special-Commission ernennen und derselben die Aufgabe stellen wird, das Zustandekommen eines deutschen Eisenbahn-Systems durch alle dem Bunde zu Gebote stehenden Mittel zu betreiben. wird – wenn ihr bewiesen wird, daß die Circulation dieser Papiere schon dadurch gesichert ist, daß sie von den öffentlichen Cassen in Zahlung genommen werden, und daß, würden die Eisenbahnen den Inhabern der Papiere als Special-Hypothek gegeben, unter keinerlei Umständen ein Zweifel über ihren Werth entstehen wird; so kann es nicht fehlen, daß diese Maßregel in Frankreich eben so populär wird, wie sie früher unpopulär gewesen wäre. Jedenfalls ist vorauszusehen, daß Frankreich im Jahr 1838 das Schauspiel einer Nation darbieten wird, die an allen Ecken und Enden ihres Gebiets Berge abgräbt und Thäler auffüllt. Welches aber werden alsdann die Folgen für Deutschland sein? Wird man im Großherzogthum Baden statt: „Zeit gewonnen, Alles gewonnen“, nicht ausrufen: „Zeit verloren, Alles verloren!“ Wird man in den Hanse-Städten und Hannover nicht einsehen, daß bei längerer Verzögerung aller Zwischenhandel mit dem westlichen und südlichen Deutschland sich nach den französischen und belgischen Seehäfen ziehen wird? Wird man alsdann in letzterem Lande noch von hintergelegenen Ländern sprechen, die vermittelst des Chaussee-Transports auszubeuten seien? Wird man die Zeit ruhig abwarten, bis aller Handel und aller Reiseverkehr zwischen dem mittelländischen Meere und dem Norden seinen Weg über Frankreich und Belgien nimmt? Wird man in einer Route von Straßburg nach Metz und von Antwerpen und Ostende bis Luxemburg und Metz, vermittelst welcher man in einem einzigen Tage vom Ober-Rhein nach den belgischen Seehäfen gelangen kann, nicht eine Route erkennen, welche einen großen Theil des deutschen Ein-, Aus- und Durchfuhrhandels an sich ziehen muß? Wird man die deutsche Steinkohle an der Saar nach Frankreich gehen lassen, während das südwestliche Deutschland an diesem Material Mangel leidet? Wird man ruhig zusehen, wie Frankreich seine Vertheidigungskräfte und, was noch mehr ist, seine Angriffskräfte durch drei verschiedene Routen nach dem Rhein und durch eine längs der Grenze von Marseille über Lyon, Straßburg, Metz, Valenciennes, Lille bis zu Dünkirchen hinziehende Eisenbahn verdoppelt und verdreifacht und Belgien durch zwei verschiedene Linien in dieses System einschließt? Nein! Man wird Frankreich nachahmen. Ja, Verfasser hofft noch zu erleben, daß der hohe Bundestag eine Special-Commission ernennen und derselben die Aufgabe stellen wird, das Zustandekommen eines deutschen Eisenbahn-Systems durch alle dem Bunde zu Gebote stehenden Mittel zu betreiben. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0130" n="129"/> wird – wenn ihr bewiesen wird, daß die Circulation dieser Papiere schon dadurch gesichert ist, daß sie von den öffentlichen Cassen in Zahlung genommen werden, und daß, würden die Eisenbahnen den Inhabern der Papiere als Special-Hypothek gegeben, unter keinerlei Umständen ein Zweifel über ihren Werth entstehen wird; so kann es nicht fehlen, daß diese Maßregel in Frankreich eben so populär wird, wie sie früher unpopulär gewesen wäre. Jedenfalls ist vorauszusehen, daß Frankreich im Jahr 1838 das Schauspiel einer Nation darbieten wird, die an allen Ecken und Enden ihres Gebiets Berge abgräbt und Thäler auffüllt.</p> <p>Welches aber werden alsdann die Folgen für Deutschland sein?</p> <p>Wird man im Großherzogthum Baden statt: „Zeit gewonnen, Alles gewonnen“, nicht ausrufen: „Zeit verloren, Alles verloren!“ Wird man in den Hanse-Städten und Hannover nicht einsehen, daß bei längerer Verzögerung aller Zwischenhandel mit dem westlichen und südlichen Deutschland sich nach den französischen und belgischen Seehäfen ziehen wird?</p> <p>Wird man alsdann in letzterem Lande noch von hintergelegenen Ländern sprechen, die vermittelst des Chaussee-Transports auszubeuten seien?</p> <p>Wird man die Zeit ruhig abwarten, bis aller Handel und aller Reiseverkehr zwischen dem mittelländischen Meere und dem Norden seinen Weg über Frankreich und Belgien nimmt?</p> <p>Wird man in einer Route von Straßburg nach Metz und von Antwerpen und Ostende bis Luxemburg und Metz, vermittelst welcher man in einem einzigen Tage vom Ober-Rhein nach den belgischen Seehäfen gelangen kann, nicht eine Route erkennen, welche einen großen Theil des deutschen Ein-, Aus- und Durchfuhrhandels an sich ziehen muß?</p> <p>Wird man die deutsche Steinkohle an der Saar nach Frankreich gehen lassen, während das südwestliche Deutschland an diesem Material Mangel leidet?</p> <p>Wird man ruhig zusehen, wie Frankreich seine Vertheidigungskräfte und, was noch mehr ist, seine Angriffskräfte durch drei verschiedene Routen nach dem Rhein und durch eine längs der Grenze von Marseille über Lyon, Straßburg, Metz, Valenciennes, Lille bis zu Dünkirchen hinziehende Eisenbahn verdoppelt und verdreifacht und Belgien durch zwei verschiedene Linien in dieses System einschließt?</p> <p>Nein! 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wird – wenn ihr bewiesen wird, daß die Circulation dieser Papiere schon dadurch gesichert ist, daß sie von den öffentlichen Cassen in Zahlung genommen werden, und daß, würden die Eisenbahnen den Inhabern der Papiere als Special-Hypothek gegeben, unter keinerlei Umständen ein Zweifel über ihren Werth entstehen wird; so kann es nicht fehlen, daß diese Maßregel in Frankreich eben so populär wird, wie sie früher unpopulär gewesen wäre. Jedenfalls ist vorauszusehen, daß Frankreich im Jahr 1838 das Schauspiel einer Nation darbieten wird, die an allen Ecken und Enden ihres Gebiets Berge abgräbt und Thäler auffüllt.
Welches aber werden alsdann die Folgen für Deutschland sein?
Wird man im Großherzogthum Baden statt: „Zeit gewonnen, Alles gewonnen“, nicht ausrufen: „Zeit verloren, Alles verloren!“ Wird man in den Hanse-Städten und Hannover nicht einsehen, daß bei längerer Verzögerung aller Zwischenhandel mit dem westlichen und südlichen Deutschland sich nach den französischen und belgischen Seehäfen ziehen wird?
Wird man alsdann in letzterem Lande noch von hintergelegenen Ländern sprechen, die vermittelst des Chaussee-Transports auszubeuten seien?
Wird man die Zeit ruhig abwarten, bis aller Handel und aller Reiseverkehr zwischen dem mittelländischen Meere und dem Norden seinen Weg über Frankreich und Belgien nimmt?
Wird man in einer Route von Straßburg nach Metz und von Antwerpen und Ostende bis Luxemburg und Metz, vermittelst welcher man in einem einzigen Tage vom Ober-Rhein nach den belgischen Seehäfen gelangen kann, nicht eine Route erkennen, welche einen großen Theil des deutschen Ein-, Aus- und Durchfuhrhandels an sich ziehen muß?
Wird man die deutsche Steinkohle an der Saar nach Frankreich gehen lassen, während das südwestliche Deutschland an diesem Material Mangel leidet?
Wird man ruhig zusehen, wie Frankreich seine Vertheidigungskräfte und, was noch mehr ist, seine Angriffskräfte durch drei verschiedene Routen nach dem Rhein und durch eine längs der Grenze von Marseille über Lyon, Straßburg, Metz, Valenciennes, Lille bis zu Dünkirchen hinziehende Eisenbahn verdoppelt und verdreifacht und Belgien durch zwei verschiedene Linien in dieses System einschließt?
Nein! Man wird Frankreich nachahmen. Ja, Verfasser hofft noch zu erleben, daß der hohe Bundestag eine Special-Commission ernennen und derselben die Aufgabe stellen wird, das Zustandekommen eines deutschen Eisenbahn-Systems durch alle dem Bunde zu Gebote stehenden Mittel zu betreiben.
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