List, Friedrich: Das deutsche National-Transport-System in volks- und staatswirthschaftlicher Beziehung. Altona u. a., 1838.und Arbeiter auf diese Gleichstellung und vermehrt folglich an sich schon das Capital-Vermögen der Nation. Um deutlich zu werden, müssen wir die Richtigkeit dieser Behauptung an den nationalökonomischen Zuständen Deutschlands nachweisen. Daß Deutschland einen bedeutenden Überschuß an Getreidefrüchten erzeugt, erhellt daraus, daß die Getreidepreise in England im Durchschnitt 1 1/2 Mal höher stehen, als in Deutschland. Um wie viel höher sie in Frankreich stehen, wissen wir in diesem Augenblick nicht anzugeben, bedeutend ist aber der Unterschied jedenfalls. Ja in dem getreidereichsten Lande sogar, in Nordamerika, stehen sie zuweilen so viel höher, daß es vortheilhaft ist, sie dorthin auszuführen. Auf der andern Seite ist es unbestritten, daß trotz der steigenden Gewerbs-Industrie und Gewerbsbevölkerung, folglich der wachsenden Nachfrage nach Producten im Innern, die deutsche Landwirthschaft noch immer durch niedrige Getreidepreise gedrückt ist. Würden nun die deutschen Staaten 200,000 Arbeiter, die bis jetzt mit der landwirthschaftlichen Production beschäftigt gewesen sind, zur Herstellung öffentlicher Werke verwenden, und wäre die jährliche Producten-Consumtion einer Arbeiterfamilie nur auf 30 Thaler anzuschlagen, so stiege die Nachfrage nach landwirthschaftlichen Producten um 6 Millionen Thaler. Daß diese Mehr-Consumtion auf den Ackerbau eben so wohlthätig wirken würde, wie wenn die deutsche Nation ihren Absatz an Getreidefrüchten um 6 Millionen Thaler vermehrt hätte, ist klar. Der Absatz im Innern ist aber derselben noch weit vortheilhafter als der Absatz in's Ausland, weil er regelmäßiger und nachhaltiger ist, und weil dadurch neue Werthe im Innern geschaffen werden. Nichts wirkt so schädlich auf den Wohlstand und die Production der Landwirthe, als Fluctuation der Nachfrage und der Preise, und nirgends ist diese Fluctuation größer, als im Absatz der Getreidefrüchte in's Ausland, weil fremde Nationen nur zur Zeit des Mangels, also nur periodisch, fremden Getreides bedürfen, und in solchen Fällen außerdem mehrere Getreide ausführende Nationen miteinander concurriren. Man könnte einwenden, wenn 200,000 Arbeiter der Landwirthschaft entzogen werden, müßte die landwirthschaftliche Production nothwendig aus Mangel an Arbeitern sich vermindern. Dies wäre aber ein Irrthum. Mangel an Absatz und niedrige Getreidepreise wirken erschlaffend auf die der landwirthschaftlichen Production gewidmeten geistigen und materiellen Kräfte, während steigende Nachfrage und Preise sie in gleichem Verhältniß stärken, ja eine Masse gänzlich schlummernder Kräfte wecken. Die landwirthschaftliche Bevölkerung wird also, nachdem sie um die Zahl von 200,000 Arbeitern vermindert sein wird, nicht nur eben so viel wie vorher, sondern auch noch denjenigen Bedarf produciren, welcher zur Ernährung der mit den Bauten beschäftigten Arbeiter erforderlich ist. Der durch erhöhte Nachfrage und Preise in den Landwirthen geweckte Geist der Verbesserung wird in und Arbeiter auf diese Gleichstellung und vermehrt folglich an sich schon das Capital-Vermögen der Nation. Um deutlich zu werden, müssen wir die Richtigkeit dieser Behauptung an den nationalökonomischen Zuständen Deutschlands nachweisen. Daß Deutschland einen bedeutenden Überschuß an Getreidefrüchten erzeugt, erhellt daraus, daß die Getreidepreise in England im Durchschnitt 1 1/2 Mal höher stehen, als in Deutschland. Um wie viel höher sie in Frankreich stehen, wissen wir in diesem Augenblick nicht anzugeben, bedeutend ist aber der Unterschied jedenfalls. Ja in dem getreidereichsten Lande sogar, in Nordamerika, stehen sie zuweilen so viel höher, daß es vortheilhaft ist, sie dorthin auszuführen. Auf der andern Seite ist es unbestritten, daß trotz der steigenden Gewerbs-Industrie und Gewerbsbevölkerung, folglich der wachsenden Nachfrage nach Producten im Innern, die deutsche Landwirthschaft noch immer durch niedrige Getreidepreise gedrückt ist. Würden nun die deutschen Staaten 200,000 Arbeiter, die bis jetzt mit der landwirthschaftlichen Production beschäftigt gewesen sind, zur Herstellung öffentlicher Werke verwenden, und wäre die jährliche Producten-Consumtion einer Arbeiterfamilie nur auf 30 Thaler anzuschlagen, so stiege die Nachfrage nach landwirthschaftlichen Producten um 6 Millionen Thaler. Daß diese Mehr-Consumtion auf den Ackerbau eben so wohlthätig wirken würde, wie wenn die deutsche Nation ihren Absatz an Getreidefrüchten um 6 Millionen Thaler vermehrt hätte, ist klar. Der Absatz im Innern ist aber derselben noch weit vortheilhafter als der Absatz in’s Ausland, weil er regelmäßiger und nachhaltiger ist, und weil dadurch neue Werthe im Innern geschaffen werden. Nichts wirkt so schädlich auf den Wohlstand und die Production der Landwirthe, als Fluctuation der Nachfrage und der Preise, und nirgends ist diese Fluctuation größer, als im Absatz der Getreidefrüchte in’s Ausland, weil fremde Nationen nur zur Zeit des Mangels, also nur periodisch, fremden Getreides bedürfen, und in solchen Fällen außerdem mehrere Getreide ausführende Nationen miteinander concurriren. Man könnte einwenden, wenn 200,000 Arbeiter der Landwirthschaft entzogen werden, müßte die landwirthschaftliche Production nothwendig aus Mangel an Arbeitern sich vermindern. Dies wäre aber ein Irrthum. Mangel an Absatz und niedrige Getreidepreise wirken erschlaffend auf die der landwirthschaftlichen Production gewidmeten geistigen und materiellen Kräfte, während steigende Nachfrage und Preise sie in gleichem Verhältniß stärken, ja eine Masse gänzlich schlummernder Kräfte wecken. Die landwirthschaftliche Bevölkerung wird also, nachdem sie um die Zahl von 200,000 Arbeitern vermindert sein wird, nicht nur eben so viel wie vorher, sondern auch noch denjenigen Bedarf produciren, welcher zur Ernährung der mit den Bauten beschäftigten Arbeiter erforderlich ist. Der durch erhöhte Nachfrage und Preise in den Landwirthen geweckte Geist der Verbesserung wird in <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0058" n="57"/> und Arbeiter auf diese Gleichstellung und vermehrt folglich an sich schon das Capital-Vermögen der Nation.</p> <p>Um deutlich zu werden, müssen wir die Richtigkeit dieser Behauptung an den <hi rendition="#g">nationalökonomischen Zuständen Deutschlands</hi> nachweisen. 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Die landwirthschaftliche Bevölkerung wird also, nachdem sie um die Zahl von 200,000 Arbeitern vermindert sein wird, nicht nur eben so viel wie vorher, sondern auch noch denjenigen Bedarf produciren, welcher zur Ernährung der mit den Bauten beschäftigten Arbeiter erforderlich ist. Der durch erhöhte Nachfrage und Preise in den <hi rendition="#g">Landwirthen geweckte Geist der Verbesserung</hi> wird in </p> </div> </body> </text> </TEI> [57/0058]
und Arbeiter auf diese Gleichstellung und vermehrt folglich an sich schon das Capital-Vermögen der Nation.
Um deutlich zu werden, müssen wir die Richtigkeit dieser Behauptung an den nationalökonomischen Zuständen Deutschlands nachweisen. Daß Deutschland einen bedeutenden Überschuß an Getreidefrüchten erzeugt, erhellt daraus, daß die Getreidepreise in England im Durchschnitt 1 1/2 Mal höher stehen, als in Deutschland. Um wie viel höher sie in Frankreich stehen, wissen wir in diesem Augenblick nicht anzugeben, bedeutend ist aber der Unterschied jedenfalls. Ja in dem getreidereichsten Lande sogar, in Nordamerika, stehen sie zuweilen so viel höher, daß es vortheilhaft ist, sie dorthin auszuführen. Auf der andern Seite ist es unbestritten, daß trotz der steigenden Gewerbs-Industrie und Gewerbsbevölkerung, folglich der wachsenden Nachfrage nach Producten im Innern, die deutsche Landwirthschaft noch immer durch niedrige Getreidepreise gedrückt ist. Würden nun die deutschen Staaten 200,000 Arbeiter, die bis jetzt mit der landwirthschaftlichen Production beschäftigt gewesen sind, zur Herstellung öffentlicher Werke verwenden, und wäre die jährliche Producten-Consumtion einer Arbeiterfamilie nur auf 30 Thaler anzuschlagen, so stiege die Nachfrage nach landwirthschaftlichen Producten um 6 Millionen Thaler. Daß diese Mehr-Consumtion auf den Ackerbau eben so wohlthätig wirken würde, wie wenn die deutsche Nation ihren Absatz an Getreidefrüchten um 6 Millionen Thaler vermehrt hätte, ist klar. Der Absatz im Innern ist aber derselben noch weit vortheilhafter als der Absatz in’s Ausland, weil er regelmäßiger und nachhaltiger ist, und weil dadurch neue Werthe im Innern geschaffen werden. Nichts wirkt so schädlich auf den Wohlstand und die Production der Landwirthe, als Fluctuation der Nachfrage und der Preise, und nirgends ist diese Fluctuation größer, als im Absatz der Getreidefrüchte in’s Ausland, weil fremde Nationen nur zur Zeit des Mangels, also nur periodisch, fremden Getreides bedürfen, und in solchen Fällen außerdem mehrere Getreide ausführende Nationen miteinander concurriren.
Man könnte einwenden, wenn 200,000 Arbeiter der Landwirthschaft entzogen werden, müßte die landwirthschaftliche Production nothwendig aus Mangel an Arbeitern sich vermindern. Dies wäre aber ein Irrthum. Mangel an Absatz und niedrige Getreidepreise wirken erschlaffend auf die der landwirthschaftlichen Production gewidmeten geistigen und materiellen Kräfte, während steigende Nachfrage und Preise sie in gleichem Verhältniß stärken, ja eine Masse gänzlich schlummernder Kräfte wecken. Die landwirthschaftliche Bevölkerung wird also, nachdem sie um die Zahl von 200,000 Arbeitern vermindert sein wird, nicht nur eben so viel wie vorher, sondern auch noch denjenigen Bedarf produciren, welcher zur Ernährung der mit den Bauten beschäftigten Arbeiter erforderlich ist. Der durch erhöhte Nachfrage und Preise in den Landwirthen geweckte Geist der Verbesserung wird in
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