List, Friedrich: Das deutsche National-Transport-System in volks- und staatswirthschaftlicher Beziehung. Altona u. a., 1838.europäischen Nationen zusammengenommen. Alle chinesischen Ströme fließen von Westen nach Osten, alle Canäle aber haben eine südlich-nördliche Richtung, sind folglich Verbindungscanäle. Sie haben keine Schleußen; man geht von einem Niveau zum andern auf ungefähr 15 Fuß hohen schiefen Flächen, über welche die Boote vermittelst Walzen und Menschenkraft bewegt werden. Merkwürdig ist, daß diese sehr unvollkommene Art, von einem Niveau auf das andre überzugehn, neuerlich in Nordamerika (Morris-Canal), jedoch auf eine sehr verbesserte Weise, in Anwendung gebracht worden ist und dort sogar bessere Dienste leisten soll als die Schleußen. Die Ufer der chinesischen Canäle sind größtentheils mit Hausteinen eingefaßt und mit Bäumen bepflanzt. Der größte unter denselben, der kaiserliche Canal, ist allein nach Maltibran 1660 französische Meilen lang, und denselben von einem Ende zum andern zu befahren, braucht man 3 Monate. Die Griechen und Römer besaßen nur Canäle zum Behuf der Bewässerung von Ländereien und um den Städten Wasser zuzuführen. Italienische Canäle. Unter den neueren Völkern haben die Italiener und die Holländer zuerst angefangen, Schiffcanäle zu graben. Schon 1271 ward der Naviglio grande, welcher Mailand mit dem Abbiato grosso und dem Tessino verbindet, schiffbar gemacht, jedoch ward der Canalbau und der Gebrauch der Canäle erst allgemein nach Erfindung der Schleußen (1481), welche man zweien Brüdern aus Viterbo verdankt, deren Namen uns die Geschichte leider nicht überliefert hat. Der Naviglio grande ist 4 deutsche Meilen lang, 130 Fuß im Spiegel und 46 Fuß auf dem Grunde breit. Der Martesena-Canal ist 6 Meilen lang, 33 im Spiegel breit und läuft an einigen Stellen 110 Fuß über dem Niveau der Etsch. Der Nizza-Canal, 10 Meilen lang, beginnt an der Etsch bei Cassano und fällt in dieselbe bei Castiglione. Der Dora Baltea-Canal, 6 Meilen lang und der Jena-Canal am Po, 8 Meilen lang, beide im Piemontesischen, sind Lateral-Canäle. Außerdem gibt es noch in Piemont drei andere kleine Canäle. Im Herzogthume Mantua zählt man fünf jedoch nur kurze Canäle, den Puzzola, St. George, Montamaro, Maestra, Fossero. Modena ist durch einen 3 1/2 Meilen langen Canal, welcher mehrere Nebenzweige hat, mit dem Panaro verbunden. Im Kirchenstaate gibt es mehrere kleine Canäle; bedeutender sind der Fossa-Rangone, der Giovani-Niginales, 5 Meilen lang und der Naviglio, zwischen Bologna und Ferrara. So sehr auch die Italiener im Mittelalter durch ihre Canäle geglänzt, und so viel dieselben zur Vermehrung der Industrie und des Wohlstandes beigetragen haben mögen, so sind doch, wie man sieht, diese Werke höchst unbedeutend, sowohl in Vergleichung mit dem, was die am meisten vorgerückten Nationen in der neuern Zeit gethan haben, als in Vergleich damit, was in Italien überhaupt vermittelst Anlegung von Canälen für den Inlandverkehr zu thun gewesen wäre. europäischen Nationen zusammengenommen. Alle chinesischen Ströme fließen von Westen nach Osten, alle Canäle aber haben eine südlich-nördliche Richtung, sind folglich Verbindungscanäle. Sie haben keine Schleußen; man geht von einem Niveau zum andern auf ungefähr 15 Fuß hohen schiefen Flächen, über welche die Boote vermittelst Walzen und Menschenkraft bewegt werden. Merkwürdig ist, daß diese sehr unvollkommene Art, von einem Niveau auf das andre überzugehn, neuerlich in Nordamerika (Morris-Canal), jedoch auf eine sehr verbesserte Weise, in Anwendung gebracht worden ist und dort sogar bessere Dienste leisten soll als die Schleußen. Die Ufer der chinesischen Canäle sind größtentheils mit Hausteinen eingefaßt und mit Bäumen bepflanzt. Der größte unter denselben, der kaiserliche Canal, ist allein nach Maltibran 1660 französische Meilen lang, und denselben von einem Ende zum andern zu befahren, braucht man 3 Monate. Die Griechen und Römer besaßen nur Canäle zum Behuf der Bewässerung von Ländereien und um den Städten Wasser zuzuführen. Italienische Canäle. Unter den neueren Völkern haben die Italiener und die Holländer zuerst angefangen, Schiffcanäle zu graben. Schon 1271 ward der Naviglio grande, welcher Mailand mit dem Abbiato grosso und dem Tessino verbindet, schiffbar gemacht, jedoch ward der Canalbau und der Gebrauch der Canäle erst allgemein nach Erfindung der Schleußen (1481), welche man zweien Brüdern aus Viterbo verdankt, deren Namen uns die Geschichte leider nicht überliefert hat. Der Naviglio grande ist 4 deutsche Meilen lang, 130 Fuß im Spiegel und 46 Fuß auf dem Grunde breit. Der Martesena-Canal ist 6 Meilen lang, 33 im Spiegel breit und läuft an einigen Stellen 110 Fuß über dem Niveau der Etsch. Der Nizza-Canal, 10 Meilen lang, beginnt an der Etsch bei Cassano und fällt in dieselbe bei Castiglione. Der Dora Baltea-Canal, 6 Meilen lang und der Jena-Canal am Po, 8 Meilen lang, beide im Piemontesischen, sind Lateral-Canäle. Außerdem gibt es noch in Piemont drei andere kleine Canäle. Im Herzogthume Mantua zählt man fünf jedoch nur kurze Canäle, den Puzzola, St. George, Montamaro, Maestra, Fossero. Modena ist durch einen 3 1/2 Meilen langen Canal, welcher mehrere Nebenzweige hat, mit dem Panaro verbunden. Im Kirchenstaate gibt es mehrere kleine Canäle; bedeutender sind der Fossa-Rangone, der Giovani-Niginales, 5 Meilen lang und der Naviglio, zwischen Bologna und Ferrara. So sehr auch die Italiener im Mittelalter durch ihre Canäle geglänzt, und so viel dieselben zur Vermehrung der Industrie und des Wohlstandes beigetragen haben mögen, so sind doch, wie man sieht, diese Werke höchst unbedeutend, sowohl in Vergleichung mit dem, was die am meisten vorgerückten Nationen in der neuern Zeit gethan haben, als in Vergleich damit, was in Italien überhaupt vermittelst Anlegung von Canälen für den Inlandverkehr zu thun gewesen wäre. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0064" n="63"/> europäischen Nationen zusammengenommen. Alle chinesischen Ströme fließen von Westen nach Osten, alle Canäle aber haben eine südlich-nördliche Richtung, sind folglich Verbindungscanäle. Sie haben keine Schleußen; man geht von einem Niveau zum andern auf ungefähr 15 Fuß hohen schiefen Flächen, über welche die Boote vermittelst Walzen und Menschenkraft bewegt werden. Merkwürdig ist, daß diese sehr unvollkommene Art, von einem Niveau auf das andre überzugehn, neuerlich in Nordamerika (Morris-Canal), jedoch auf eine sehr verbesserte Weise, in Anwendung gebracht worden ist und dort sogar bessere Dienste leisten soll als die Schleußen. Die Ufer der chinesischen Canäle sind größtentheils mit Hausteinen eingefaßt und mit Bäumen bepflanzt. Der größte unter denselben, der <hi rendition="#g">kaiserliche Canal</hi>, ist allein nach Maltibran 1660 französische Meilen lang, und denselben von einem Ende zum andern zu befahren, braucht man 3 Monate.</p> <p>Die <hi rendition="#g">Griechen</hi> und <hi rendition="#g">Römer</hi> besaßen nur Canäle zum Behuf der Bewässerung von Ländereien und um den Städten Wasser zuzuführen.</p> <p><hi rendition="#g">Italienische Canäle</hi>. 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europäischen Nationen zusammengenommen. Alle chinesischen Ströme fließen von Westen nach Osten, alle Canäle aber haben eine südlich-nördliche Richtung, sind folglich Verbindungscanäle. Sie haben keine Schleußen; man geht von einem Niveau zum andern auf ungefähr 15 Fuß hohen schiefen Flächen, über welche die Boote vermittelst Walzen und Menschenkraft bewegt werden. Merkwürdig ist, daß diese sehr unvollkommene Art, von einem Niveau auf das andre überzugehn, neuerlich in Nordamerika (Morris-Canal), jedoch auf eine sehr verbesserte Weise, in Anwendung gebracht worden ist und dort sogar bessere Dienste leisten soll als die Schleußen. Die Ufer der chinesischen Canäle sind größtentheils mit Hausteinen eingefaßt und mit Bäumen bepflanzt. Der größte unter denselben, der kaiserliche Canal, ist allein nach Maltibran 1660 französische Meilen lang, und denselben von einem Ende zum andern zu befahren, braucht man 3 Monate.
Die Griechen und Römer besaßen nur Canäle zum Behuf der Bewässerung von Ländereien und um den Städten Wasser zuzuführen.
Italienische Canäle. Unter den neueren Völkern haben die Italiener und die Holländer zuerst angefangen, Schiffcanäle zu graben. Schon 1271 ward der Naviglio grande, welcher Mailand mit dem Abbiato grosso und dem Tessino verbindet, schiffbar gemacht, jedoch ward der Canalbau und der Gebrauch der Canäle erst allgemein nach Erfindung der Schleußen (1481), welche man zweien Brüdern aus Viterbo verdankt, deren Namen uns die Geschichte leider nicht überliefert hat. Der Naviglio grande ist 4 deutsche Meilen lang, 130 Fuß im Spiegel und 46 Fuß auf dem Grunde breit. Der Martesena-Canal ist 6 Meilen lang, 33 im Spiegel breit und läuft an einigen Stellen 110 Fuß über dem Niveau der Etsch. Der Nizza-Canal, 10 Meilen lang, beginnt an der Etsch bei Cassano und fällt in dieselbe bei Castiglione. Der Dora Baltea-Canal, 6 Meilen lang und der Jena-Canal am Po, 8 Meilen lang, beide im Piemontesischen, sind Lateral-Canäle. Außerdem gibt es noch in Piemont drei andere kleine Canäle. Im Herzogthume Mantua zählt man fünf jedoch nur kurze Canäle, den Puzzola, St. George, Montamaro, Maestra, Fossero. Modena ist durch einen 3 1/2 Meilen langen Canal, welcher mehrere Nebenzweige hat, mit dem Panaro verbunden. Im Kirchenstaate gibt es mehrere kleine Canäle; bedeutender sind der Fossa-Rangone, der Giovani-Niginales, 5 Meilen lang und der Naviglio, zwischen Bologna und Ferrara. So sehr auch die Italiener im Mittelalter durch ihre Canäle geglänzt, und so viel dieselben zur Vermehrung der Industrie und des Wohlstandes beigetragen haben mögen, so sind doch, wie man sieht, diese Werke höchst unbedeutend, sowohl in Vergleichung mit dem, was die am meisten vorgerückten Nationen in der neuern Zeit gethan haben, als in Vergleich damit, was in Italien überhaupt vermittelst Anlegung von Canälen für den Inlandverkehr zu thun gewesen wäre.
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