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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

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Vorwort.

Die strafrechtlichen Nebengesetze heranzuziehen, ist für
ein noch so kurz gefaßtes Lehrbuch des Reichsstrafrechtes
einfach unerläßlich. Freilich stehe ich mit dieser Ansicht ziemlich
allein da; aber ich halte ihre Richtigkeit für so unbestreitbar,
daß ich ihre Begründung mit Beruhigung dem unausbleib-
lichen Entwickelungsgang unserer Wissenschaft überlasse.

Die Entscheidungen des Reichsgerichtes sind bis in die
letzten Tage des Druckes eingehend berücksichtigt worden.
Nicht nur deßhalb, weil diese Rücksichtnahme die praktische
Brauchbarkeit des Buches erhöht; sondern darum, weil der
innere Wert der Reichsgerichts-Entscheidungen es verlangt.
Der höchste deutsche Gerichtshof hat gethan, was die meisten
seiner partikulären Vorgänger zu thun sich scheuten: er ist
herangetreten, so oft Gelegenheit sich bot, an die von den
Theoretikern aufgeworfenen Fragen; er hat Stellung ge-
nommen zu ihnen und ihre Lösung versucht. Und das ist
ein Verdienst, das nicht hoch genug angeschlagen werden kann.
Dabei bleibt der Theorie das Recht der Kritik; ich habe
dem Reichsgericht gegenüber oft von demselben Gebrauch
gemacht, und wollte gerade deßhalb die eben ausgesprochene
Bemerkung nicht unterdrücken.

Noch manche Eigentümlichkeit des "Lehrbuchs", das
in den wichtigsten Fragen statt der Begründung Resultate
geben muß, würde der Rechtfertigung bedürfen.

Der Raum eines Vorwortes gestattet es nicht. Möge
das Wohlwollen der Leser die Kürze und Lückenhaftigkeit der
Darstellung erläutern und ergänzen.

Gießen, November 1880.

Liszt.

Vorwort.

Die ſtrafrechtlichen Nebengeſetze heranzuziehen, iſt für
ein noch ſo kurz gefaßtes Lehrbuch des Reichsſtrafrechtes
einfach unerläßlich. Freilich ſtehe ich mit dieſer Anſicht ziemlich
allein da; aber ich halte ihre Richtigkeit für ſo unbeſtreitbar,
daß ich ihre Begründung mit Beruhigung dem unausbleib-
lichen Entwickelungsgang unſerer Wiſſenſchaft überlaſſe.

Die Entſcheidungen des Reichsgerichtes ſind bis in die
letzten Tage des Druckes eingehend berückſichtigt worden.
Nicht nur deßhalb, weil dieſe Rückſichtnahme die praktiſche
Brauchbarkeit des Buches erhöht; ſondern darum, weil der
innere Wert der Reichsgerichts-Entſcheidungen es verlangt.
Der höchſte deutſche Gerichtshof hat gethan, was die meiſten
ſeiner partikulären Vorgänger zu thun ſich ſcheuten: er iſt
herangetreten, ſo oft Gelegenheit ſich bot, an die von den
Theoretikern aufgeworfenen Fragen; er hat Stellung ge-
nommen zu ihnen und ihre Löſung verſucht. Und das iſt
ein Verdienſt, das nicht hoch genug angeſchlagen werden kann.
Dabei bleibt der Theorie das Recht der Kritik; ich habe
dem Reichsgericht gegenüber oft von demſelben Gebrauch
gemacht, und wollte gerade deßhalb die eben ausgeſprochene
Bemerkung nicht unterdrücken.

Noch manche Eigentümlichkeit des „Lehrbuchs“, das
in den wichtigſten Fragen ſtatt der Begründung Reſultate
geben muß, würde der Rechtfertigung bedürfen.

Der Raum eines Vorwortes geſtattet es nicht. Möge
das Wohlwollen der Leſer die Kürze und Lückenhaftigkeit der
Darſtellung erläutern und ergänzen.

Gießen, November 1880.

Liszt.

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[VI/0010] Vorwort. Die ſtrafrechtlichen Nebengeſetze heranzuziehen, iſt für ein noch ſo kurz gefaßtes Lehrbuch des Reichsſtrafrechtes einfach unerläßlich. Freilich ſtehe ich mit dieſer Anſicht ziemlich allein da; aber ich halte ihre Richtigkeit für ſo unbeſtreitbar, daß ich ihre Begründung mit Beruhigung dem unausbleib- lichen Entwickelungsgang unſerer Wiſſenſchaft überlaſſe. Die Entſcheidungen des Reichsgerichtes ſind bis in die letzten Tage des Druckes eingehend berückſichtigt worden. Nicht nur deßhalb, weil dieſe Rückſichtnahme die praktiſche Brauchbarkeit des Buches erhöht; ſondern darum, weil der innere Wert der Reichsgerichts-Entſcheidungen es verlangt. Der höchſte deutſche Gerichtshof hat gethan, was die meiſten ſeiner partikulären Vorgänger zu thun ſich ſcheuten: er iſt herangetreten, ſo oft Gelegenheit ſich bot, an die von den Theoretikern aufgeworfenen Fragen; er hat Stellung ge- nommen zu ihnen und ihre Löſung verſucht. Und das iſt ein Verdienſt, das nicht hoch genug angeſchlagen werden kann. Dabei bleibt der Theorie das Recht der Kritik; ich habe dem Reichsgericht gegenüber oft von demſelben Gebrauch gemacht, und wollte gerade deßhalb die eben ausgeſprochene Bemerkung nicht unterdrücken. Noch manche Eigentümlichkeit des „Lehrbuchs“, das in den wichtigſten Fragen ſtatt der Begründung Reſultate geben muß, würde der Rechtfertigung bedürfen. Der Raum eines Vorwortes geſtattet es nicht. Möge das Wohlwollen der Leſer die Kürze und Lückenhaftigkeit der Darſtellung erläutern und ergänzen. Gießen, November 1880. Liszt.

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. VI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/10>, abgerufen am 21.11.2024.