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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

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Die Todesstrafe. §. 45.
StGB. durch Erschießen zu vollstrecken, wenn sie wegen
eines militärischen, im Felde auch dann, wenn sie wegen
eines nicht militärischen Verbrechens erkannt worden ist.

Nach der StPO. (§. 485) ist die Vollstreckung der
Todesstrafe erst zulässig, wenn der Träger des Begnadi-
gungsrechtes (unten §. 57 IV 3 und 4) erklärt hat, von
demselben keinen Gebrauch machen zu wollen. Geisteskrank-
heit oder Schwangerschaft hemmt die Vollstreckung.

Durch die StPO. (§. 486) ist ferner die sogenannte
Intramuranhinrichtung3 (Vollstreckung in einem um-
schlossenen Raume bei beschränkter Oeffentlichkeit) Reichsrecht
geworden. Bei der Hinrichtung müssen zwei Mitglieder des
Gerichtes erster Instanz, ein Beamter der Staatsanwaltschaft,
ein Gerichtsschreiber und ein Gefängnisbeamter gegenwärtig
sein. Der Gemeindevorstand des Ortes, an welchem die
Hinrichtung stattfindet, ist aufzufordern, 12 Personen aus
den Vertretern oder aus anderen achtbaren Mitgliedern der
Gemeinde abzuordnen, um der Hinrichtung beizuwohnen.
Außerdem ist einem Geistlichen von dem Religionsbekennt-
nisse des Verurteilten, dem Verteidiger und nach Ermessen
des die Vollstreckung leitenden Beamten auch anderen Per-
sonen der Zutritt zu gestatten. Ueber den Hergang ist ein von
dem staatsanwaltschaftlichen Beamten und dem Gerichtsschreiber
zu unterzeichnendes Protokoll aufzunehmen. Der Leichnam
des Hingerichteten ist den Angehörigen auf ihr Verlangen
zur einfachen, ohne Feierlichkeiten vorzunehmenden Beerdi-
gung zu verabfolgen.

Von diesen Bestimmungen abgesehen, ist die Vollstreckung

3 Vgl. Ullmann GS. XXXI.

Die Todesſtrafe. §. 45.
StGB. durch Erſchießen zu vollſtrecken, wenn ſie wegen
eines militäriſchen, im Felde auch dann, wenn ſie wegen
eines nicht militäriſchen Verbrechens erkannt worden iſt.

Nach der StPO. (§. 485) iſt die Vollſtreckung der
Todesſtrafe erſt zuläſſig, wenn der Träger des Begnadi-
gungsrechtes (unten §. 57 IV 3 und 4) erklärt hat, von
demſelben keinen Gebrauch machen zu wollen. Geiſteskrank-
heit oder Schwangerſchaft hemmt die Vollſtreckung.

Durch die StPO. (§. 486) iſt ferner die ſogenannte
Intramuranhinrichtung3 (Vollſtreckung in einem um-
ſchloſſenen Raume bei beſchränkter Oeffentlichkeit) Reichsrecht
geworden. Bei der Hinrichtung müſſen zwei Mitglieder des
Gerichtes erſter Inſtanz, ein Beamter der Staatsanwaltſchaft,
ein Gerichtsſchreiber und ein Gefängnisbeamter gegenwärtig
ſein. Der Gemeindevorſtand des Ortes, an welchem die
Hinrichtung ſtattfindet, iſt aufzufordern, 12 Perſonen aus
den Vertretern oder aus anderen achtbaren Mitgliedern der
Gemeinde abzuordnen, um der Hinrichtung beizuwohnen.
Außerdem iſt einem Geiſtlichen von dem Religionsbekennt-
niſſe des Verurteilten, dem Verteidiger und nach Ermeſſen
des die Vollſtreckung leitenden Beamten auch anderen Per-
ſonen der Zutritt zu geſtatten. Ueber den Hergang iſt ein von
dem ſtaatsanwaltſchaftlichen Beamten und dem Gerichtsſchreiber
zu unterzeichnendes Protokoll aufzunehmen. Der Leichnam
des Hingerichteten iſt den Angehörigen auf ihr Verlangen
zur einfachen, ohne Feierlichkeiten vorzunehmenden Beerdi-
gung zu verabfolgen.

Von dieſen Beſtimmungen abgeſehen, iſt die Vollſtreckung

3 Vgl. Ullmann GS. XXXI.
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[185/0211] Die Todesſtrafe. §. 45. StGB. durch Erſchießen zu vollſtrecken, wenn ſie wegen eines militäriſchen, im Felde auch dann, wenn ſie wegen eines nicht militäriſchen Verbrechens erkannt worden iſt. Nach der StPO. (§. 485) iſt die Vollſtreckung der Todesſtrafe erſt zuläſſig, wenn der Träger des Begnadi- gungsrechtes (unten §. 57 IV 3 und 4) erklärt hat, von demſelben keinen Gebrauch machen zu wollen. Geiſteskrank- heit oder Schwangerſchaft hemmt die Vollſtreckung. Durch die StPO. (§. 486) iſt ferner die ſogenannte Intramuranhinrichtung 3 (Vollſtreckung in einem um- ſchloſſenen Raume bei beſchränkter Oeffentlichkeit) Reichsrecht geworden. Bei der Hinrichtung müſſen zwei Mitglieder des Gerichtes erſter Inſtanz, ein Beamter der Staatsanwaltſchaft, ein Gerichtsſchreiber und ein Gefängnisbeamter gegenwärtig ſein. Der Gemeindevorſtand des Ortes, an welchem die Hinrichtung ſtattfindet, iſt aufzufordern, 12 Perſonen aus den Vertretern oder aus anderen achtbaren Mitgliedern der Gemeinde abzuordnen, um der Hinrichtung beizuwohnen. Außerdem iſt einem Geiſtlichen von dem Religionsbekennt- niſſe des Verurteilten, dem Verteidiger und nach Ermeſſen des die Vollſtreckung leitenden Beamten auch anderen Per- ſonen der Zutritt zu geſtatten. Ueber den Hergang iſt ein von dem ſtaatsanwaltſchaftlichen Beamten und dem Gerichtsſchreiber zu unterzeichnendes Protokoll aufzunehmen. Der Leichnam des Hingerichteten iſt den Angehörigen auf ihr Verlangen zur einfachen, ohne Feierlichkeiten vorzunehmenden Beerdi- gung zu verabfolgen. Von dieſen Beſtimmungen abgeſehen, iſt die Vollſtreckung 3 Vgl. Ullmann GS. XXXI.

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/211>, abgerufen am 21.11.2024.